Mülheim. . Unpassierbare Nebenstraßen, liegen gebliebener Müll - nach dem Winter zieht Umweltamtsleiter Zentgraf eine für viele Bürger überraschende Bilanz: Die MEG sei “ihrer vertraglichen Pflicht nachgekommen.“ Die MEG selbst sieht Optimierungspotenzial.
Der nächste Schnee fällt bestimmt. Doch zurzeit dreht sich in Mülheim noch alles um den „Schnee von gestern“. Nach dem Wetterchaos im Dezember, als Nebenstraßen kaum mehr passierbar waren, Müll wochenlang nicht abgefahren werden konnte, stellte sich nun die Politik die Frage: Geht das nicht besser? Der zuständige Umweltamtsleiter Dr. Jürgen Zentgraf zog am Montagabend im Umweltausschuss eine für viele Bürger überraschende Bilanz des Winters: „Nach Auffassung der Verwaltung ist die MEG ihrer vertraglichen Pflicht nachgekommen, auch wenn nicht alles ideal war.“ Die MEG selbst sieht derweil noch Optimierungspotenzial.
Die MEG ist im Auftrag der Stadt unterwegs, um Straßen und Überwege gemäß Straßenreinigungsgesetz von Eis und Schnee zu befreien. Der Bundesgerichtshof hat 1990 in einem Urteil die städtische Pflicht zum Winterdienst folgendermaßen definiert: „Fahrbahnen öffentlicher Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen sind lediglich an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Schnee- und Eisglätte zu streuen.“
460 Kilometer Hauptstraßen hatten Priorität
Die MEG hat eben diese Gefahrenstellen in einer Prioritätenliste ausgewiesen. Jene, in der Summe 460 Kilometer langen (Hauptverkehrs-)Straßen genießen oberste Priorität. So lange sie nicht geräumt sind, befährt die MEG auch keine Nebenstraßen. Bei den lang anhaltenden Schneefällen im Dezember kam sie kaum dazu, auch mal Nebenstraßen zu räumen. Schließlich war es zu spät: In den Nebenstraßen lag so viel Schnee, dass die MEG bei einem Räumversuch nur parkende Autos und Garageneinfahrten zugeschoben hätte. Als die Nebenstraßen vereist waren, war zudem mit den Plastik- und Gummilippen an den Schildern der Fahrzeuge nichts mehr auszurichten.
Auf den Straßen der Prioritätsstufe 1, so MEG-Geschäftsführer Günther Helmich, sei der Winterdienst „gut gelaufen, eigentlich ist hier keine Beschwerde angekommen“. Im kompletten Dezember sei kein Fahrzeug ausgefallen, mehr als 60 Mitarbeiter seien auf den Straßen engagiert gewesen. Gleichwohl räumt er ein, dass der Winterdienst vom 13. auf den 14. Dezember auch organisatorische Mängel in der Einsatzplanung offenbart habe. Hier waren nach dem starken Schneefall zunächst nur vier MEG-Fahrzeuge unterwegs, erst um 3 Uhr nachts rückten die restlichen sieben aus. Die MEG hatte, weil die Wettervorhersage keinen Großeinsatz nötig scheinen ließ, ihre Leute nicht in Rufbereitschaft versetzt. „Das haben wir jetzt organisatorisch umgekrempelt“, sagt Helmich. „Das passiert nicht mehr.“
Mehr Salz ließe sich nicht lagern
Die MEG überlegt, für den Einsatz auf schmalen Nebenstraßen einen Unimok anzuschaffen. Zudem will sie auf geeigneten Nebenstrecken den Einsatz von Eisschildern testen. Allerdings, so Helmich: Große Hoffnungen habe man nicht, damit einen großen Schritt weiterzukommen. Sein Geschäftsführerkollege Jürgen Jeppel drückt es flapsig aus: „Das Tiefbauamt kriegt zu viel. Wenn ein Flicken auf der Straße ist, reißen wir den raus.“ Vielleicht gar Gullideckel. Womöglich müssen die Stahllippen aber gar nicht auf der Straße aufliegen, um etwa zumindest dicke Eisbuckel auf Nebenstraßen abzutragen.
Lieferengpässe ließen im Dezember schon wieder das Salz knapp werden. „Wir haben uns gut durchgemogelt“, so Helmich, auch mit dem Zumischen von Sand. Vorab mehr zu lagern, sei aber nicht möglich. Die drei Lagerstätten seien mit insgesamt 1500 Tonnen Salz bis unters Dach gefüllt gewesen.
Viel Ärger hat’s mit Schnee und Eis gegeben, das Thema ist so populär wie die vermeintlichen Verbesserungsvorschläge vielfältig, die der Politik einfallen. Vorschlag der Grünen: Bei Extremwetterlagen zusätzlich private Räumdienste engagieren! Möglich wäre das, Garten- und Landschaftsbaubetriebe haben Interesse. Nur, so Umweltamtsleiter Zentgraf am Montag im Umweltausschuss unmissverständlich: Wer das politisch beschließe, müsse auch sagen, dass dies eine Gebührenerhöhung verlange. Allein schon koste es Geld, die Privaten für einen nicht vorhersagbaren Extremfall überhaupt rufbereit zu halten, so Helmich.
Kostenlosen Split an die Bürger verteilen?
Renate aus der Beek (SPD) bekam da schon Bauchschmerzen: Verlangten Bürger von Nebenstraßen heuer ihre Gebühren zurück, weil gar nicht geräumt worden sei, hieße es dann künftig: Es hat nicht geschneit, wir wollen unser Geld wiederhaben. Aus der Beek präsentierte flugs eine Alternative, auf die sie im Internet gestoßen sei: Die Stadt Bochum verteile eimerweise kostenlosen Split an Bürger, damit sie ihre Nebenstraßen selbst streuen könnten – „das wäre doch ein charmanter Vorschlag...“ Für Helmich nicht: „Das habe ich eher als humoristischen Beitrag gesehen.“ Die Sitzung im Umweltausschuss blieb ohne jedweden Beschluss.