Mülheim/Essen. Nach erfolgreichem Start in Essen expandiert der Online-Hofladen „Wilma und Willi“ nun nach Mülheim. Was hinter dem regionalen Konzept steckt.

Eigentlich, erzählt Jasmin Niebling, fing alles in der Elternzeit an. „Ich habe mich gerade mit Beikost beschäftigt.“ Um das Thema ranken viele Theorien und Ansätze: Was ist besonders gut für mein Kind, welches Gemüse koche ich zu Brei? „Bis dahin wusste ich jedenfalls nicht, wie man eine Pastinake verarbeitet“, gesteht die 30-Jährige unumwunden. Schnell reift in Jasmin Niebling der Entschluss, ihrem Sohn nur Lebensmittel zu geben, bei denen sie ein gutes Gewissen hat. „Da bin ich schnell bei regionaler Ware gelandet.“

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Aber: „So leicht zu besorgen ist die nicht.“ Hofläden liegen häufig außerhalb und führen ein kleines Sortiment. „Was der eine nicht anbietet, hat dafür der andere. Ein Wocheneinkauf wird da schwierig.“ Die ehemalige Personalerin gerät ins Grübeln, kommt zu dem Schluss: „Das muss besser gehen!“ Und so geht Anfang 2022 mit „Wilma und Willi“ ein neuer Lieferdienst für regionale Bio-Lebensmittel an den Start.

Mülheimer sollen künftig auch von „Wilma und Willi“ beliefert werden

Der Online-Hofladen ist nach Jasmin Nieblings Großeltern benannt, die in Gelsenkirchen einst mehrere Metzgereien führten und – ihrer Zeit voraus – einen Lieferdienst anboten. „Damals war alles noch ganz automatisch Bio“, sagt ihre Enkelin heute. Das Unternehmertum steckt Jasmin Niebling so gesehen also in den Genen. Mittlerweile hat die gebürtige Hattingerin, die heute in Essen lebt, fünf Angestellte. Das Sortiment, das von Obst und Gemüse über Milch- und Fleischprodukte bis hin zu Gewürzen und Getränken reicht, wird nach Essen, Hattingen und Gelsenkirchen geliefert – mit einem E-Auto, versteht sich.

„Wilma und Willi“ profitiert mittlerweile von einem Netzwerk fester Partnerinnen und Partner. Im Bild, v.l.: Thomas Lang (Troll Bäckerei), Nikolas Weber (Oberschuirshof), Jasmin Niebling und Luana Lang (Troll Bäckerei).
„Wilma und Willi“ profitiert mittlerweile von einem Netzwerk fester Partnerinnen und Partner. Im Bild, v.l.: Thomas Lang (Troll Bäckerei), Nikolas Weber (Oberschuirshof), Jasmin Niebling und Luana Lang (Troll Bäckerei). © oh | Wilma & Willi

Nun soll auch Mülheim folgen. „Wir beliefern schon die Rembergschule mit Obst“, erzählt Niebling. Anbieter für Schulobst gebe es zwar etliche, „was uns aber abhebt, ist die Regionalität und die Bio-Zertifizierung, die die meisten Lebensmittel haben“. So stammt das Obst zum großen Teil vom Oberschuirshof an der Stadtgrenze von Essen und Mülheim, mittlerweile neben dem Hattinger Wünnerhof und der Bio-Bäckerei Troll aus Essen einer der festen Kooperationspartner von „Wilma und Willi“.

Umzug an die Stadtgrenze zu Mülheim: Liefergebiet soll wachsen

Die Zusammenarbeit mit dem Betrieb von Landwirt Nikolas Weber soll nun noch weiter ausgebaut werden, wie Jasmin Niebling ankündigt, denn: „Wir ziehen auf den Oberschuirshof.“ In Schuir ist auf dem Hof, der Ibérico-Schweine und Perlhühner hält und unter anderem Äpfel, Pflaumen, Birnen und Beeren züchtet, eine Lagerhalle frei geworden. „Das war super Timing, wir freuen uns auf unseren neuen Heimathof“, sagt die Unternehmerin. Nach einem kleinen Umbau soll der Umzug noch vor dem Jahreswechsel erfolgen.

Der Oberschuirshof von Landwirt Nikolas Weber (l.) wird zum neuen „Heimathof“ für Jasmin Niebling und ihr Unternehmen „Wilma und Willi“.
Der Oberschuirshof von Landwirt Nikolas Weber (l.) wird zum neuen „Heimathof“ für Jasmin Niebling und ihr Unternehmen „Wilma und Willi“. © oh | Wilma & Willi

Und auch die ersten Auslieferungen auf Mülheimer Stadtgebiet sind schon terminiert: für den 12. Januar. Im Online-Shop (www.wilmaundwilli.de) können bereits Vorbestellungen aufgegeben werden. „Wer bei unserem Start in Mülheim bestellt, kriegt eine Geschenktüte dazu“, verrät Niebling – der Inhalt bleibt aber geheim. „Zumindest regional ist er.“

Essener Unternehmerin hat große Pläne für Expansion in Mülheim

Für die Zukunft hat die 30-Jährige mit ihrem Unternehmen große Pläne. In ihren ursprünglichen Job als Personalerin bei einem Düsseldorfer Energiekonzern wird sie nicht mehr zurückkehren, „wenn auch schweren Herzens“. Aber der Fokus soll ganz auf „Wilma und Willi“ liegen. Aktuell steht eventuell der Kauf eines zweiten Liefermobils an. „Noch behelfen wir uns damit, dass wir ab und zu die Lieferwagen unserer Kooperationspartner ausleihen.“ Auf Dauer werde das wohl aber nicht mehr reichen, „gerade, wenn wir das Liefergebiet bald ausweiten“.

Praktisch: Das Lieferfahrzeug ist gleichzeitig mobile Werbung für das Unternehmen, „wir werden unterwegs wirklich sehr oft angesprochen, irgendwie erregt der Wagen Aufmerksamkeit“. Als kleines Familienunternehmen verfügt „Wilma und Willi“ über keinen besonders großen Werbeetat. „Das würde auch nicht zu unserer Philosophie passen“, sagt die Gründerin. „Wir wollen authentisch sein und für Verbindlichkeit stehen.“

Rembergschule in Mülheim wird bereits mit Obst beliefert

Neben der Rembergschule sollen in Mülheim dann auch bald weitere Schulen mit Obst beliefert werden. „Wir bieten da wirklich ein Gesamtpaket an, bei dem die Kinder auch mal Besuch von den Produzenten kriegen oder sich an der Saftpresse probieren dürfen.“ In Essen beliefert das Unternehmen darüber hinaus etwa Kitas mit Lebensmitteln für das Frühstück und eben private Kundschaft mit Obst-, Gemüsekisten oder ihren individuell zusammengestellten Warenkörben.

„Unser Konzept ist so gedacht, dass es nachhaltigen Nutzen stiftet“, erklärt Jasmin Niebling. „Regionaler und aufmerksamer Konsum muss nicht perfekt sein.“ So bietet „Wilma und Willi“ etwa auch Bananen an, die selbstverständlich nicht aus regionalem, deutschem Anbau stammen können, aber eben Bio-zertifiziert sind. Im Winter nur von eingelagerten Äpfel zu zehren, sei dann doch unrealistisch – gerade mit Kind. Und so gibt es dann auch mal Südfrüchte, aber eben aus kontrolliertem Anbau. „Damit man seinem Kind auch guten Gewissens eine Banane in die Hand drücken kann.“