Mülheim. In Mülheim mangelt es an Bädern. Für eine verärgerte Mutter bringt jetzt ein Aqua-Gym-Kurs das Fass zum Überlaufen. Ist es wirklich so schlimm?

Eine Mülheimerin ärgert sich massiv über die Schwimmbad-Situation in der Stadt. Ihre giftig formulierte Mail, verfasst „im Name meines Sohnes, aller Nichtschwimmer und körperlich beeinträchtigen Menschen“, ging im September an einen breiten Verteiler. Unter anderem schrieb die aufgebrachte Mutter den Mülheimer Sportservice (MSS) an, der bereits reagiert hat, sowie diese Redaktion. Auch Grüne, CDU und die AfD alarmierte sie. Andere Parteien nicht.

Was war geschehen? Kurz zusammengefasst, konnte die Mutter, die an dieser Stelle anonym bleiben möchte, mit ihrem Nachwuchs an einem Freitagmittag gegen 14 Uhr nicht das Lehrschwimmbecken im Hallenbad Süd benutzen. Dort läuft aktuell ein „Aquapower“-Kurs, bis 15 Uhr. „Weinend“ habe ihr Sohn dies festgestellt, so die Mülheimerin. Im Internet sei es nicht angekündigt worden, was der MSS - in Abstimmung mit der Badbetreiberin SwiMH - bestreitet. Auf den Kurs und die Belegung des Lehrschwimmbeckens sei auf der Homepage und per Aushang hingewiesen worden, heißt es in einer Stellungnahme.

Mülheimerin möchte, dass ihr kleiner Sohn schwimmen lernt

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Für die verärgerte Mutter dürfte das keinen großen Unterschied mehr machen. Sie ist erzürnt über den Mangel an Badezeiten in Mülheim. Ihr Kind soll regelmäßig ins Wasser, Schwimmen lernen: „Die Wartelisten für Kurse sind endlos.“

Auf das Üben im Lehrschwimmbecken hätten sie sich besonders gefreut, da das Südbad monatelang geschlossen war. Dort wurde aufwändig saniert und umgebaut: Mehr als drei Monate lang, von Mitte Juni bis Ende August, stand das citynahe Hallenbad nicht zur Verfügung. Dass jetzt das Lehrschwimmbecken für den Fitnesskurs gesperrt war, war für die Mülheimerin offenbar der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Als berufstätige Frau mit kleinem Kind sei sie zeitlich sehr eingeschränkt, die Öffnungszeiten des Südbads seien für Leute wie sie „ein Witz“. Wenn die Zeiten im Lehrschwimmbecken zu Lasten von Nichtschwimmern gekürzt würden, seien „Kinder die Verlierer“.

Mutter behauptet: Friedrich-Wennmann-Bad „ekelig und versifft“

Das Südbad ist nicht das einzige Mülheimer Hallenbad. Das Friedrich-Wennmann-Bad hat großzügigere Öffnungszeiten. Doch für ihre Familie stelle es „definitiv keine Alternative dar“, schreibt die Mutter, und nennt mehrere Gründe. Das Schwimmbad sei „unhygienisch, ekelig und versifft“, so dass ihr Sohn nach jedem Besuch Durchfall bekommen habe. Die Musik aus den alten Lautsprechern sei im Bad so laut, dass ihr Kind sich beim Bademeister über Ohrenschmerzen beschwert habe. „Aber eine Reaktion: Fehlanzeige. Wir sind doch nicht in einer Disco“, so die erboste Mülheimerin.

Weiter kritisiert sie: Es gebe „seit Jahren“ fast keine Spinde, die mit Schlössern versehen sind. Zudem werde im Heißener Bad „ständig geklaut“. Respekt sei dort „Fehlanzeige“: Als Frau werde sie „von Männern aus einem anderen Kulturkreis angemacht“. Es fehle ein Sportbecken, und das Becken sei überfüllt.

Heißener Bad wird in den Herbstferien grundlegend gereinigt

So schlimm? Einige der Behauptungen sind sehr subjektiv, kaum zu überprüfen. Durchfall? Anmache? Ohrenschmerzen? An der Sauberkeit des Wennmann-Bades wird jedenfalls momentan intensiv gearbeitet. Seit 30. September läuft dort die alljährliche Grundreinigung mit Revisionsarbeiten. Das Heißener Bad ist während der Herbstferien dicht. Wie SwiMH-Geschäftsführer Andreas Wildoer erläutert, werde das Schwimmbad nicht nur gesäubert, sondern auch defekte Schränke sollen repariert, teilweise neue Schlösser eingebaut werden.

