Mülheim. Mülheims Tierheim ist seit Jahren dringend sanierungsbedürftig. Nun wirken die Preisschocks verheerend. Was ist bezahlbar? Zum Stand der Dinge.
Seit Jahren ist die Sanierung des Mülheimer Tierheims überfällig – nicht nur der örtliche Tierschutzverein drängt seit Jahren darauf, dass die Unterbringung für die Vierbeiner modernisiert werden muss, um artgerecht zu sein. Vor allem die Katzenhäuser sind marode, die Quarantänestation für die Hunde ist nicht adäquat, der Auslauf muss umgestaltet werden. An den Kosten beteiligt sich in großem Maße der Tierschutzverein – mit Millionen aus einer Erbschaft. Doch nun sind die Baukosten immens gestiegen.
Viele Bereiche des städtischen Tierheims, das auch Fundtiere aus Oberhausen aufnimmt, verstoßen gegen Tierschutzauflagen – daran lassen weder Veterinäramt noch Tierschutzverein Zweifel. Mangelnder Platz ist ein Problem, immer wieder müssen Tiere gemeinsam untergebracht werden in einem Areal, das eigentlich nur für einen Hund gedacht ist. Angespannt ist auch die Lage im Quarantänebereich: Dort sitzen Neuzugänge, die zunächst auf Krankheiten kontrolliert werden müssen, zusammen mit Tieren, die nachweislich krank sind. Den Auflagen entsprechend müssten diese Insassen aber streng getrennt gehalten werden.
Sanierungsfall Mülheimer Tierheim: Marode Katzenhäuser mit aufgeweichten Wänden
Auch die Katzen brauchen dringend eine andere Unterkunft: Sie sind in Holzblockhäusern untergebracht, die bereits seit über 30 Jahren als Katzenhaus fungieren. Die Holzwände etwa sind durch die Feuchtigkeit aufgequollen. Behelfsmäßig sind die Wände von außen mit Metall- und von innen mit Siebdruckplatten verkleidet worden, um die größten Schäden abzudecken und das verbliebene Material vor weiterer Zerstörung zu schützen. Die Unterbringung sei tierschutzunwürdig, hieß es bei einer Begehung.
Stadt und Tierschutzverein haben vor Jahren bereits ein Vorgehen vereinbart, um die Sanierung anzugehen: Der Verein plant, eine siebenstellige Spendensumme für das Tierheim zu investieren. Mit der Bestellung eines Erbbaurechts kann der Tierschutzverein seine Investition dann sichern und die Sanierung in Eigenregie vornehmen. Die Stadt wird bei Abschluss des Erbpachtvertrags das Grundstück samt Gebäuden für 25 Jahre (mit der Möglichkeit zur Verlängerung) zum Betrieb des Tierheims vom Tierschutzverein zurückmieten.
Stadt und Tierschutzverein verhandeln seit vier Jahren über Tierheim-Sanierung
So weit die Theorie. In der Praxis hat sich indes noch nicht viel getan. „Vier Jahre sprechen wir nun darüber, ohne dass etwas geschehen ist“, lässt Heidrun Schultchen, Vorsitzende des Tierschutzvereins, eine gewisse Ungeduld durchklingen. Viele Ämter müssten einbezogen werden, teils hätten andere Maßnahmen – etwa an Schulen – Vorrang. Und nun ist eine weitere Hürde aufgetaucht: Die Baukosten haben sich erheblich erhöht, weil Materialien deutlich im Preis gestiegen sind. „Um ein Drittel teurer ist es geworden, dadurch könnten wir ein Fünftel der ursprünglichen Planung nicht umsetzen, hat unsere Architektin ausgerechnet“, berichtet Schultchen.
Zu Beginn der Planungen war man bei der Stadtverwaltung von 6 bis 6,5 Millionen Euro ausgegangen, die benötigt werden, um das Tierheim-Areal zu ertüchtigen. In Kürze wollen Vertreter von Stadt und Tierschutzverein miteinander besprechen, wie mit der Kostensteigerung umzugehen ist.
Denn auch wenn die Tierschützer einen Millionenbetrag, der aus einer Erbschaft stammt, in die Tierheimsanierung stecken wollen, sagt Schultchen: „Unser Geld ist endlich.“ Und auch die zuständige Dezernentin Anja Franke bestätigt mit Blick auf die gestiegenen Baukosten: „Die Teuerung ist nicht mal eben so zu schultern.“
Ein Szenario, das die oberste Tierschützerin angesichts der Kostenexplosion für denkbar hält: „Wir könnten jetzt weniger bauen, aber so, dass später angebaut werden kann.“ Das in Kürze anberaumte Gespräch müsse das klären.
Erste Bauarbeiten auf dem Mülheimer Tierheim-Areal
Zumindest erste Bauarbeiten – eine notwendige Altlastensanierung – werden aber wohl noch in diesem Jahr auf dem Tierheim-Areal beginnen, kündigt Dezernentin Franke an und führt aus: „Bei den Altlasten handelt es sich um Boden, Bauschutt und Straßenaufbruch, die in den 60er Jahren wahrscheinlich zur Modellierung des Hanges dort eingebracht wurden.“
Der teerhaltige Straßenaufbruch sei für hohe PAK – Gehalte – polycyclische, aromatische Kohlenwasserstoffe – verantwortlich, die eine Grundwassergefahr darstellten. „Der belastete Boden wird daher aufgenommen und sauberer Boden eingebracht“, verdeutlicht Franke. Finanziell geht diese Maßnahme nicht zulasten der ursprünglich vom Tierschutzverein veranschlagten Planung, denn, so Franke: „Das Land NRW fördert die Maßnahme mit 80 Prozent.“ Zwar solle sich die eigentliche Sanierung an die Altlastensanierung anschließen, wann genau diese losgehen wird, vermag die Dezernentin aktuell noch nicht zu sagen.
Wieder ausgedehntere Öffnungszeiten im Mülheimer Tierheim
Eine Baustelle scheint im Tierheim zumindest abgeräumt zu sein: Nach einer längeren Hängepartie mit zu dünner Besetzung konnte das Team aufgestockt werden. „Inzwischen sind im Tierheim neben der Tierheimleitung fünf Tierpfleger und Tierpflegerinnen sowie drei Aushilfen und ein Azubi tätig. Eine weitere Tierpflegerin wird zudem voraussichtlich Anfang Februar hinzukommen“, bilanziert Anja Franke. Dadurch könne nicht nur ein geordneter Schichtdienstbetrieb für die Mitarbeitenden organisiert werden, sondern auch wieder ausgedehntere Öffnungszeiten für Besucher, die sich für ein Tier interessieren.
Die Besuchszeiten im Tierheim mussten über Monate stark eingeschränkt werden, weil das personell ausgedünnte Tierheim-Team keine Kapazitäten mehr hatte, um sich um – unangemeldete – Tier-Interessenten zu kümmern. Dabei spielte auch die durchgehend hohe Auslastung des Tierheims eine Rolle: Der Hundebereich ist mit 33 Hunden komplett belegt, zudem sind acht weitere Hunde in einer Pension untergebracht, hinzu kommen 42 Katzen und 47 Kleintiere, hieß es auf Anfrage aus dem Tierheim (Stand Ende Oktober).
Öffnungszeiten des Mülheimer Tierheims: Mo., Di., Do. und Fr. von 13 bis 16.30 Uhr sowie Sa. von 11 bis 13 Uhr. Besuche sind nur mit Terminvergabe möglich, Kontakt: 0208/37 22 11.
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