Mülheim. Spielhallen und Spielsüchtige gibt es in Mülheim immer mehr. Hilfe finden Betroffene beim Diakonischen Hilfswerk (DW). Das appelliert an Stadt und Rat, sich eingehend mit dem Thema zu beschäftigen - auch mit Blick auf die Armut in der Stadt.

Das Diakonische Werk (DW) appelliert an Stadt und Rats­politik, sich eingehend mit dem Phänomen des ungebremsten Spielhallen-Wachstums zu beschäftigen. Die Debatte über den Spielhallen-Boom und Spielsucht ist laut DW-Geschäftsführer Hartwig Kistner zwingend auch als Debatte über die Armut in dieser Stadt zu führen.

Das Ambulatorium des Diakonischen Werkes ist Beratungsstelle für Alkohol- und Medikamentenabhängige, für Spieler und Angehörige. Hier wird das Diakonische Werk konfrontiert mit den Lebensgeschichten und -nöten von Spielsüchtigen. Der Anteil der Beratungen zur Spielsucht ist im 1. Quartal 2011 deutlich gewachsen, freilich muss nicht Grund dafür sein, dass die Stadt immer mehr Konzessionen für Spielhallen-Betriebe ausgibt (wir berichteten). Auch könnte das relativ junge Hilfsangebot im Ambulatorium einfach bekannter und deshalb häufiger angenommen worden sein.

11,3 Millionen in 2010 verzockt

Im Ambulatorium jedenfalls sind die Verantwortlichen froh, dass eine Debatte über die Auswüchse im Spielhallengeschäft in Gang kommt, das in der Bilanz nur die Betreiber als Gewinner und die Spieler als Verlierer hinterlässt. 11,3 Mio Euro sind im Jahr 2010 in Mülheimer Spielhallen verzockt worden. Dahinter, so Ambulatoriumleiter Alfred Abresch und seine Mitarbeiterin Anke Meyer, stecken tragische Schicksale nicht nur der Spieler allein, sondern auch der Angehörigen. „Die Dramatik liegt im Einzelfall“, sagt Abresch. In die Beratung kämen sowohl Alleinstehende wie Familienväter, kämen Azubis, Hartz-IV-Bezieher, Handwerker und gar: Banker!

Allen gemein aber, so Diplom-Pädagogin Meyer, sei eins: „Wer wirklich süchtig ist, bringt es fertig, sein ganzes Monatssalär in wenigen Tagen zu verspielen.“ Umso schlimmer, wenn noch Personen dranhingen, deren Unterhalt auch von diesem Geld abhinge. Spieler plage eine tendenziell noch höhere Last als etwa Alkoholiker, stellt Abresch fest. „Sie trauen sich kaum noch nach Hause.“ Es mache sich schwärzeste Depression breit, sei das Geld erst mal verspielt. „Das kann bis zur Suizidgefährdung reichen.“

Viele Spieler leben am Existenzminimum

Dass die Spieler „so massiv in ihrem Leben zurückgeworfen sind“, will die Diakonie ebenso in öffentlicher Ausein-andersetzung über Spielhallen-Zuwachs debattiert sehen wie die Beobachtung Kistners, dass in Mülheimer Spielhallen insbesondere die Bürger anzutreffen sind, die ohnehin am Existenzminimum leben.

Es sei ja klar, so die Meinung im Diakonischen Werk: Je mehr Spielhallen es gebe, desto mehr Spieler würden von diesen angezogen. „Wir sehen unseren Auftrag darin“, so Kistner, „den Hilferuf der Opfer zu unterstützen und einen Appell an Stadt und Politik zu richten, diese Diskussion besonders verantwortungsbewusst zu führen und eine Möglichkeit zu suchen, wie ein weiteres Spielhallen-Wachstum zu verhindern ist.“