Blick ins Mülheimer Friedrich-Wennmann-Bad (Archivbild): Das Heißener Hallenbad soll in den nächsten Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Aktuell wird es gereinigt und einiges repariert.
Blick ins Mülheimer Friedrich-Wennmann-Bad (Archivbild): Das Heißener Hallenbad soll in den nächsten Jahren durch einen Neubau ersetzt werden. Aktuell wird es gereinigt und einiges repariert. © Funke Foto Services | Martin Möller

Zu den behaupteten Diebstählen im Friedrich-Wennmann-Bad kann die Polizei auf Anfrage konkrete Zahlen liefern. Danach wurden dort im Vorjahr (2022) gerade einmal drei Diebstahlsdelikte verzeichnet, während es im Mülheimer Südbad sechs waren. Im laufenden Jahren sieht es tatsächlich anders aus: bislang nur ein einziger gemeldeter Diebstahl im Südbad, aber schon elf im Heißener Bad.

Sieben Spinde aufgebrochen - Schwimmbad-Mitarbeiter fassten einen Täter

Einen besonders schwerwiegenden Fall gab es laut Polizei am Mittwochabend, 29. Juni 2023, kurz vor Ende der Öffnungszeit: Insgesamt sieben Spinde wurden im Wennmann-Bad aufgebrochen. Das Schwimmbad-Team konnte einen 19-Jährigen festhalten, bei dem verstecktes Bargeld gefunden wurde. Nach dem anderen Täter, auch ein junger Mann, wird noch gefahndet.

SwiMH-Chef Andreas Wildoer sagt zum Thema Diebstähle ganz grundsätzlich: „Im Wennmann-Bad wird nicht mehr gestohlen als in anderen Bädern.“ Eine Zeitlang hätten sich zwar Personen dort aufgehalten, nur um zu stehlen, doch sie seien ermittelt und festgenommen worden. Der SwiMH-Chef ergänzt noch: „Viele Menschen sind auch sehr unvorsichtig, wenn es um die Aufbewahrung ihrer Sachen im Schwimmbad geht.“ Überall, auch im Heißener Bad, stünden etwa Wertschließfächer zur Verfügung.

MSS: Bäderangebot in Mülheim leider unterdurchschnittlich

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Der Mülheimer Sportservice (MSS) hat mit einer sachlichen Antwort auf die Wutmail reagiert. Dort kennt man die Engpässe, die immer wieder zu Frust führen. „Leider ist bei der Grundversorgung ,Schwimmen’ das ganzjährige Bäderangebot in Mülheim im Vergleich zu anderen Städten hinsichtlich Kapazität, Attraktivität und Raumabdeckung unterdurchschnittlich“, schreibt Beatrix Roggenbuck, Abteilungsleiterin unter anderem für das Bädermanagement. „Daher kann es immer wieder zu Einschränkungen bei den einzelnen Nutzergruppen kommen.“

Die harte Kritik am angeblich „versifften“ Wennmann-Bad lässt Roggenbuck so nicht gelten. „Die Wasserwerte werden in regelmäßigen Abständen durch ein unabhängiges Hygieneinstitut geprüft.“ Bei Überschreitung der Grenzwerte greife ggf. das Gesundheitsamt ein. Beschwerden in Sachen Hygiene, Musiklautstärke oder Nutzbarkeit der Schränke sollten dem Personal vor Ort oder dem SwiMH-Geschäftsführer direkt vorgetragen werden, so die MSS-Abteilungsleiterin.

Mülheimerin: „Wir werden uns jetzt wohl an ein anderes Bad suchen“

Der Aquapower-Kurs, der Mutter und Söhnchen so nervt, läuft noch bis Anfang November. Freitag, 14 bis 15 Uhr, Südbad. Auf der Homepage der SwiMH steht jetzt ein expliziter Hinweis: „Bitte beachten Sie, dass für diesen Kurs das Lehrschwimmbecken gesperrt ist...“ Die Information sei auf Anregung der Mutter platziert worden, heißt es in der Stellungnahme des MSS.

Die verärgerte Mülheimerin sagt: „Wir werden uns jetzt wohl ein anderes Schwimmbad suchen.“ In Mülheim dürften sie kaum fündig werden.

Das Friedrich-Wennmann-Bad ist wegen der Grundreinigung bis einschließlich Freitag, 13. Oktober, geschlossen. Das Hallenbad Süd hat während der Herbstferien erweiterte Öffnungszeiten: Mo.-Do. 7 bis 15 Uhr, Fr. 12 bis 19 Uhr, Sa./So. 8 bis 13 Uhr.

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