Mülheim. Hier sind Wände beschmiert, dort fällt eine Rolltreppe aus, weil Unbekannte ihrer Zerstörungswut gefrönt haben. Was aktuelle Probleme sind.

Blinde Zerstörungswut im öffentlichen Raum ist immer wieder ein Ärgernis. Jüngst waren es wieder Bushaltestellen auf der Heimaterde, deren Glasscheiben mit Graffiti-Schmierereien verunstaltet worden sind. Die Stadt Mülheim und die Ruhrbahn nahmen auf Anfrage jetzt Stellung, welche Ausmaße Vandalismus annimmt, dessen Schäden oftmals auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu beseitigen sind.

Eines vorweg: Weder Stadt noch Ruhrbahn führen eine Statistik darüber, wie viel Geld die Beseitigung der Schäden jährlich verschlingt. Die Stadtverwaltung belässt es auch nur auf globalen Aussagen, um das Phänomen zu umschreiben: Vor allem seien Orte ohne soziale Kontrolle von Vandalismus betroffen, etwa Spielplätze oder Schulhöfe. Ingenieurbauwerke würden in den allermeisten Fällen mit Graffitis beschmiert. Vandalismus trete, saisonal bedingt, vermehrt in den Sommermonaten auf, so Stadtsprecherin Sindy Peukert nach Rücksprache mit dem städtischen Immobilienservice, dem Amt für Grünflächenmanagement und Friedhofswesen sowie dem Amt für Verkehrswesen und Tiefbau.

Regelmäßig Zielscheibe von Zerstörungswut: Aufzug an Mülheims Radschnellweg

Regelmäßig Zielscheibe von Zerstörungswut ist laut Peukert der Fahrradaufzug am Radschnellweg (RS1). Die Ämter könnten keine konkrete Anzahl an Fällen benennen, da nur schwere Formen von Vandalismus zur Anzeige gebracht werden. Graffiti, kleinere Schnitzereien und ähnliches seien beinahe täglich neu zu finden. Bestimmte Hotspots seien aber nicht ausgemacht. Der Immobilienservice sehe einen anderen Trend mit Sorge: In den vergangenen Jahren habe es vermehrt Einbrüche auf Baustellen gegeben. Deshalb werde bei Großbaumaßnahmen nun mitunter ein Sicherheitsdienst eingesetzt.

Die Liste der Vandalismusschäden bei der Ruhrbahn ist lang. Häufig betroffen sind etwa Aufzüge und Fahrtreppen. Immer wieder komme es zu Ausfällen, weil etwa an den Fahrtreppen ohne Not der „Nothalt“ betätigt werde, Lichtschranken verklebt oder gar massiv mechanische Bauteile beschädigt würden, sodass die Anlagen ausfielen und aufwendig instand gesetzt werden müssten. Bei den Aufzügen sind oft Türen beschädigt, gegen die getreten werde oder in die Gegenstände eingeklemmt würden. Scheiben der Aufzugseinhausungen werden zerstört, auch ganz übel: Urinieren in die Notrufeinrichtung oder in den Aufzugsschacht, „ganz extrem am Essener Hauptbahnhof“, so Ruhrbahn-Sprecherin Sylvia Neumann.

Besonders anfällig für Vandalismus: Fahrtreppen fallen häufig und länger aus, hier ein Bild aus Mülheims U-Bahn-Station Stadtmitte.
Besonders anfällig für Vandalismus: Fahrtreppen fallen häufig und länger aus, hier ein Bild aus Mülheims U-Bahn-Station Stadtmitte. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Ruhrbahn stellt fest: Videokameras in den Bussen wirken abschreckend

Auch an Haltestellen regiert die Zerstörungswut. „Wir verzeichneten in den letzten vier Jahren 2019 bis 2022 in Essen durchschnittlich 22 und in Mülheim fünf Einsätze pro Monat“, sagt Neumann.

