Mülheim. Der neue Treffpunkt für Kaffee-Fans in Mülheims City ist kein Café, sondern Werkstatt und Shop. Spezialität: Renovierte, edle Espressomaschinen.

Um einen Kaffee aus frischen Bohnen zuzubereiten, genügt eine Handmühle, ein Filter, vielleicht klassisch aus weißem Porzellan, ein Kännchen, Papier. „Handfiltern ist hip“, sagt André Hartung, der kürzlich am Kohlenkamp 45 sein Geschäft „Kaffeerausch“ eröffnet hat. „Wie es die Oma schon gemacht hat.“ Das Zubehör verkauft er in seinem Laden. Und einiges mehr.

Der wirkungsvolle Blickfang – und die große Leidenschaft des 36-Jährigen – sind mächtige, chromglänzende Maschinen. Bevorzugt italienische Fabrikate von FAEMA oder La Cimbali, häufig Geräte, die älter sind als er selbst. André Hartung repariert und wartet Siebträger-Espressomaschinen und elektrische Kaffeemühlen. Mit Hol- und Bringservice, wie er betont, denn manche Geräte sind zentnerschwer. Er verkauft „Refurbished-Produkte“, renovierte Maschinen: Dies sei preisgünstiger und nachhaltiger als ein Neukauf. Und hochwertige Geräte halten jahrzehntelang.

Neueröffnung „Kaffeerausch“ im Mülheimer Wallviertel

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Auf die Qualität ihres Kaffees legen immer mehr Menschen Wert – sie hängt von verschiedenen Faktoren und Fähigkeiten ab. Barista wird zum Trendberuf, Kaffeekultur zum zeitgemäßen Geschäft. André Hartung hat seinen Laden im Mai 2022 angemietet – zunächst befristet, mit Verlängerungsoption. Genaue Zeiträume möchte er nicht öffentlich nennen. In den ersten sechs Monaten profitierte er – unterstützt von Citymanagerin Gesa Delija – vom NRW-Förderprogramm „EG Neu – Dein Quartal für Dein Quartier“. Das Projekt hat schon mehrere Neuzugänge im Wallviertel erleichtert. Hartung brauchte aber lange zur Renovierung, denn noch fährt er zweigleisig und arbeitet Teilzeit in seinem Hauptberuf als Elektromeister. Offiziell eröffnet hat er am 16. November vergangenen Jahres.

Im „Kaffeerausch“ am Kohlenkamp 45 in Mülheim gibt es eine Auswahl an geröstetem Bio-Kaffee. Inhaber André Hartung bietet auch Barista-Kurse an, für Privatleute und Profis aus der Gastronomie.
Im „Kaffeerausch“ am Kohlenkamp 45 in Mülheim gibt es eine Auswahl an geröstetem Bio-Kaffee. Inhaber André Hartung bietet auch Barista-Kurse an, für Privatleute und Profis aus der Gastronomie. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Als Bochumer hatte er zuvor in seiner Heimatstadt nach einem geeigneten Standort gesucht – erfolglos. Als er zum ersten Mal nach Mülheim kam, um das Ladenlokal am Kohlenkamp zu besichtigen, gefiel ihm besonders der Unverpacktladen Püngel & Prütt: „Ich dachte, vom Angebot und von der Klientel her passt das gut zu dem, was ich anbieten möchte.“ Beispielsweise verkauft André Hartung gerösteten Kaffee in Bioqualität, produziert in Mittelamerika oder Äthiopien. Doch noch während er renovierte, musste Püngel & Prütt schließen. Diese nette Nachbarschaft war vorbei, ehe sie richtig begann.

Gebrauchte Espressomaschinen werden renoviert

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Doch André Hartung krempelt die Ärmel hoch. Gebrauchte Espressomaschinen findet er im Internet. Zu seinen Neuerwerbungen gehört eine wuchtige FAEMA-Maschine mit zwei Brühgruppen, Baujahr 1961, etwa 60 Kilo schwer. Äußerlich sieht das professionelle Gastro-Gerät noch passabel aus, doch Hartung wird es komplett zerlegen müssen, Bauteile ersetzen, brüchige Kabel erneuern und Kupferteile entkalken. „Wahrscheinlich 20 Stunden Arbeit“, schätzt er. Verkaufen könne er die renovierte Maschine dann vielleicht für 3500 Euro.

Tatsächlich stellen sich nicht nur Cafébetreiber aufpolierte Großkaliber auf die Theke. In manchen privaten Haushalten sind Kaffeemaschinen zu Statussymbolen aufgestiegen. „Es ist eher ein Männerding“, meint André Hartung. „Möglichst groß und prunkvoll – manche Männer mögen sowas.“

Geräte nach Geschmack: Groß und prunkvoll oder möglichst klein

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Andere Kundinnen und Kunden fragen nach möglichst kleinen Geräten. Man benötige jedoch ein Mindestvolumen für die Qualität, erklärt Hartung. Bei „Kaffeerausch“ gibt es echte Siebträgermaschinen schon ab 350 Euro – aus zweiter Hand und mit einem kleinen Haken. Denn eine hochwertige Kaffeemühle, fast ebenso teuer, wird extra benötigt. „Daran sollte man nicht sparen“, rät der Fachmann, „sonst kriegt man mit der besten Maschine keinen guten Espresso hin.“

Ihn selber habe die Kaffee-Leidenschaft vor etwa einem Jahrzehnt im italienischen Ligurien gepackt, wo er häufig Urlaub macht, berichtet André Hartung. In einem Ferienhaus stand eine winzige Siebträgermaschine, an der sich der junge Mann aus dem Ruhrgebiet versuchte – anfangs mit desaströsen Folgen: „Die komplette Wand war mit Kaffee besprenkelt.“ Aber sein Ehrgeiz war erwacht und der Wunsch lebendig, einen Espresso in der Qualität zuzubereiten, wie ihn italienische Cafés servieren, „sogar die Autobahnraststätten“. Wieder daheim kaufte er sich seine erste eigene Siebträgermaschine und stieg immer intensiver in die Kaffee-Kunde ein.

Kurse und Workshops

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Seine ursprüngliche Idee, ein Café im italienischen Stil zu eröffnen, hat André Hartung noch nicht umgesetzt. Im „Kaffeerausch“ gibt es keine Gästetische, keinen Ausschank. Aber er bietet Workshops an: einen Kurs „Barista Basic“ (etwa vier Stunden, 95 Euro) und ein „Coffee Tasting“ (etwa zwei Stunden, 59 Euro), jeweils mit selbst gemachten Snacks. Hartung selbst trinkt übrigens am liebsten klassischen Espresso.

Kaffeerausch, Kohlenkamp 45, geöffnet mittwochs und freitags von 10 bis 18 Uhr. Mobil: ​0176-56 888 272, Mail: info@kaffeerausch.bio, Instagram: kaffeerausch.bio. Weitere Infos und Termine auf der Website www.kaffeerausch.bio.