Mülheim. Parkplatzsuche als tägliches „Glücksspiel“: Anwohner in der Filchnerstraße in Mülheim-Heißen sind frustriert. Was SWB und Stadt dazu sagen.
Die Rentner Monika (73) und Harro Schröder (70) sind von ihrer neuen Wohnung in der Filchnerstraße 60 begeistert. Der alte Häuserblock wurde frisch saniert, im September sind die Schröders eingezogen. „Das sind wirklich schöne Wohnungen hier“, unterstreicht Harro Schröder. Tatsächlich könnte man den mindestens 60 Jahre alten, quer zur Straße liegenden Häuserblock für einen Neubau halten.
Ebenfalls 60 Jahre ist es her, dass Monika Schröder in die Filchnerstraße gezogen ist, zuletzt hat sie mit ihrem Mann 36 Jahre im Haus mit der Nummer 1 gewohnt. Die Häuser am Anfang der Filchnerstraße wurden mittlerweile abgerissen. Eine Sanierung habe sich dort nicht mehr gelohnt, erklärt die SWB, die gerade dabei ist, die gesamte Eichbaumsiedlung aufwendig umzugestalten. Am Anfang der Filchnerstraße sind Neubauten mit Tiefgaragen geplant.
Sechs Anwohnerparkplätze müssen für 60 Parteien reichen
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Die hätten sich die Schröders auch für ihre neue Adresse gewünscht, oder wenigstens einfache Parkplätze. Zumindest mündlich habe es Zusagen in diese Richtung gegeben. Passiert ist dann aber nichts. Ein Antrag auf einen Anwohnerparkplatz wurde abgelehnt: Alle sechs Anwohnerparkplätze sind bereits vergeben. „Sechs Anwohnerparkplätze für 60 Parteien“, präzisiert Harro Schröder und ergänzt: „Wie soll das funktionieren?“
Die Filchnerstraße ist eine Einbahnstraße, gegenüber vom Block mit den Nummern 56 bis 60 liegt eine Grundschule. Dadurch konkurrieren Lehrer, Bedienstete und Anwohner um die vorhandenen Parkplätze, die etwas weiter in Richtung Osten durchaus vorhanden sind, nur sind es offenbar nicht genug. Die Nachbarn hätten deswegen in der Vergangenheit schon Unterschriften gesammelt, erzählen die Schröders. Erfolglos. Direkt an der Filchnerstraße ist das Parken auch schwierig, die Straße ist von absoluten Halteverbotszonen gesäumt, mal links, mal rechts.
Rentner steht morgens früher auf zum Umparken – in der Filchnerstraße ganz normal
Die Verbotszone gegenüber der Nummer 60 ist immerhin zeitlich begrenzt von 7-14 Uhr. Nicht selten stellt sich Harro Schröder den Wecker danach: Hat er dort abends einen Parkplatz gefunden, steht er am nächsten Morgen auf, um den Wagen schnell umzuparken. Das klappt nicht immer pünktlich und kontrolliert wird anscheinend fleißig in der Filchnerstraße. „146 Euro habe ich dieses Jahr schon für Knöllchen bezahlt“, rechnet der schwer gehbehinderte Mann vor. Die Frustration merkt man dem Heißener an.
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Elterntaxis halten sich in Mülheim-Heißen nicht an die Verbotsschilder
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Und dann sind da noch die sogenannten Elterntaxis. Und tatsächlich: Während unseres Gesprächs in der Mittagszeit hält ein cremefarbener SUV direkt in der Feuerwehrzufahrt zum Haus der Schröders. Harro Schröder winkt ab, das sei ihm eigentlich egal. Eine Nachbarin, die sich in das Gespräch einschaltet, sieht das anders. Sie ist genervt von der Dreistigkeit der Eltern, die das Problem noch verschärfen würden. Und dabei gäbe es ja Alternativen: „Fahrgemeinschaften bilden zum Beispiel, oder die Kinder in Gruppen gemeinsam auf den Schulweg schicken.“
Mülheimer SWB hatte Parkplätze nicht mit eingeplant
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„Es ist jedes Mal ein Glücksspiel“, sagt die Anwohnerin, die ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Immerhin: Heute habe es geklappt. Was sie nicht versteht: Warum man auf den Freiflächen zwischen den Blocks keine Parkplätze gebaut hat. Die SWB gibt auf Nachfrage an, Parkplätze seien zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen. Und für die Bebauung der Grünflächen hätte man erst einen Antrag auf Nachverdichtung stellen müssen. Dessen Ausgang wäre ungewiss. Man hat es allerdings gar nicht erst versucht.
Straßenverkehrsbehörde Mülheim hält absolutes Halteverbot für unverzichtbar
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Die weitläufigen Einfahrten wiederum müssen für die Feuerwehr frei gehalten werden. Auch Sonja Knopke, die Leiterin der Straßenverkehrsbehörde, sieht keinen Spielraum für Verbesserungen. Zu den jetzigen Halteverbotszonen erklärt sie schriftlich: „Wir sind überzeugt, dass sie für die Verkehrssicherheit erforderlich sind.“ Denn mindestens 3,05 Meter Restfahrbahnbreite müsste stets vorhanden sein. Und den Fußgängern (Stichwort: Schulweg) könne man den Bürgersteig auch nicht wegnehmen – und so kommt es zu der, um im Bild zu bleiben, festgefahrenen Situation, an der sich so schnell wahrscheinlich auch nichts ändern wird.
Das Quartier Eichbaumsiedlung
Das Quartier Eichbaumsiedlung in Mülheim-Heißen ist laut Angaben der SWB mit über 550 Wohnungen eines deren größten zusammenhängenden Siedlungsgebiete der kommunalen Wohnungsgesellschaft. Seit Jahren wird es aufwendig umgestaltet.
Wo energetische Sanierung und Umbau wie in der Filchnerstraße 60 sich nicht mehr lohnen, entstehen Neubauten. Zuletzt wurde von einem Investitionsvolumen von bis zu 110 Millionen Euro gesprochen. 2019 ist NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach persönlich angereist, um sich ein Bild von dem Projekt zu machen.
Aktuell kommt es laut SWB jedoch zu Planänderungen. Grund seien unter anderem Lieferengpässe und der Stop von Fördermitteln. Der Baubeginn am Eingang der Filchnerstraße verzögere sich deswegen auf unbestimmte Zeit.