Mülheim. .
Auf Stadtrundfahrt mit Entsorgern: Zehn Prozent der Mülheimer Straßen können wegen des Schnees nicht von Müllwagen angefahren werden. Obwohl die Mitarbeiter der MEG Überstunden machen, stapelt sich Müll. Anwohner kritisieren mangelnde Informationen.
Heinz Hubert sagt diesen Satz oft: „Wir versuchen, was wir können.“ Aber der Abteilungsleiter der Mülheimer Entsorgungsgesellschaft (MEG) weiß auch: Teils muss es beim Versuch bleiben. Zehn Prozent der Mülheimer Straßen, schätzt er, können die Müllwagen momentan nicht anfahren. Zu eng, zu steil, zu vereist, zu gefährlich sind sie. Besonders Nebenstraßen stellen die Müllwerker immer wieder vor Herausforderungen.
Diese Stadtrundfahrt bietet besondere Hingucker: Heinz Hubert sitzt am Steuer und lenkt den Blick auf die Mülltonnen der Stadt. „Da“, sagt er und zeigt auf Tüten, die aus Tonnen quellen, und auf blaue Säcke rundherum. Und er weist auf vereiste Fahrbahnen, auf Schneeberge, die sich türmen, auf Autos, die wild parken. „Wie wollen Sie da rankommen?“, fragt er dann. „Da haben wir keine Chance!“
Müllwagen fahren sich fest
Der Abteilungsleiter ist die Vorhut: Er schaut sich Nebenstraßen an, die bisher nicht angefahren werden konnten und geht Beschwerden nach von Mülheimern, die sagen: Bei uns ist alles frei, aber ihr kommt nicht! Heinz Hubert prüft, ob wirklich alles frei ist. Denn bereits zweimal haben sich an diesem Morgen Müllwagen festgefahren.
Ihre Reviere fahren die MEG-Teams planmäßig an, soweit es die Straßenverhältnisse zulassen. Patrick Cauchi aber sitzt am Steuer eines Wagens, dessen Auftrag „Schadensbegrenzung“ lautet. Gemeinsam mit Dennis Reichelt und Michael Bückendorf steuert er die Straßen an, die schon Freitag auf dem Plan standen, wo es aber kein Durchkommen gab. „Vielleicht“, so die Hoffnung, „schmilzt was weg, vielleicht haben Bürger ja geräumt.“
Ohne Erfolg
In der Blücherstraße erfüllt sich der Wunsch nicht. Mehrmals versucht Cauchi sein tonnenschweres Gefährt rückwärts in den oberen Teil der Straße zu steuern – ohne Erfolg. Also runter in die Julius-Leber-Straße. Auch dort warten übervolle Tonnen, dicke Eisschichten und Schneetürme vor den Müllbunkern. Die ersten beiden bekommen die Drei mit vereinten Kräften noch auf. „Das müssten die Jungs gar nicht machen“, sagt Heinz Hubert und zitiert die Ordnung: „Der Bürger hat Gehwege und den Zugang zu Müllbehältern schnee- und eisfrei zu halten.“
Weiter geht es in die Carl-Friedrich-Goerdeler-Straße, knapp vorbei an parkenden Autos. Tonne um Tonne wird geleert, bis ein Lkw im Weg steht. Lieferanten wuchten ein Sofa ins Haus und versprechen: Es dauert nicht lange. Fünf Minuten steht der Wagen dennoch, bevor er wieder rollt – oder es vielmehr versucht. Die Straße steigt ein wenig an, bei dem Schnee ein Problem. Die Reifen drehen durch, der Motor röhrt und ackert, immer wieder scheint es, als hätte er sich festgefahren.
Überstunden im Schnee
Zwei bis drei Stunden länger, so Patrick Cauchi, dauert ihre sonst siebenstündige Tour wegen des Wetters. „Das ist Knochenarbeit.“ Die Tonnen über die Schneehügel am Fahrbahnrand zu hieven, ist kein Vergnügen. Da kommt man trotz Kälte ins Schwitzen, sagt Dennis Reichelt, während die Füße kalt werden und nass, weil man im Schnee steht, bis man „einen See in den Schuhen“ hat.
Das Team hat die Katzbachstraße erreicht. Auch hier hatten sich Anwohner beschwert. Doch in der engen Straße blockiert ein Auto den Weg, kein Durchkommen für den Müllwagen. Der aber bleibt nicht unbemerkt. Sofort schleppen die Bewohner der ersten Häuser ihren Müll an, sagen den Nachbarn Bescheid, auch die bringen Tonnen und Tüten, klopfen den Müllwerkern auf die Schulter. Peter Biermann ist auch da; er war der, der eine Beschwerde-Mail geschrieben hat. Dass der Wagen nicht durchkommt, sieht er selbst und zeigt Verständnis, dennoch hat er Kritik: „Man wird nicht informiert. Wir wissen nicht, wann Sie kommen. Sonst hätten wir unsere Tonnen zur Max-Halbach-Straße gebracht. Mehr Informationen bringt mehr Verständnis.“
400 Anrufe täglich
Mehr Informationen hält Heinz Hubert für kaum möglich. Papierkram hat der Abteilungsleiter genug. Jeder Beschwerde geht er nach, jede wird schriftlich beantwortet. Und das waren reichlich: Zwischen den Jahren erreichten die MEG 400 Anrufe täglich. Dabei hat Hubert Verständnis für den Ärger der Bürger, aber: „Ich wünschte mir auch ein bisschen Verständnis für unsere Situation.“ Ob sich das erfüllt, ist fraglich: Keine Minute hat der Müllwagen rückwärts wieder aus der Katzbachstraße gesetzt, da geht schon die erste Beschwerde in der MEG-Zentrale ein: Der Müllwagen hätte wirklich mal durchfahren können!