Mülheim. Nach knapp drei Jahren ist für Mülheims einzigen Bio-Metzger „Hennes“, ehemals „Schacht“, endgültig Schluss. Was die Gründe für das Aus sind.

Es war damals das Ende einer Ära: Nach 30 Jahren ging Metzgermeister Wolfhard Schacht als Gründer und Namensgeber in den Ruhestand. Der neue Inhaber der damaligen Metzgerei „Schacht“: Thomas Thönes. Als langjähriger Geschäftspartner der Familie Schacht und Geschäftsführer des kooperierenden Unternehmens „Naturverband“ aus Wachtendonk hatte er den Traditionsbetrieb übernommen. Nun zieht er nach knapp drei Jahren einen Schlussstrich, am Samstag öffnet der Laden an der Aktienstraße zum letzten Mal.

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Unter dem Namen „Hennes“ hatte Thönes das vierköpfige Personal übernommen, einen eigenen Metzgereibetrieb als solchen gab es unter dem Dach nicht mehr, die Zulieferung erfolgte aus Wachtendonk, wo der „Naturverband“ ansässig ist. Und auch wenn es mit Corona und Lockdowns keine einfachen Zeiten waren, in denen der Unternehmer den Betrieb übernommen hatte, „es lief zunächst wirklich gut.“ Vor allem von der Stammkundschaft profitierte „Hennes“, die über die Jahrzehnte neben der Qualität des Bio-Fleisches gerade auch den Service zu schätzen wusste.

Mülheimer Metzger schließt: „Hatten eine treue Kundschaft“

„Wir hatten hier eine treue Kundschaft und ein tolles Team“, sagt Thomas Thönes. Eine aus dem Team ist Margret Frerix. Die Fachverkäuferin stand mehr als 30 Jahren bei „Schacht“ und später dann bei „Hennes“ hinter der Theke. „Es war eine sehr schöne Zeit“, sagt die gelernte Verkäuferin, die dem Fach nach dem Aus ihres langjährigen Arbeitgebers unbedingt treu bleiben möchte und sich nun auf die Suche nach einer Stelle bei einem Metzger macht. „Ich bin da aber optimistisch, Fachkräftemangel gibt es überall.“ Bio-Metzger dafür umso weniger.

Mit „Hennes“ schließt der letzte seiner Art in Mülheim. Wer Bio-Qualität aus einem Fachbetrieb samt persönliche Beratung möchte, muss künftig nach Oberhausen oder Essen ausweichen. „Gerade in Essen liegen die Preise beim Bio-Metzger sicherlich um ein Drittel höher als hier“, sagt Thönes. Dass sich das Geschäft in Mülheim nicht halten konnte, dafür macht er mehrer Gründe aus. „Wir haben hier zunächst keine einfache Lage. Parken ist schwierig, Laufkundschaft gibt es keine.“ Immerhin, Straßenbahn und Bus halten einen Steinwurf entfernt, „aber das allein reicht nicht“. Der Kundschaft könne und wolle Thönes keinen Vorwurf machen. „Bio-Ware hat nun mal seine Nische, es reichte nicht.“

Wurstwaren, Schinken und Fleisch: Alles in Bio-Qualität.
Wurstwaren, Schinken und Fleisch: Alles in Bio-Qualität. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Mülheimer kauften besonders gerne Hack, Roastbeef und Schweinefilet

Was die Stammkundschaft an Ertrag reingebracht hat, sei dann schließlich der Inflation und ihren Folgen zum Opfer gefallen. Besonders beliebt laut Fachfrau Margret Frerix: „Rostbeef, Hack, wer es sich leisten konnte; Steak, Rouladen und Schweinefilet.“ Doch gerade die Preise für Schweinefleisch seien stark angezogen und damit das Kaufinteresse der Kundschaft auch gesunken. Im Gegensatz zum Rind koste Schwein in der Produktion durch gestiegene Energiekosten deutlich mehr: „Ein Schwein wird im Schlacht-Prozess gebrüht, das Wasser muss dafür 63 Grad warm sein.“ Ein weiterer Faktor: „Um auch die letzten Borsten zu entfernen, wird die Haut mit Feuer abgeflemmt. Dafür braucht es Gas. Und wir wissen alle, wie sehr da die Preise explodiert sind.“

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Letztlich habe aber auch das allein nicht den Ausschlag gegeben. „Viele Kunden haben mir gesagt, dass sie weniger Fleisch kaufen, weil sie es sich nicht leisten können“, erzählt Margret Frerix. „Ich fand’s gut, dass sie ehrlich waren. So wusste ich, dass es nicht an uns liegt.“ Ein Kunde, der in den im Stile der 90er eingerichteten Laden hereinspaziert und ein Kilo Hack bestellt, bestätigt das: „Schade! Ich war immer sehr zufrieden und die Qualität war immer richtig gut.“ Margret Frerix nickt. „Danke, das freut mich. Ich habe ihnen noch 100 Gramm extra reingepackt!“

“Beim letzten tag möchte ich aber meinen Chef da haben“, sagt Margret Frerix. „Na klar, versteht sich von selbst“, antwortet Thomas Thönes.
“Beim letzten tag möchte ich aber meinen Chef da haben“, sagt Margret Frerix. „Na klar, versteht sich von selbst“, antwortet Thomas Thönes. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Die Entscheidung, so Thomas Thönes, sei eine rein kaufmännische gewesen. „Als ich die Bilanz für 2022 hatte, wusste ich, dass so nicht mehr weitergeht.“ Die Umsätze seien um etwa 70 Prozent gesunken. Ein Umstand, der sich auch durch Marketingmaßnahmen nicht mehr ausgleichen ließ. „Es war richtig, den Laden zu übernehmen. Aber wenn wir hier nicht gefragt sind, muss ich das einsehen“, so der Unternehmer.

„Nur um das Team tut es mir leid, das sind alles tolle Menschen. Wer Frau Frerix als Arbeitskraft gewinnt, kann sich glücklich schätzen“, sagt Thönes. „Das Fachwissen ist Wahnsinn, aber was noch besser ist: dieses Herzliche, Menschliche.“ Lernen könne man das nicht. „Sie ist einfach ein wunderschönes Gesamtkunstwerk.“ Der Chef und seine Angestellte stehen Arm in Arm in dem Laden, schauen sich in die Augen, beide lächeln.

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