Mülheim. Im Mülheimer Witthausbusch und im Saarner Dennebusch sind rund 700 Bäume mit einem Punkt oder X markiert. Stehen Fällungen im großen Stil an?
Für Aufregung im Witthausbusch sorgen just massenhaft Markierungen an Bäumen – mal ein X, mal ein Punkt sind auf die Rinden gesprüht, vor allem aber die darunter stehenden Zahlen geben Rätsel auf: „444“ hat eine Spaziergängerin an der Mendener Höhe im unteren Bereich des beliebten Waldstücks entdeckt. Die Sorge, dass hier hunderte Bäume demnächst gefällt werden könnten, ist groß. Die Stadt und der von ihr beauftragte RVR bleiben auf mehrfache Anfrage hin vage.
„Es sind auf gar keinen Fall 400 Bäume, die zur Fällung anstehen“, antwortet die Pressestelle der Stadt. Die Stadt habe den Regionalverband Ruhr mit der Baumkontrolle im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht im städtischen Forst beauftragt. Der stadteigene Forstbetrieb sei aus personellen Gründen zurzeit nicht in der Lage, diese Arbeiten mit eigenem Personal zu leisten.
Stadt Mülheim will sich zu Fällungen im Witthausbusch nicht festlegen
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Die Mitarbeiter des RVR hätten den Auftrag, Bäume an den Waldwegen, Trampelpfaden, an Bänken und entlang der Tiergehege zu kontrollieren. Die Kontrolle sei – so die Auskunft der Stadt – auch in der Schonzeit erlaubt, da eine mögliche Gefahr durch Bäume höher zu bewerten sei als der von März bis Oktober geltende Brutschutz.
Bei der „Vollkontrolle“ werde nicht nur nach möglichen Gefahren durch Totholz geschaut, sondern auch bewertet, ob der Baum nicht ganz gefällt werden muss. Welche Aussage ein Punkt oder ein „X“ über den Zustand der Bäume treffen, die auf etlichen Stämmen in Grün gesprüht wurden, will allerdings weder die Stadt noch der RVR beantworten. Die RVR-Pressestelle verweist auf die Zuständigkeit des Auftraggebers Stadt, die Stadt verweist auf den RVR als ausführende Experten.
Auch die Frage nach der Anzahl der zu fällenden Bäume beantwortet man ausweichend damit, dass die Kontrollen ja nicht abgeschlossen seien und die Auswertung durch die Revierleitung im Amt für Umweltschutz erfolgen werde. Anschließend werde über eine Fällung entschieden. Bei der Fällzahl will man sich nur so weit festlegen: keine 400 Bäume.
Auch im Saarner Dennebusch sind bislang über 200 Bäume markiert
Vor Ort aber sind Mitarbeiter auskunftswilliger: Der Punkt bedeute, es werde nur Totholz entfernt, ein „X“ oder ein „\“ bedeute Fällung, habe ein Bürger als Antwort erhalten.
Und dies ist nicht die einzige Stelle, an der der RVR gerade umfassend kontrolliert. Seit Montag sind die Mitarbeiter im Saarner Dennebusch unterwegs, melden Bürger der Redaktion. Bis Donnerstag seien gut 200 Bäume markiert worden, rund 40 davon seien mit einem X oder Strich versehen. Und man sei mit der Kontrolle erst bei etwas mehr als der Hälfte angelangt, so die Auskunft.
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„Wie wird das hier aussehen, wenn man fertig ist?“, fragt sich ein Spaziergänger im Dennebusch angesichts dessen, dass nach aktuellem Stand ein Fünftel der beanstandeten Bäume gefällt werden könnten. Die Stadt werde wohl zumindest hier kaum eine Wahl haben, ob sie diese stehen lässt, selbst wenn sie mittendrin wachsen. Denn der Dennebusch soll als „Park“ eingestuft sein, so die Auskunft eines RVR-Mitarbeiters. Hier habe die Stadt eine strengere Verkehrssicherungspflicht als im Wald. Für gefährdete Bäume soll, gemessen an ihrer Größe, ein doppelter Abstand zum Weg gelten, um stehen bleiben zu können. Bei den vielen Wegen im Dennebusch gilt die Fällung als wohl kaum vermeidbar.
Umweltausschuss und Beirat überrascht von umfangreicher Maßnahme
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Dass eine solche umfassende Begutachtung ansteht, kommt sowohl für den Naturschutzbeirat als auch den Umweltausschuss überraschend, wie auf Anfrage Beiratsmitglied Dietrich Rohde mit Verwunderung bestätigt: „Es wäre gut und richtig gewesen, den Naturschutzbeirat über die Maßnahme zu informieren“, vermisst dieser nicht zum ersten Mal eine transparente Informationspolitik der Verwaltung. Rohde will das Thema im Arbeitskreis Wald zur Sprache bringen, denn auch dort ist offenbar nicht darüber informiert worden.
Die Vorsitzende des Umweltausschusses, Brigitte Erd (Grüne), trifft die Nachricht ebenfalls unvermutet: „Es könnte vielleicht im Zusammenhang der Inventarisierung des Waldes am Witthausbusch durch den RVR zu tun haben“, spekuliert sie.