Nicht nur an der Haltestelle Felackerstraße auf Mülheims Heimaterde tauchten im Oktober Schmierereien auf.
Nicht nur an der Haltestelle Felackerstraße auf Mülheims Heimaterde tauchten im Oktober Schmierereien auf. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Immerhin: Was Vandalismusschäden in und an Fahrzeugen betrifft, stellt Neumann „gefühlt“ fest, dass es „in unseren Bussen immer weniger Schmierereien oder zerschnittene Sitzpolster gibt, und auch zerkratzte Scheiben sind nur noch selten“. Heute seien es eher gebrochene Haltestangen, manipulierte USB-Steckdosen oder Haltewunschtaster sowie zerbrochene Seiten- oder Heckscheiben.

2004 habe man die ersten Videoüberwachungsanlagen in Bussen verbaut. Seit 2010 seien alle Fahrzeuge mit Videoüberwachung ausgestattet. Vielleicht auch ein Grund für weniger Vandalismusfälle in den Bussen ist laut Neumann, dass die Ruhrbahn seit 2017/2018 bei der Fahrzeugbeschaffung Wert auf ein „wohnliches Gefühl“ lege, zum Beispiel mit der Wahl des Fußbodens in Holzoptik. Auch werde der Fahrgastraum mit LED mittlerweile deutlich besser ausgeleuchtet.

Ruhrbahn lässt Fahrzeuge so lange nicht raus, bis Schmierereien beseitigt sind

Bei Graffiti-Schmierereien sieht sich die Ruhrbahn gut aufgestellt, um diese schnell und effektiv wieder zu entfernen. Dafür stünden geeignete Gerätschaften und Reinigungsmittel zur Verfügung. Außerdem setze man schon seit der Jahrtausendwende auf ein sogenanntes Anti-Graffiti-Polster in den Straßenbahnen. „Die Tendenz von Graffiti-Schmierereien ist sinkend, vielleicht auch bedingt durch Ausstattung unserer Gleisbereiche mit (Infrarot)-Kameras“, so Neumann. Würden Täter gefilmt, stelle die Ruhrbahn das Material der Polizei zur Verfügung und erstatte Anzeige.

Für die Zeit von Januar bis August 2023 registrierte die Ruhrbahn 60 durch Video dokumentierte Schäden an Haltestellen und Fahrzeugen. „Um den Verursachern keine Lobby zu geben, werden äußerlich beschmierte Fahrzeuge grundsätzlich sofort aus dem Verkehr gezogen und auch bis zur Entfernung des Graffitis nicht wieder eingesetzt“, sagt Neumann. Die meisten Schmierereien im Fahrzeuginnern würden schon nachts bei den Regelreinigungen entfernt.

Auf den Kosten zur Behebung der Vandalismusschäden bleibt die Ruhrbahn häufig sitzen. „Dass Täter gefasst werden, ist nur äußerst selten. Ohne Ross und Reiter zu kennen, lassen sich zivilrechtliche Ansprüche nicht einmal geltend machen“, so Neumann.

Ruhrbahn setzt in Essen und Mülheim auf Sensibilisierung schon bei Kindern

Die Ruhrbahn setzt derweil auf frühe Sensibilisierung, fast täglich biete das Unternehmen für Kinder aus Kita und Grundschule Führungen in der Hauptwerkstatt an, heißt es. Dazu hätten zwei Musicals für Kinder zwischen Kindergarten und Grundschulalter das Thema Vandalismus als Kernbotschaft aufgegriffen. „Für rund 3000 Kinder erzeugen wir so jährlich ein vorbereitendes Grundrauschen zum Thema“, so Neumann. Die Hoffnung sei, Kindern zu verdeutlichen, „welche Schäden und Kosten sinnlose Beschädigungen – bei Jugendlichen häufig durch Mutproben – anrichten“. Da helfe es auch, dass die Kinder bei den Betriebsführungen die Menschen persönlich kennen lernten, die diese Schäden wieder beseitigen müssen.

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