Mülheim. Ab sofort legt in Mülheim das erste batteriebetriebene Arbeitsschiff an, fährt über die Flüsse und Kanäle der Region. Welche Vorteile das hat.
Die Sektflasche zerschellte erst im zweiten Versuch an der Reling der „MS Mülheim“. Das soll aber kein schlechtes Omen sein für das erste voll batteriebetriebene Arbeitsschiff, das am Donnerstag an der Schleuse Raffelberg getauft wurde.
Bürgermeister Markus Püll kontrollierte zuerst einmal die richtige Schreibweise, ob sich nicht wieder ein böses zweites „h“ in den Stadtnamen eingeschlichen hatte. Das war nicht der Fall. „Beim letzten Bundesunternehmen wurde der Name wieder falsch geschrieben. Ich sage nicht welches, aber es kam auf der Schiene daher“, scherzte Püll.
Wofür das neue Mülheimer Schiff künftig eingesetzt werden soll
130 Arbeitsschiffe aus der sogenannten Spatz-Reihe sind bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im Einsatz - nun auch der erste E-Spatz. Die Arbeitsboote wurden in den 90er Jahren für die täglichen Instandhaltungs- und Kontrollarbeiten an den Wasserstraßen entwickelt.
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„Es ist unser universelles Arbeitsgerät für alle Dinge, die auf der Wasserstraße passieren. Wenn etwas zu schleppen ist, etwas zu schieben ist, wenn Kontrollfahrten zu erledigen sind - dafür ist das Boot konstruiert“, erklärte Eric Oehlmann, Leiter der WSV-Generaldirektion. Für Peilarbeiten wurde ein separater Arbeitsplatz eingerichtet. Neben einer Schub- und Koppelvorrichtung verfügt der E-Spatz über zwei Ruderpropeller.
Batterie kann über Nacht geladen werden und reicht für drei Tage
„Es hat bei uns Tradition, dass die Schiffe den Namen der Stadt bekommen, wo sie auch eingesetzt werden“, so Ulrich Wieching, Leiter des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Westdeutsche Kanäle. Vom Raffelberg aus wird der E-Spatz auf den Flüssen und Kanälen des westdeutschen Kanalnetzes in der Verkehrssicherung und Verkehrsüberwachung im Einsatz sein.
Die Batterie wird über Nacht am Liegeort geladen und hält im Normalfall für drei Tage. „Wir setzen damit ein Zeichen im ökologischen Transformationsprozess. Wir müssen von der CO₂-Belastung runter und das ist unser erster Schritt“, so Oehlmann. Die Vorteile liegen seiner Meinung nach auf der Hand: „Die Schiffe sind emissionsfrei und exakt auf das Einsatzgebiet zugeschnitten. Elektro bringt zudem mehr Energie auf den Antrieb.“ Nach und nach sollen auch die weiteren Mitglieder der Flotte umgerüstet werden.
Weniger akustische Belastung auf den Gewässern der Region
Mario Bolle von der gleichnamigen Werft, die den E-Spatzen gebaut hat, ergänzte: „Es überzeugt nicht nur durch das Fehlen von Emissionen, sondern auch durch eine Laufruhe, wir bekommen damit eine neue, geringe Stufe der akustischen Belastung.“ Außerdem sei das batteriebetriebene Boot weitestgehend wartungsfrei.
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Die ersten Voruntersuchungen für den Neuling gab es schon im Frühjahr 2018. „Seitdem hat uns das Schiff intensiv beschäftigt“, berichtete Rainer Strenge, Leiter der Fachstelle Maschinenwesen Südwest. Schließlich musste der E-Spatz so konstruiert werden, dass er einen 100-Tonnen-Kran schieben kann, er benötigt ein gutes Manövrierverhalten und muss an Wehranlagen arbeiten können. Im April 2021 wurde unter sechs Bewerbern der Auftrag erteilt.
Zusätzliches Gewicht von acht Tonnen durch die Batterie
Die Herausforderung sei das zusätzliche Gewicht von acht Tonnen durch die Batterie. „Gewicht ist eigentlich immer schlecht, denn dadurch geht die Effizienz runter“, erläuterte Strenge. Daher musste die Gesamtkonstruktion des 16,80 Meter langen und 4,50 Meter breiten Schiffes entsprechend angepasst werden.
Das ursprüngliche Batteriesystem konnte aufgrund von Lieferschwierigkeiten aber nicht realisiert werden, weil notwendige Zellen nicht zur Verfügung standen. Nun lagern die Akkus wassergekühlt in einer Art Regal mit sieben Modulen. Diese verfügen über eine Gesamtkapazität von 980 Kilowattstunden. Der E-Spatz kommt auf eine Geschwindigkeit von bis zu 16 Kilometern pro Stunde.
WSV-Direktor: „Wasserstraße wird eine Renaissance erleben“
Herausgekommen, so Strenge, ist „ein gefälliges Kraftpaket“. Die großen Fenster sorgen für eine gute Einsicht der Besatzung. „Das haben wir uns gegönnt“, so Strenge. „Denn so ein Arbeitsschiff darf ja auch schön aussehen.“
Über den Bedarf von emissionsfrei angetriebenen Schiffen waren sich am Donnerstag alle Beteiligten einig. „Die Wasserstraße wird eine Renaissance bekommen, weil wir im Gegensatz zu anderen Verkehrsträgern noch freie Transportkapazitäten haben“, meinte WSV-Generaldirektor Oehlmann. Damit sollen jene anderen Verkehrsträger sukzessive entlastet werden.
Notwendig sind dafür aber auch Investitionen in die Infrastruktur. An der Raffelberger Schleuse wird aktuell bereits die Automatisierungstechnik erneuert, ab 2025/26 steht eine millionenschwere Sanierung unter laufendem Betrieb statt. „Man kann die Schleuse nicht mal für ein Jahr stilllegen, weil dann der Hafen Mülheim abgeschnitten wäre“, so Ulrich Wieching.
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