Mülheim. Was sich zur Causa Vallourec in Mülheims Stadtrat abspielte, war ein Schauspiel: Warum der OB und Dezernenten den Ratssaal eiligst verließen.
Es fehlte nur noch, dass die Investoren-Vertreter von CTP vor den versammelte Stadträten den Geldkoffer aufgeklickt hätten, um die Millionen Euro zu präsentieren, die Mülheims Politik am Ende der Verhandlungen zum Deal zur Vallourec-Fläche zuletzt noch eingefordert hatten. Aufatmen am Ende, Punktlandung: Die Stadt gibt den Weg frei für eine Entwicklung der 33,5 Hektar großen Industriefläche mit dem niederländischen Investor.
Um der Stadt ihr Vorkaufsrecht abzuluchsen, hatte Kaufaspirant CTP einen städtebaulichen Vertrag mit ihr ausgehandelt. Er soll die städtischen Ziele absichern: Gewerbe-, aber auch neue Industrieansiedlungen, die viele und qualifizierte Arbeitsplätze bringen. Insbesondere vorbeugen wollte die Stadt auch einer Ansiedlung reiner Großlogistik.
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Vallourec-Fläche: Mülheims Politik fordert Mitspracherecht und mehr Absicherung
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Zunächst hatten SPD und FDP bemängelt, dass der Stadt keine Mitspracherechte bei der Ansiedlung von Unternehmen vertraglich zugesichert seien, obwohl CTP eben solche versprochen habe. Drei Tage vor der Ratssitzung Hektik: Dabei ging es um die Frage, welche Sicherheiten CTP der Stadt gibt, um im Fall der Fälle Vertragsstrafen auch tatsächlich zu zahlen – etwa wenn die Entwicklung nicht forsch vorangetrieben oder der Abriss der alten Vallourec-Hallen nicht im vertraglich fixierten Zeitfenster erledigt wird.
Die Verwaltung hatte sich mit CTP bis dato nur auf eine Patronatserklärung verständigt, die im Insolvenzfall ein Ausfallrisiko bedeutet hätte. Die Politik pochte auf Nummer sicher und Eintragung ins Grundbuch. CTP lehnte ab, das erschwere die Suche nach Kreditgebern. Zur Ratssitzung war noch keine Einigung erzielt. Ein Kuriosum: Zu Beginn der Etatreden verließen OB Marc Buchholz, Rechtsdezernentin Anja Franke und Baudezernent Felix Blasch die Sitzung, um weiterzuverhandeln.
Mülheims Verwaltungsspitze musste auf letzten Drücker nachverhandeln
Würde den Verhandlungsmarathonis auf den letzten Metern die Luft ausgehen? Nein. CTP zeigte sich mit einer Alternativlösung einverstanden: 2,5 Millionen Euro in Cash, hinterlegt als Bankbürgschaft. Schließlich stieg er auf, der weiße Rauch: Einstimmig nickte der Stadtrat den städtebaulichen Vertrag samt Nebenabreden ab. Und erklärte den Verzicht aufs städtische Vorkaufsrecht.
Die Verwaltungsspitze wird einräumen müssen, dass in den Verhandlungen mit CTP am Ende doch mehr rauszuholen war, als es Franke und Blasch noch vor wenigen Tagen die Politik haben glauben lassen wollen. Da hatten beide etwa ein vertraglich garantiertes Mitspracherecht für die Stadt bei Ansiedlungen zur politischen Utopie erklärt. Die Politik habe sich im Sommer bei der ersten Vorstellungsrunde mit Vertretern von CTP wohl blenden lassen, hatte Franke gar angedeutet.
Mitspracherecht: Ein scharfes Schwert für die Stadt Mülheim?
Jetzt ist ein Mitspracherecht vertraglich fixiert, bei der Auswahl künftiger Großmieter mit Flächen von 5000 Quadratmetern und mehr. Ob es ein scharfes Schwert für die Stadt sein wird? Zweifel sind angebracht. Festgelegt ist zwar, dass CTP vor entsprechenden Erstvermietungen die Stadt „vorab konsultiert und deren Standpunkt bei der Vermietungsentscheidung berücksichtigt“.
Laut einem Entwurf zur Vereinbarung sollen allerdings nur bei nicht näher bestimmter „gleicher Eignung“ Mietinteressenten „bevorzugt“ werden, die folgende Kriterien erfüllen: 1. mehr als sieben sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze pro 1000 m2 Mietfläche, 2. ein hohes Umsatz- und Gewerbesteuerpotenzial, 3. Hauptsitz in Mülheim, 4. produzierendes/verarbeitendes Gewerbe, Handwerks- oder Industriebetriebe, 5. Betriebsverlagerung oder -erweiterung eines örtlichen Unternehmens, 6. Betriebe aus technischen oder klima- bzw. umweltrelevanten Branchen, 7. Start-ups, Betriebe mit ausgeprägter Forschungs- und Entwicklungstätigkeit. Laut Dezernent Blasch soll auch die SPD-Forderung aufgenommen worden sein, dass Betriebe mit anerkannter Ausbildung, Tarifbindung und Mitbestimmung ebenfalls Vorrang haben sollen. Aber eben bei jener „gleichen Eignung“, deren Definition dann am Ende CTP bestimmen wird.
Mülheims OB und Investoren-Vertreter sehen sich „auf Augenhöhe“
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Dem zum Trotz: OB Buchholz und Vertreter nahezu aller Fraktionen äußerten sich am Ende sehr zufrieden mit dem Deal SPD-Mann Filip Fischer sieht gar „einen deutschlandweit einzigartigen Weg“, den man mit CTP beschreiten werde. OB und CTP-Vertreter Timo Hielscher betonten, die Entwicklung des Areals „auf Augenhöhe“ angehen zu wollen.
Markus Püll (CDU) erinnerte daran, dass nach der Verkündung des Vallourec-Abschieds vor zwei Jahren nun eine „schwierige Zeit“ ende. Heute könne man „dankbar sein“, mit CTP einen Partner zu haben für eine zukunftsträchtige Entwicklung. Politik und Verwaltung könnten sich „gegenseitig auf die Schulter klopfen“, meinte SPD-Fraktionschefin Margarete Wietelmann. Nun zeige sich, „dass es richtig war, so hartnäckig an unseren Vorstellungen festzuhalten und sie durchzusetzen“.
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