Mülheim. Etliche Bäume an Mülheimer Waldwegen hat der RVR zur Fällung markiert. Fallen sie wirklich alle? Die zuständige Amtsleiterin äußerte sich nun.

Dass ein Betrieb im Auftrag der Stadt Mülheim jüngst hunderte Bäume in Mülheimer Wäldern – im Witthausbusch, im Dennebusch und in Mintard/Am Stoot – unter anderem mit einem Symbol zur Fällung markiert hat, hat bei Bürgerinnen und Bürgern die Sorge vor einem Kahlschlag wachsen lassen. Umweltamtsleiterin Ulrike Bresa erklärte nun, wie es weitergeht.

Im Laufe der vergangenen Wochen waren in benannten Wäldern leuchtend-auffällige Markierungen aufgetaucht, häufig auch jenes Symbol „X“ oder „/“, das eine Fällung empfiehlt. Anfang April hatte die Stadtverwaltung dann zunächst einmal nur erklärt, dass der Regionalverband Ruhr (RVR) von ihr mit einer entsprechenden Prüfung zur Verkehrssicherungspflicht beauftragt worden sei, weil der stadteigene Forstbetrieb dies wegen Personalengpässen aktuell nicht leisten könne.

In Mülheims Witthausbusch hat der RVR 84 zu fällende Bäume ausgemacht

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Die Vielzahl an Fällmarkierungen, dazu noch zur Brutzeit, ließ aber aufhorchen. Allein im Witthausbusch waren bei den routinemäßig zweimal im Jahr vorgesehenen Prüfungen mehr als 400 Markierungen am Wegesrand zu entdecken. Sollen all diese Bäume fallen?, fragten sich da Spaziergänger. Anfang April ließ die Verwaltung wissen, dass sicher keine 400 Bäume im beliebten Naherholungsgebiet der Säge zum Opfer fallen würden.

Nun nannte Umweltamtsleiterin Ulrike Bresa auf Nachfrage dieser Redaktion präzise Zahlen: Im Witthausbusch habe der RVR von seinen Fachleuten „454 Bäume kontrolliert und markierte mit der Einschätzung, dass eine Fällung vorgesehen werden sollte, 86 Bäume.“. Eine wahrhaft große Hausnummer, wäre doch fast jeder fünfte Baum am Wegesrand angezählt.

Waren Baumprüfer in Mülheim übervorsichtig am Werk?

Der Witthausbusch – ein beliebtes Naherholungsgebiet in Mülheim.
Der Witthausbusch – ein beliebtes Naherholungsgebiet in Mülheim. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Bresa vermag nicht zu sagen, ob jemals zuvor solch eine hohe Zahl schadhafter Bäume vor Ort ausgemacht worden sei. „Die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre müssen wir erst auswerten.“ Natürlich könnten extreme Wetterlagen mit Dürren, Starkregen oder Stürmen immer auch eine höhere Zahl zu fällender Bäume begründen. Für die aktuelle Lage gebe es aber noch keine Erklärung, es laufe im Witthausbusch die Nachprüfung seitens des städtischen Forstbetriebes.

Das aufwendige Verfahren (die doppelte Prüfung) habe seine Berechtigung, erklärt Bresa. Erstmals überhaupt habe man Prüfungen extern vergeben, weil im eigenen Forstbetrieb nur 50 Prozent der Stellen besetzt seien und man mit vorhandenem Personal der Aufgabe, die Verkehrssicherheit in 1012 Hektar städtischem Wald zu prüfen, „nicht Herr werden kann“. Die hohe Zahl der beanstandeten Bäume könne nun auch dem Umstand geschuldet sein, dass die Fachleute des RVR den Mülheimer Wald „noch nicht kennen“, womöglich zur Risikominimierung auch den einen oder anderen Baum zur Fällung markiert hätten, der trotz Schäden womöglich noch einige Jahre standsicher sei.

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„Die Forstverwaltung kommt in einigen Fällen zu anderen Ergebnissen.“

„Unsere Leute kennen die Bäume“, kündigt Bresa an, dass der Forstbetrieb nun noch einmal mit den RVR-Kollegen Baum für Baum besprechen werde. Schon jetzt sagt Bresa: „Die Forstverwaltung kommt in einigen Fällen zu anderen Ergebnissen.“ An einen Kahlschlag glaubt sie nicht.

Die Nachkontrolle im Witthausbusch soll Ende Mai abgeschlossen sein. Für den Saarner Dennebusch und die Waldbereiche in Mintard steht diese Nachkontrolle noch aus. Bresa vermag aktuell auch noch keine Zahlen nennen, wie viele Bäume die RVR-Experten dort gefällt sehen wollen. Sie betont aber, dass die eigenen Forstleute mit den Nachkontrollen das Ziel hätten, Bäume so lange wie möglich zu erhalten.

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Mülheimer Amtsleiterin: „Wir stellen alle noch einmal zur Diskussion“

Aktuell gehe es auch darum, mit dem externen Auftragnehmer eine gemeinsame Linie, gemeinsame Kriterien bei der Bewertung von Bäumen zu finden, sieht Bresa offensichtlich Abstimmungsbedarf. Zu den Markierungen sagt sie: „Wir stellen alle noch einmal zur Diskussion, weil uns die Zahlen auch sehr hoch vorkommen.“ Sie stellt klar, dass ohne Zustimmung des Forstbetriebes an keinem Baum die Säge angesetzt werde. Die Personalprobleme im Forstbetrieb begründen wohl die späten Prüfungen, die Fällungen zur Vogelschutzzeit zur Folge haben werden. Bresa betont aber, dass bei den aktuellen Nachkontrollen immer auch Thema sein werde, „ob die Fällung bis zum Winter und damit außerhalb der Brutzeit oder noch länger warten kann, bei engmaschiger Kontrolle“.

Wie viele Bäume am Ende im Witthausbusch gefällt werden, womöglich auch nach Auftragsvergabe an den RVR, wird sich also noch zeigen müssen. Nachpflanzungen in Wäldern sind – anders als in Parks – nicht vorgesehen, sagt Bresa mit Blick darauf, dass alle aktuell untersuchten Bereiche als Forst eingestuft seien. Man setze hier auf „natürlichen Aufwuchs“. Ob die Wälder am Ende im Erscheinungsbild erheblich beeinträchtigt sein werden, ist laut Bresa noch nicht absehbar. Schließlich sei es bei den Fällungen „ein gravierender Unterschied, ob es sich um 86 oder nur um die Hälfte handeln wird“. Natürlich sei es so, dass ein Wald vornehmlich durch die Stattlichkeit seiner Bäume geprägt sei. „Dementsprechend eindrucksvoll ist ihr Verschwinden“, so die Amtsleiterin.

Prüfungen durch den RVR in Mülheim sind vorerst gestoppt

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Dass die routinemäßigen Prüfungen nun für reichlich Unmut bei Bürgern gesorgt haben, erklärt sich Bresa dadurch, dass der RVR bei seinen Arbeiten sehr auffällig mit Leuchtfarben markiert habe, der eigene Forstbetrieb habe dies in der Vergangenheit stets dezenter, auch eher an weniger sichtbaren Stellen der Bäume, gemacht. In Zukunft werde ihr Amt schon vor anstehenden Prüfungen öffentlich informieren, kündigte Bresa an. Aktuell seien die Prüfungen durch den RVR vorerst gestoppt. Man wolle zunächst einmal die Nachkontrollen abschließen, heißt es.