Essen. Neben der Flotten Karotte gibt es in Essen jetzt auch den Bio-Lieferdienst Wilma und Willi. Das Konzept hat besonders eine Zielgruppe im Fokus.
Mit Wilma und Willi geht in Essen ein neuer Lieferdienst für Bio-Lebensmittel an den Start und macht damit der Flotten Karotte Konkurrenz. Hinter dem kleinen Unternehmen steht die 29-jährige Jasmin Niebling, die besonders Familien mit kleinen Kindern im Fokus hat.
Familien fehlt Zeit, um im Hofladen einkaufen zu gehen
Als ihr Sohn auf die Welt kam merkte die Essenerin, dass vielen Familien oft die Zeit fehlt, um regelmäßig in den Hofläden der Region einzukaufen, gleichzeitig wollen sie ihre Familie aber gesund und nachhaltig ernähren. Niebling: „Als Familie wünschten wir uns eine Ernährung mit Bio-Lebensmitteln, die uns und unserer Umwelt guttut. Wir wollen wissen, woher unsere Lebensmittel stammen und sicher sein, dass sie unter Berücksichtigung eines größtmöglichen Tierwohls produziert wurden.“ Das ist auch die Idee des Lieferdienstes.
Kunden und Kundinnen können auf www.wilmaundwilli.de zwischen Obst-, Gemüse- und kunterbunter Kiste wählen, dann ist der Inhalt vorgegeben. Jeder kann sich die Ware aber auch individuell zusammenstellen. Im Angebot sind auch Getreide, Getränke, Molkereiprodukte sowie Brot und Brötchen. Entweder man bestellt ein jederzeit kündbares Abo und die Kiste kommt jede Woche, oder man bestellt individuell dann, wann man etwas braucht. Der Mindestbestellwert liegt bei 20 Euro. Das fünfköpfige Team liefert die Ware ab dem 19. Januar in ganz Essen per Elektro-Fahrzeug in Mehrweg-Pfandkisten. Für die Logistik hat Niebling eine 200 Quadratmeter große Halle im Katernberger Gründungs- und Unternehmenszentrum Triple Z angemietet.
Flotte Karotte liefert seit 25 Jahren in Essen Bio-Lebensmittel
Damit ähnelt das Konzept dem der Flotten Karotte; der Bio-Lieferservice aus Bochum wurde vor 25 Jahren gegründet und liefert auch in Essen aus. Besonders seit der Corona-Pandemie verzeichnet das Unternehmen stetigen Zuwachs – zeitweise konnten keine Neukunden aufgenommen werden. Geschäftsführer Christian Goerdt und Willi-und-Wilma-Chefin Jasmin Niebling haben sich schon kennengelernt und Niebling ist überzeugt: „Wir können voneinander profitieren“, Konkurrenz belebe das Geschäft.
Niebling will den Fokus noch mehr auf Familien und den Aspekt Regionalität legen: „Als Region bezeichne ich dabei allerdings nicht nur die Stadt Essen, sondern beispielsweise auch Hattingen und den Niederrhein mit seinem wunderbaren Spargel“, erklärt die Mutter, die derzeit zwar Elternzeit hat, mit ihrem Arbeitgeber – einem großen Energiekonzern – das Abenteuer Start-Up jedoch abgesprochen hat. „Für mich ist das Neuland.“ Was jetzt klein anfängt soll mit der Zeit wachsen, es sollen nicht nur Kundinnen und Liefertage dazukommen, sondern nach und nach auch immer mehr Rezepte von ansässigen Gastronomen.
Diese Lebensmittel-Lieferdienste sind in Essen unterwegs
Das Lebensmittel-Liefergeschäft im Revier wächst. Einer Erhebung des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel zufolge kauften die Kunden hierzulande im dritten Quartal 2021 für 633 Millionen Euro Lebensmittel bei Internethändlern. Das entspricht einem Plus von 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.Zu den Lieferdiensten, die in Essen unterwegs sind zählen Picnic, Flaschenpost, Gorillas, Flotte Karotte.In diesem Jahr will der auf dem norwegischen Heimatmarkt erfolgreiche Online-Supermarkt Oda in Deutschland starten. Ab 2023 will auch der tschechische Lieferdienst Knuspr im Revier Fuß fassen. Das Unternehmen ist deutschlandweit bisher nur im Großraum München unterwegs.
Dass die Idee nicht ganz neu ist weiß Niebling aus ihrer eigenen Familie. Ihre Urgroßeltern Wilma und Willi hatten sich in Gelsenkirchen mit einer Metzgerei selbstständig gemacht. „Unverpackt und ungekühlt haben sie damals das Fleisch direkt zu ihren Kunden gebracht“, weiß die Essenerin. „Das war damals so.“ Den Namen übernimmt sie gerne für ihren Lieferservice und auch die Idee der unverpackten Ware. Ungekühlt komme heutzutage allerdings nicht mehr in Frage. Die Fahrzeuge des Lieferdienstes sind ausgerüstet, um Joghurt, Milch, Äpfel und Co. kalt und knackig ans Ziel zu bringen – verkauft werden allerdings auch krumme Möhren und herzförmige Kartoffeln. „Es geht auch um Nachhaltigkeit“, so Niebling, die zuletzt unter anderem ein Praktikum auf einem Demeter-Hof gemacht hat: „Ich wollte alles von der Pike auf lernen und sehen, wo die Ware herkommt.“
Aus Essen sind unter anderem ab sofort mit an Bord die Metzgerei Burchhardt, die Kaffeerösterei „Bohnenkartell“ und die Biokomplizen aus der City. Jasmin Niebling steht in den Startlöchern und ist bereit, die ersten Kisten in der Stadt auszuliefern: „Wir schwanken zwischen Vorfreude und Panik, ob alles klappen wird.“