Essen. . Der Oberschuirshof in Essen produziert ausschließlich für den eigenen Hofladen. Das Besondere: Sau und Eber kommen ursprünglich aus Spanien.
Also nach „Oink, Oink“ klingt das wirklich nicht, was die Schweine auf dem Oberschuirshof von sich geben. „Wie soll man das auch in Buchstaben ausdrücken?“, sagt Nikolas Weber zu den Lauten der Tiere. Ehe sich der Landwirt versieht, zupft ein Schweinchen mit der Schnauze am blau-weiß karierten Hemd. „Sie sind halt Allesfresser“, sagt Weber schmunzelnd. Und zudem wahnsinnig neugierig.
Das haben seine Schweine mit allen anderen gemein. Und doch sind diese etwas Besonderes. Das fängt schon bei der Farbe an: Die Haut ist zwar auch rosig. Aber: „Nur die Borsten sind lustigerweise schwarz“, so Weber. Der Vater und der Onkel des 36-Jährigen haben lange Zeit von dieser Rasse geträumt, bevor sie ihr vor vier Jahren ein Zuhause in Essen gaben: Ibérico. Das spanische Schwein wächst langsamer als ein Otto-Normal-Schwein, dafür lagert sich das Fett in den Muskeln ein. „Das ist feinmarmoriertes Fleisch“, schwärmt Weber. „Der Geschmack ist ursprünglich, aromatisch.“
Die Schweine dürfen länger wachsen
Am nächsten Tag sind wieder zwei Schweine fällig. Nach gut zwölf Monaten. Das klingt wenig. Aber: „Sie wachsen bei uns doppelt so lange wie ein normales Mastschwein.“ Dann werden sie zum Schlachthof gebracht. Metzger Gronau zerlegt und verwurstet das Fleisch. Steaks, Schnitzel & Co. werden aber ausschließlich im Hofladen verkauft.
Bekannt ist der Ibérico-Schinken. Doch den stellen sie nicht her. „Wir haben darüber nachgedacht“, so Weber. Aber sich dann doch dagegen entschieden. Die rund 50 Tiere futtern energiereiches Getreide, das mit Mineralstoffen angereichert ist. „Da entsteht eine Speckschicht, die für den Schinken nicht so gut ist.“ In Spanien leben die Tiere auf trockenen Böden, erst zum Schluss werden sie oft mit Eicheln gemästet.
Die Sau lässt Weber nicht raus. Warum eigentlich nicht? „Schwierig.“ Nicht nur, weil die Tiere doppelt eingezäunt werden müssten. „Wir haben viel zu viel Regen.“ Was man ja in diesem Sommer gern mal vergessen konnte. „Dann leben die Schweine mehr in der Matsche. Und wo Matsche ist, sind Parasiten – und das geht dann wieder auf die Tiergesundheit . . .“ Auch fürchtet Weber eine Seuche durch Wildschweine.
„Unsere Schweine haben viel Platz“, betont der Landwirt. Wenn die vier Wochen alten Ferkel durch das Stroh tollen, schlackern die spitzen Ohren. Das Stroh bedeutet für den Bauern mehr Arbeit, als wenn die Tiere auf Beton und Spalten leben würden. Aber Weber will es so: „Wir produzieren nicht für den billigsten Jakob, sondern für Leute, die kritisch ihr Essen hinterfragen. Das ist nichts für jeden Tag.“
Die Ferkel schnüffeln mit ihren Steckdosen-Nasen an seinen Fingern. Wie alle Kleinen wollen auch sie nur spielen. Und trinken. Eine Sau legt sich auf die Seite und sieben kleine Münder saugen los. Idyllisch sieht das aus. Aber: „Wir haben dadurch sehr viele Verluste“, sagt Weber. Auf anderen Höfen kann sich die Sau in einem Stahlgestell nicht so viel bewegen, damit sie nicht beim Säugen ein Ferkel zerquetscht. „Wir machen das gar nicht“, sagt Weber. Die Kunden wollten es so. „Es sieht nicht so schön aus. Aber eigentlich müsste es sein.“ Der Landwirt steht vor der Entscheidung: „Biete ich der Mutter etwas mehr Komfort oder schütze ich das Leben der Ferkel?“
Dieser Wurf hat komplett überlebt. Schwein gehabt.
Aber nicht nur Ringelschwänzchen sind auf dem Hof zu sehen. Sondern auch Federn der Pfauentauben – „ein Überbleibsel vom Opa“. Hofhund Abby – „die Chefin“. Ein Reitpferd und zwei Shetland-Ponys – „sie halten gerade Siesta.“ Und die „Rasenmäher“: Schafe und Ziegen. Zwei von ihnen leben zurzeit bei den Schweinen: „Sie fressen unsere Hecken an.“
Von diesen Tieren kommt aber keines unters Messer. Anders sieht das bei den flatternden Mitbewohnern aus: Enten, Puten oder Weidegänse. Zwischen den weißen Masthähnchen leben die Perlhühner. Die Vögel mit den weißen Punkten auf dem schwarzen Gefieder machen einen Krach, bei dem jedes Schweine-Grunzen untergeht.
Die Familie möchte möglichst viel Eigenes im Hofladen anbieten, auf dem mit wildem Wein bewachsenen Anwesen. „Wir machen von allem ein bisschen“, sagt Weber. Das ist ein Vorteil bei einem Schicksalsschlag, wie etwa Geflügelpest oder Hagel. „Weil wir so breit aufgestellt sind, sind wir krisensicherer.“
Rotkohl und Grünkohl nach Omas Rezept
So wachsen auch Äpfel und Pflaumen, Birnen und Beeren auf dem rund 70 Hektar großen Land, das Weber in der neunten Generation bewirtschaftet. Eier, Porree und Tomaten gibt es ebenfalls im Hofladen. Rot- und Grünkohl werden eingekocht – „nach Omas Rezept“. Das ist hier keine Worthülse. Die Mutter des Landwirts, Annegret Weber (62), ist dreifache Oma. „Sie ist eine begnadete Köchin“, sagt der eine von vier Söhnen anerkennend. Sie backt auch den Kuchen für den Hofladen. Oft mit Obst aus eigener Ernte.
Rund 300 Felder zum Selbsternten bietet die Familie ebenfalls an. Ab März kann man sich wieder anmelden. „Wir sind kein Erlebnisbauernhof, sondern ein Bauernhof zum Erleben“, sagt Weber. Sie wollen die Stadtmenschen nicht bespaßen, sondern zeigen, wo ihre Lebensmittel herkommen. Und daher dürfen sie auch in den Stall gehen und selbst hören, wie das Grunzen eines Schweines klingt.
>> DER HOFLADEN
Hofladen: Montag bis Freitag, 9 bis 18.30 Uhr, Samstag 8.30 bis 15 Uhr. Schuirweg 61, Essen.
Hoffest: 30. September 2018, 11 bis 18 Uhr, mit Strohburg für Kinder, Spanferkelessen, Fahrt mit Oldtimer-Trecker (auch an mehreren Samstagen). oberschuirshof.de
Das Anwesen wird auch im Buch „Erlebnis Hofladen“ beschrieben – ein Hof-Führer für Essen, Mülheim und Velbert (Klartext, 120 S., 12,95 €).