Mülheim. Mit dem Insolvenzverfahren der Mülheimer Pia-Stadtdienste gGmbH ist die Zukunft vieler Dienstleistungen in der Stadt offen. So ist die Lage.
Es hatte sich in den vergangenen Monaten bereits angekündigt, nun ist es auch gerichtlich offiziell: Das Insolvenzverfahren der Pia-Stadtdienste gGmbH ist am 1. August durch das Amtsgericht Duisburg eröffnet worden. Davon unmittelbar betroffen sind in Mülheim 130 Mitarbeitende der Paritätischen Initiative für Arbeit, sie sind unter anderem an den Radstationen des Hauptbahnhofs und Bahnhofs Styrum, in städtischen Geflüchtetenunterkünften und dem Kiosk im Arche Park im Witthausbusch tätig.
„Leider war es unvermeidlich,“ heißt es von Sozialdezernentin Daniela Grobe. Die Stadt bedauere den Schritt. Bereits im März war über das Vermögen der Pia-Dienstleistungszentrum gGmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Nach einer Übertragung der Leistungen auf die Pia-Stadtdienste gGmbH befindet sich nun diese im Insolvenzverfahren. Frank Schellberg, Geschäftsführer der Pia Stadtdienste gGmbH, verweist auf Nachfrage auf Stadt und Insolvenzverwalterin als Ansprechpartnerinnen – zum laufenden Verfahren äußere er sich derzeit nicht. Rechtsanwältin Tanja Bückmann vom Oberhausener Rechtsanwaltsbüro Schwentker Bückmann ist zur Insolvenzverwalterin bestellt worden und ist rein rechtlich nun die Arbeitgeberin der Pia-Beschäftigten.
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„Wir arbeiten eng mit der Insolvenzverwaltung zusammen und tun als Stadt das, was machbar ist, um nicht nur für die Pia und ihre Mitarbeitenden, sondern auch für die Bürgerinnen und Bürger und die Stadtverwaltung Lösungen für die von der Pia bisher erbrachten Dienstleistungen zu finden“, so Daniela Grobe. Nichtsdestotrotz: Die Möglichkeiten der Verwaltung seien beschränkt. Als Stärkungspakt-Kommune könne Mülheim die Pia nicht mit zusätzlichen finanziellen Mitteln unterstützen, „weil es uns gesetzlich untersagt ist, neue freiwillige Leistungen zu erbringen“, so Grobe. Denn anders als es der Name Pia Stadtdienste gGmbH vermuten lässt, handelt es sich nicht um ein städtisches, sondern um ein eigenständiges Unternehmen.
Von dem Insolvenzverfahren betroffen sind neben den rund 130 Mitarbeitenden auch 60 Kräfte aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Angaben der Stadt zufolge sind sie am Montag in einer Versammlung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert worden. Dabei sollen sie ihre Bereitschaft erklärt haben, den Betrieb aufrecht erhalten zu wollen.
Mülheimer Pia-Stadtdienste: Betrieb soll zunächst normal weiterlaufen
Großer Bestandteil des Geschäftsmodells der Pia ist die Beschäftigung geförderter Arbeitskräfte. Ihre Zukunft ist ungewiss: Durch die Einführung des Bürgergeldes und der damit verbundenen Neuausrichtung in der Beratung und Vermittlung könne das Jobcenter keine verbindlichen Zusicherungen machen, so Grobe. Finanzielle Kürzungen des Bundes seien bereits angekündigt. Insolvenzverwalterin Tanja Bückmann erklärt, dass die 60 Kräfte aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zwar keine Angestellten der Pia seien, aber dennoch mit in der Fortführung berücksichtigt werden sollen. „Dazu sind weitere Gespräche erforderlich“, so die Juristin.
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Wie äußert sich das Insolvenzverfahren nun bei den von der Pia betriebenen Angeboten und Dienstleistungen in der Praxis? Trotz der Eröffnung des Verfahrens läuft der Betrieb an sämtlichen Stellen erst einmal ganz normal weiter – so zumindest der Plan. Die Insolvenzverwaltung wolle in den nächsten Wochen versuchen, die rentablen Bereiche des Unternehmens zu sanieren. Das soll entweder durch übertragende Sanierung auf einen Dritten oder mehrere Dritte oder mit Hilfe eines Insolvenzplans aus sich selbst heraus umgesetzt werden. Gleichwohl bemühe sich die Insolvenzverwaltung auch für die unrentablen Bereiche um Lösungen.
Welche Bereiche als lukrativ eingestuft werden und welche nicht – dazu will sich die Insolvenzverwalterin nicht äußern, „zum Schutze der Arbeitskräfte“. Die Situation sei für sie ohnehin mit einer Ungewissheit verbunden, man sei aber bemüht, möglichst viele Bereiche zu erhalten. „Wir stecken in der Angebotsphase und schauen, was sich übertragen oder auf andere Weise retten lässt.“ Wie lange diese Phase voraussichtlich noch andauern wird, lasse sich nicht sagen. „Wir stehen aber in engem Austausch mit der Stadt“, so Tanja Bückmann.