Mülheim. Lange wurde es gemunkelt, nun ist es Gewissheit: Sie Mülheimer Heilig Geist-Kirche ist am Ende. Die Suche nach Investoren ist bereits im Gange.
Nach der Frohen Botschaft hörten die Besucher des Gottesdienstes in Heilig Geist am Sonntagvormittag eine Hiobsbotschaft: „Heilig Geist kann nicht länger aus den kirchlichen Haushaltsmitteln finanziert werden – es muss daher ein Investor für eine Nachfolgenutzung gefunden werden“, teilte Lektor Lukas Lamberti den rund 50 Gemeindemitgliedern mit. Im Rahmen des Pfarreientwicklungsprozesses war jahrelang versucht worden, diesen Schritt abzuwenden und eine kirchennahe Lösung zu finden. Nun aber ist klar: Auch diese Mülheimer Kirche wird aufgegeben.
Bevor Pfarrer Michael Janßen den Schlusssegen spendete, sagte er: „Ich hätte mich gefreut, wenn eine Nachfolgenutzung als Urnen- oder Jugendkirche, als ökumenisches Gemeindezentrum oder als sozial-karitative und kulturelle Einrichtung möglich gewesen wäre.“ Er bedanke sich bei allen, „die über eine sinnvolle Nachfolgenutzung der Kirche nachgedacht haben – und weiter nachdenken“.
Mülheimer Katholiken diskutierten viele Ideen, letztlich aber wurden alle verworfen
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Diskutiert wurde in der Vergangenheit etwa über eine Jugendkirche, die sich an Menschen zwischen 16 und 30 wendet. „Eine solche gibt es nun aber in Duisburg“, weiß Bernd Hammling, Verwaltungsleiter der Mülheimer Gemeinde St. Mariae Geburt, zu der Heilig Geist seit 2006 gehört. Die bessere Anbindung an den Nahverkehr hatte den Ausschlag für diesen Standort gegeben. Auch über einen ökumenischen Ansatz habe man nachgedacht – „doch auch die evangelische Kirche befindet sich ja in einem Verschlankungsprozess“. Verworfen wurde zudem die Idee, die Kirche womöglich über finanzielle Mittel aus dem Kirchbauverein zu erhalten: „Der Verein hat sich zwischenzeitlich altersbedingt aufgelöst.“
Auch über eine zweite Mülheimer Urnenkirche – ein so genanntes Kolumbarium, wie es bereits eines in Styrum gibt –, wurde intensiv debattiert. „Doch das war letztlich aus finanziellen und rechtlichen Gründen nicht möglich“, sagt Hammling.
Gemeindemitglieder sprechen mit der Redaktion, machen ihrer Enttäuschung Luft
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Die traurige Kunde beschäftigt die Kirchbesucher: Einige Gemeindemitglieder wollen nicht nach Hause gehen, kommen miteinander und mit der Redaktion ins Gespräch, machen ihrer Enttäuschung Luft: „Ich bin traurig, auch wenn die Entscheidung schon lange im Raum stand“, sagt etwa Klara Breiltgen. „Der Weg nach St. Mariae Geburt wird für uns lang und unser Gemeindeleben geht auseinander. Ich hätte mich gefreut, wenn Heilig Geist als Kolumbarium genutzt werden könnte, um dann auch einen Gottesdienstraum zu erhalten.“
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Werner Gerbener glaubt, dass Corona „viel kaputt“ gemacht hat und dass das angestrebte Zusammenwachsen mit den Gläubigen aus St. Mariae Geburt im Stadtzentrum wohl zu deutlich mehr Anonymität führen wird. „Es ist schade, wenn die Kirche aufgegeben wird, weil in Holthausen, Menden und Raadt viele Familien mit Kindern wohnen.“ Auch seine Frau Edith bedauert, dass das Bistum das Kolumbarium nicht ermöglicht habe. „Jetzt wird unser Gemeindeleben den Bach runtergehen.“
„Alles wird viel anstrengender für uns werden“, fürchten die Gemeindemitglieder
„Alles wird viel anstrengender für uns werden“, befürchtet auch Verena Rützel. Sie wünscht sich, „dass alle noch einmal darüber nachdenken, was möglich ist, um eine Nachfolgenutzung unter Einschluss eines kirchlichen Raumes zu realisieren“.
Man werde am Standort „so lang wie möglich“ Gottesdienste feiern und das Gemeindeleben aufrechterhalten, verspricht unterdessen Verwaltungsleiter Hammling. Vielleicht sei das ja auch über den Verkauf hinaus noch möglich: „Das hängt sehr vom Konzept des neuen Eigentümers ab.“ Das Bistum habe auf jeden Fall signalisiert, dass es bereits „reges Interesse“ an dem Ensemble an der Zeppelinstraße gebe. Aktuell gehören dazu auch die Bücherei, der Gemeindesaal und die Kita. Letztgenannte werde in jedem Fall erhalten, möglicherweise sogar ausgebaut.
Kirche und Glockenturm von Heilig Geist stehen unter Denkmalschutz
Kirche und Glockenturm, die Ende der 60er Jahre gebaut worden sind, werden auch über die Schließung hinaus das Bild des Stadtteils prägen, sie stehen unter Denkmalschutz. Man strebe „eine kulturelle oder sozial karitative Weiterverwendung der Immobilie“ an, sagt der Verwaltungsleiter – „eine wohnwirtschaftliche Nutzung ist aber auch nicht ausgeschlossen“.
Die Betroffenen können sich damit indes noch nicht anfreunden. Elke Tietze warnt, „es ist viel leichter, eine Kirche zuzumachen, als sie wieder aufzumachen“. Falko Meier hätte es gut gefunden, „wenn wir früher an die Öffentlichkeit gegangen wären“. Denn in Holthausen gebe es „genug Katholiken, die so viel Geld haben, dass man bei ihnen hätte anklopfen können, um mit ihren Spenden einen Weiterbetrieb der Kirche zu ermöglichen“.
„Hoffentlich bleibt uns wenigstens eine Kapelle als Ort der Spiritualität erhalten“
Für Herbert Bösing wäre es sinnvoller, das kompakte Gebäudeensemble von Heilig Geist zu erhalten, als das Geld in eine mittlerweile zu groß gewordene Marienkirche zu investieren. In Zeiten sinkender Kirchenmitgliedszahlen sei diese „ein Fass ohne Boden“.
Norbert Hendriks hofft derweil, dass in Heilig Geist zumindest eine Kapelle als Ort der Spiritualität erhalten bleibt. „Wir wissen ja, dass sich die religiöse Landschaft verändert hat. Wir müssen uns aber auch weiterhin fragen, was uns wichtig ist.“