Mülheim. Die Monning gilt als Keimzelle eines Mülheimer Vergnügungsviertels. Rund um das „Stammhaus Monning“ gibt es Neubaupläne - inklusive Abriss.
„Die Monning“: wahrlich eine Mülheimer Marke. Für den einstigen Hof Monning an der Mülheimer Stadtgrenze zu Duisburg ist eine erste urkundliche Erwähnung bereits vor mehr als 700 Jahren dokumentiert. Sie war Keimzelle eines ersten Mülheimer Vergnügungsviertels, eine Wirtschaft im „Stammhaus Monning“ entfachte Anziehungskraft bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Kaum eine ältere Mülheimerin und ein älterer Mülheimer, die ihr Tanzbein nicht geschwungen hätten in den Tanzsälen. Jetzt kommt es zum harten Schnitt, der nicht nur vielen Speldorfern nostalgische Wehmut bringt: Der Abrissbagger ist noch nicht angerückt. Aber er wird kommen.
Das berichtete nun Axel Booß als Leiter der städtischen Bauaufsicht auf Anfrage der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) der örtlichen Planungspolitik. Sein Amt habe bereits Ende 2022 eine Bauvoranfrage eines Investors positiv beschieden. Diese sehe vor, dass nicht denkmalwerte Gebäude auf dem Areal abgerissen werden sollen. So soll auch der alte Tanzsaal-Trakt an der Monningstraße fallen.
Investor plant neue Wohnhäuser an der Stadtgrenze von Mülheim zu Duisburg
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Stattdessen ist laut Booß ein Mehrfamilienhaus mit maximal drei Voll- und einem Staffelgeschoss geplant. Darüber hinaus könne auf dem rückwärtigen Grundstück ein weiteres Wohngebäude mit maximal zwei Vollgeschossen errichtet werden. An sensibler Stelle, an der das alte Fachwerkhaus des „Stammhauses Monning“ an der Duisburger Straße unter Denkmalschutz steht, soll laut dem Chef der Baugenehmigungsbehörde auf jeden Fall der städtische Gestaltungsbeirat ein Wörtchen mitreden, bevor eine Baugenehmigung erteilt wird. Ein Bauantrag liege gleichwohl noch nicht vor.
Das alte Gasthaus an der Duisburger Straße ist als Baudenkmal zu erhalten. Booß kündigte an, auf „größtmöglichen Substanzerhalt“ Wert legen zu wollen. Das sei dem neuen Eigentümer auch klar und stehe nicht zur Disposition. Ziel sei es aktuell, das alte „Stammhaus Monning“ auch künftig gastronomisch zu nutzen, stellte er in Aussicht. Hierfür seien Erweiterungsbauten erforderlich, die mit der Denkmalbehörde abzustimmen seien. „Sicher werden hier tragfähige Lösungen möglich sein“, so Booß zu dieser Redaktion.
Kneipe „Bei Uschi“ nahm tränenreich Abschied, auch beliebte Trattoria muss ausziehen
Es wird aber ein Gastronomie-Neustart werden müssen, das ist schon jetzt klar. Tränenreich, so Wirt Michael Völkel, sei bereits Ende Februar das Aus seiner Kneipe „Bei Uschi“ an der Monning gefeiert worden. Fast acht Jahre lang hatte Völkel vor Ort einer treuen Stammkundschaft ein familiäres Ambiente geboten. Es gab feucht-fröhliche Karaoke-Abende, Live-Musik, Bingo oder Motto-Abende. „Am Ende habe ich geheult ohne Ende, aber auch einige meiner Gäste“, schaut Völkel mit Wehmut darauf, dass der „Kulturort“ an der Monning verschwindet. Völkel plant, in der Gastronomie zu bleiben. Aber künftig als Angestellter.
