Mülheim. Böse Überraschung für den Mülheimer Sportservice: Nach einer Steuerprüfung müssen 209.000 Euro nachgezahlt werden. Weitere Rechnungen folgen.

Minuszeichen, Einbußen, Ausfälle - damit muss sich derzeit auch der Mülheimer Sportservice auseinandersetzen. Wie viele Bereiche, hat die Corona-Krise den Sport finanziell schwer getroffen. Im jüngsten Controllingbericht des MSS tauchen aber auch rote Zahlen auf, die nichts mit der Pandemie zu tun haben. Es handelt sich um Nachforderungen des Finanzamtes in deutlich sechsstelliger Höhe.

„Es gibt eine schlechte Nachricht der Verwaltung“: Mit diesen Worten wurde der Bericht kürzlich im Sportausschuss anmoderiert. Am Montag war er noch einmal Thema im Finanzausschuss. Worum genau geht es?

Schlechte Nachricht der Verwaltung

Der Mülheimer Sportservice ist - nach der Reintegration ab 2011 - Teil der öffentlichen Verwaltung. Zugleich sollten aber die Bäder und Sportstätten steuerrechtlich als sogenannte Betriebe gewerblicher Art (BgA) betrachtet werden, wovon man sich finanzielle Vorteile versprochen hat. „Steuerliches Ziel war es unter anderem, Vorsteuerabzug für neue Anlagen, Renovierungs- und Erhaltungsmaßnahmen zu erreichen“, teilt die Stadt auf Anfrage dieser Redaktion mit. „Durch Begründung als Betriebe gewerblicher Art konnten grundsätzlich positive Vorteile generiert werden, wie zum Beispiel eine jährliche Umsatzsteuererstattung.“

Mülheimer Sportservice ist quasi ein Amt

Nach einem Ratsbeschluss vom 21. Juli 2011 wurde die eigenbetriebsähnliche Einrichtung Mülheimer Sportservice reintegriert. Seitdem ist der MSS wieder Teil der Stadtverwaltung, mit einer Amtsleiterin.

Die vormals städtischen Hallenbäder wurden wenig später der gemeinnützigen SWiMH mbh übertragen, um auf diese Weise Personalkosten einzusparen.

Die SWiMH als Zusammenschluss der Mülheimer Schwimmvereine hat 2013 zunächst den Betrieb der Hallenbäder Süd und Nord sowie des Lehrschwimmbeckens an der Rembergstraße übernommen. Anfang 2019 folgte das Friedrich-Wennmann-Bad.

Diese ist aber offensichtlich viel zu hoch ausgefallen, wie sich bei der Steuerprüfung zeigte. Denn die Schwimmbäder und Sportanlagen werden nicht ausschließlich gewerblich genutzt, sondern auch für eigene Zwecke, beispielsweise für den Schulsport. Folge: Umsatzsteuererstattungen, die der MSS in den vergangenen Jahren erhalten hat, müssen teilweise zurückgezahlt werden.

Steuern plus Zinsen für die Jahre ab 2013 müssen nachgezahlt werden

Dabei kommen erhebliche Summen zusammen: Für die Jahre 2013 bis 2016 erhebt das Finanzamt Nachforderungen in Höhe von insgesamt 166.000 Euro für die Sportstätten (Kapitalertragssteuer und Umsatzsteuer plus Zinsen). Außerdem werden Nachzahlungen von insgesamt 43.000 Euro für die Bereitstellung der Bäder fällig, das macht alles in allem rund 209.000 Euro für den Zeitraum 2013 bis 2016.

Auf eine weitere Rechnung über 74.000 Euro muss sich der MSS für 2017 gefasst machen. „Auch die Jahre 2018, 2019 müssen noch einmal aufgerollt werden“, erklärte MSS-Amtsleiterin Martina Ellerwald vor den Sportpolitikern. Ausschussvorsitzender Eckart Capitain (CDU) schlug vor, sofort jährliche Rückstellungen in Höhe von 74.000 Euro zu bilden. Dies wurde von Seiten der Verwaltung zugesagt.

MSS weiß noch nicht, woher das Geld kommen soll

Die aktuellen Rechnungen sind damit aber noch nicht bezahlt. „Wir müssen das Geld irgendwoher nehmen. Woher, wissen wir noch nicht“, so Beatrix Roggenbuck, Abteilungsleiterin beim MSS für Personal und Finanzen. Überwiegende Meinung in der örtlichen Politik ist wohl, dass die Stadt in die Bresche springen soll. „Es kann nicht sein, dass der Sport diese Gelder erwirtschaften muss“, meint beispielsweise Werner Oesterwind (CDU). „Alle bisherigen Einsparungen sind schließlich auch in den allgemeinen Etat geflossen.“

Im jüngsten Bericht des Stadtkämmerers zur Haushaltslage tauchen unter „sonstigen Aufwendungen aus laufender Verwaltungstätigkeit“ bereits 200.000 Euro auf: „Nachforderung des Finanzamtes aufgrund einer Steuerprüfung der Betriebe gewerblicher Art für die Jahre 2013 bis 2016“. Ungeachtet der hohen Rechnungen will der Mülheimer Sportservice an der bisherigen Praxis festhalten, seine Anlagen als „Betriebe gewerblicher Art“ zu deklarieren. „Trotz dieser Rückzahlung können wir weiterhin Vorteile verzeichnen“, heißt es knapp.