Der Wettbewerb um Innovation-City, die Energiestadt der Zukunft, geht in die Endphase. Welche Stadt wird’s? Mülheim ist unter den letzten Fünf.
Gerade sieht man sie auf der Bühnenleinwand im Forum: den Eppinghofer Hausbesitzer, der Sonnenkollektoren für sein Dach will, den Fachmann, der darüber nachdenkt, wie man die Abwärme aus der Kanalisation in Energie wandeln kann, die Kinder, die gelbe Ballons halten und im Chor rufen, dass Mülheim „Innovation City“ werden soll.
Die mediale Selbstinszenierung als progressive Stadt mit Öko-Bewusstsein ist schon eine Art Testlauf für den kommenden Mittwoch, wenn eine Mülheimer Vertretung auf Zollverein in Essen einer Jury erklären wird, warum gerade das Gebiet zwischen Broich, Innenstadt und Dümpten den Titel „Innovation City“ bekommen soll. Und damit den Zugriff auf Fördertöpfe.
Doch am Freitagmittag sollen Bürgerherzen gewonnen werden. Ob die Mischung aus Filmeinspielern, Gespräch und Infocharts ankommt? Schwer zu sagen: Mal wird der Platz vor der Forumsbühne eng, mal gehen die Leute weiter. „Innovation City – was heißt das?“, fragt einer. Schon wieder Englisch, kann man das nicht auf Deutsch sagen, seufzt ein anderer. Doch an Sprachbarrieren scheitert der Weg zum Bürger wohl nicht: „Zwischen elf und zwölf war es voll“, sagt eine Sprecherin von Mülheim & Business.
Die, die stehen bleiben, haben meist ein konkretes Anliegen. Margret Frömmel vertreibt Pflanzen zur Dachbegrünung und sähe entsprechend gern mehr Grün auf den Dächern, „das bringt kühlere Räume und verbessert die Wärmedämmung“, wirbt sie. Das Stadtprojekt befürwortet sie: „Wir waren einmal die grüne Perle im Ruhrgebiet, Mülheim sollte weitere Schritte in diese Richtung gehen.“ Dass es in der Stadt so viele unzeitgemäße Nachtspeicherheizungen gibt, hat sie erst hier an den Infoständen erfahren.
Für Britta Stalleicken von der Initiative „Frischluft“ hat das Innovationsprojekt einen bitteren Beigeschmack: „Ich bin sehr dafür, dass hier Frischluftschneisen für das Stadtklima berücksichtigt werden. Aber an anderer Stelle beschneidet man sie wieder.“ Das Projekt berufe sich dabei auf eine Stadtklimaanalyse von 2003, die man jedoch bei der Bauplanung an der Tilsiter Straße (wir berichteten) nicht berücksichtige.
An den Stellwänden, wo Bürger ihre Ideen einbringen sollen, kleben ein paar Vorschläge – kein Vergleich aber zu den Haushaltsforen vor einigen Monaten: „Mehr Beratung“ und „Mehr Parks“. Oder konkreter: „Abwärme aus Tiefgaragen nutzen“. Und einer möchte Mini-Windanlagen auf den Dächern sehen.
Mit Zusagen von Bürgern, die im Zuge von „Innovation City“ ihr Haus sanieren oder Sonnenkollektoren anschaffen wollen, hat sich die Stadt beworben. Werden sie enttäuscht, wenn Mülheim zweiter Sieger wird? „Nein“, glaubt Jürgen Schnitzmeier, Chef der Wirtschaftsförderung Mülheim & Business. Auch die übrigen vier Städte würden von den Erfahrungen des Siegers profitieren, einen Teil der Fördertöpfe könnten sie ebenfalls nutzen. „Für uns hat die Bewerbung schon viel gebracht. Wir kennen dadurch unsere Verbesserungschancen und wir wollen so viel wie möglich davon umsetzen.“