Nebenan läuft der Betrieb in der Trattoria Mamma Nina noch. Auch wochentags ist das italienische Restaurant der Familie Carrozzo gut besucht. Ursini Carrozzo hatte es mit ihrem Mann 2017 eröffnet, zusammen sind sie Mimmo und Mimma; Sohn Giovanni macht den Familienbetrieb komplett. Aus Ratingen-Hösel hatten die Carrozzos einst den Sprung an die Monning gewagt, hatten das altehrwürdige Lokal mit seinen 90 Plätzen mit „dolce vita“ beseelt. Sich vor Ort zu bekannt zu machen und zu etablieren, habe ihnen damals durchaus ein halbes Jahr Durchhaltevermögen abverlangt, erinnert sich Chefin „Mimma“. Mittlerweile ist die Familie in Mülheim heimisch geworden. Es schmerze, absehbar die Monning verlassen zu müssen.
Trattoria Mamma Nina hat nun „mega viel Stress“ vor dem Umzug
Die Kündigung habe der Vermieter ihnen eigentlich zum 31. März ausgesprochen, sie sei überraschend im Herbst übermittelt worden, so Ursini Carrozzo. Immerhin war eine Verlängerung drin; nun sollen wohl am 21. Mai die letzten Pizza- und Pastateller aufgetischt werden.
„Mega viel Stress“ herrsche aktuell, so die Gastronomin. An der Monning läuft der Betrieb noch, gleichzeitig schaute sich die Familie um, wo sie ihre Gastronomie ortsnah weiterführen könnte. Sie hatte Glück, fand an der Karlsruher Straße 10 unweit des Speldorfer Depots ein leerstehendes Lokal. Dies gilt es nun herzurichten für eine zeitnahe Wiedereröffnung der Trattoria, einer Bandscheiben-OP bei Mimmo zum Trotz. Ein neuer Ort, eine Zeitlang doppelte Kosten, noch mal die Herausforderung, sich zu etablieren: „Das ist natürlich nicht einfach, aber ich denke, dass wir uns einen guten Namen gemacht haben“, hofft „Mimma“ darauf, dass viele ihrer Stammgäste dem Restaurant die Treue halten und an der Karlsruher neue dazukommen. Das Lokal wird mit 70 Plätzen etwas kleiner sein, punktet dafür aber mit einer Außenterrasse. Trotz aller Wehmut, das „Stammhaus Monning“ verlassen zu müssen, freut sich Ursini Carrozzo auf den Neustart.
Ehemalige Tanzsäle des einstigen Mülheimer Vergnügungsviertels: kein Denkmal
Von der Karlsruher Straße zurück zur Monning. Hier ist schon einiges Leben verschwunden, weitere Mieter sind ausgezogen. Am alten Tanzsaalgebäude deutet nur noch ein Schild darauf hin, dass hier mal Anke Lachmann „Ballett & Bewegung“ angeboten hat. Das ruhmreiche alte Tanzsaalgebäude soll abgerissen werden. Die MBI hatten dies beklagt, nach dem Denkmalwert des Gebäudes gefragt, in dem nach dem Zweiten Weltkrieg gar mal ein Kino eingerichtet war und das seit 1900 viele Jahre als Tanzlokal die Massen angezogen hatte.
Nicht schutzwürdig, sei allerdings das Urteil der Oberen Denkmalbehörde beim Landschaftsverband Rheinland im September 2022 gewesen, wie Booß nun im Planungsausschuss berichtete. Der Kern der Beurteilung: „Beim Ortstermin und bei der vergleichenden Betrachtung historischer Postkarten mit Darstellung des Äußeren und des Inneren wurde deutlich, dass das äußere Erscheinungsbild in der Nachkriegszeit umfangreiche Veränderungen erfahren hat und nur noch in geringfügigem Maße mit dem bauzeitlichen Zustand übereinstimmt.“ Auch in den beiden ehemaligen Festsälen seien nur noch einige wenige bauzeitliche Türblätter, Holztrennwände bei der Damentoilette und eine bauzeitliche Treppe erhalten.
Aus Sicht der Denkmalbehörde sei das Tanzsaal-Gebäude zwar „über seinen funktionalen Zusammenhang mit dem Stammhaus Monning aus ortsgeschichtlichen Gründen fraglos erhaltenswert“, die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Baudenkmal seien jedoch nicht erfüllt. Bleibt: ein Abriss - und sicher Wehmut bei vielen Mülheimerinnen und Mülheimern, die hier fröhliche Stunden verlebt, die große Liebe kennen gelernt haben oder andere schöne Erinnerung mit den Tanzsälen verbinden.
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