Mülheim. Ursprünglich sollten 200 Millionen Euro in das RRZ fließen, doch das Ringen an der Stadtgrenze Mülheim/Essen hält an. Wie es nun weitergeht.
Gut viereinhalb Jahre nach dem Eigentümerwechsel beim Rhein-Ruhr-Zentrum (RRZ) und dem benachbarten ehemaligen Stinnes-Hochhaus ist aus Euphorie Ernüchterung geworden. Der eingeleitete Prozess, das einst auf 200 Millionen Euro kalkulierte Mammutprojekt zur Modernisierung des Einkaufszentrums zu retten, hat noch kein Ergebnis gebracht. Ein Sprecher der Investoren äußerte sich nun zum Stand der Dinge.
Im Frühjahr hatten die Eigentümer, ein Joint Venture zwischen einem von Morgan Stanley verwalteten Immobilienfonds und Redos Real Estate, die Katze nach längerem Zaudern und Zögern aus dem Sack gelassen: Der Modernisierung des Centers, die ursprünglich im Frühjahr 2020 starten sollte, und der Revitalisierung des Hochhauses war die finanzielle Basis abhanden gekommen. Erst Corona, dazu die extrem steigenden Preise am Bau, jetzt auch noch die Zukunftssorgen der Handelsbranche hinsichtlich Inflation und Konsumzurückhaltung: Die Mega-Investition rund ums RRZ hat wahrlich keine günstigen Zeiten erwischt.
Verkauf und Refinanzierung „gleichrangige Optionen“ für Mülheims Rhein-Ruhr-Zentrum
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Im Frühjahr hatte die Betreibergesellschaft Harko dann verkündet, dass es aus ihrer Sicht drei Möglichkeiten gebe, das Projekt am Rhein-Ruhr-Zentrum zu retten: erstens eine umfangreiche Umfinanzierung, zweitens ein Verkauf der Immobilien und drittens eine Aufstockung des Eigenkapitals seitens der Investoren. Die Düsseldorfer Anwaltskanzlei Dentons wurde eingeschaltet. Sie sollte eine Lösung finden, die nicht nur die Eigentümer, sondern auch die finanzierenden Banken zufriedenstelle.
Die Finanzierungsschwierigkeiten des Projektes sind noch nicht gelöst, wie ein Sprecher des Center-Betreibers nun auf Nachfrage bestätigte. Weiter seien alle Modelle im Spiel: Der Verkauf sei als Alternative zur Refinanzierung „eine gleichrangige Option“.
„Es gibt intensive Gespräche mit unterschiedlichen Investoren“
Doch er sagte auch: „Es gibt intensive Gespräche mit unterschiedlichen Investoren aus Deutschland und dem europäischen Ausland.“ Heißt: Weiter steht ein Verkauf in Rede, laut Sprecher allerdings auch ein Teileinstieg, was Fremdkapital einbringen könnte zur Stärkung der finanziellen Basis für das Modernisierungsvorhaben, das längst nicht mehr für die einst kalkulierten 200 Millionen Euro zu stemmen sein würde. Mitunter seien die Gespräche in einem Stadium, wo es „detailliert und konkret wird“, so der Sprecher der Betreibergesellschaft.
Zur Zahl der potenziellen Investoren sagte er: „handverlesen“. In Center-Kreisen wird getuschelt, ob nicht vielleicht der Hamburger Center-Riese ECE zu den in Rede stehenden Investoren zählen könnte. Immerhin stellt ECE das Centermanagement im Rhein-Ruhr-Zentrum. Bestätigen ließ sich ein etwaiges Interesse aktuell nicht. „Relativ zügig und zeitnah“ wollen die jetzigen Eigentümer ein tragfähiges Ergebnis stehen haben. Laut Sprecher ist aber noch nicht absehbar, wie lange die Hängepartie noch andauern wird.
Saturn sowie Peek & Cloppenburg haben Mietverträge laut Betreiber verlängert
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Priorität habe bei allen aktuellen Überlegungen, „eine Option für das Objekt herbeizuführen“, ist Harko bemüht, in der dezimierten Mieterschaft nicht weitere Unruhe aufkommen zu lassen. Die Leerstandsquote ist hoch. Gerüchten zufolge überlegen auch aktuell wieder einige Mieter, ob sie nach Auslaufen ihres Mietvertrages in eine Verlängerung gehen sollen, ohne womöglich die Sicherheit zu haben, dass es tatsächlich zur Investition kommt.
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„Es gibt vereinzelte Mieter, die mit Auslaufen des Mietvertrags das Center verlassen“, bestätigt auch der Harko-Sprecher. So wechsele etwa das Tabak-/Zeitschriftengeschäft auf die Fläche von Galeria Karstadt Kaufhof. Auch Orsay hat das Ladenlokal aufgegeben. „Bei vielen Mietern können wir jedoch die Mietverträge aktuell verlängern“, sagt er und nennt „beispielhaft“ Saturn sowie Peek & Cloppenburg als Mieter von Großflächen.
Mietgeschäft wird „durch das unklare Timing der Revitalisierung erschwert“
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Rund läuft das Vermietungsgeschäft aber offenbar nicht, der Sprecher sagt: „Der Einzelhandel durchläuft insgesamt eine schwierige Phase, in der Mieter unsicher sind. Dies wird durch das unklare Timing der Revitalisierung erschwert.“ Grundsätzlich hielten die Mieter aber am Standort fest, weil dieser „viel Potenzial mit sich bringt, das in der Revitalisierung gehoben ausgebaut werden kann“. Das RRZ sei ein fest etabliertes Center mit hohem Stammkunden-Anteil. Davon habe das RRZ auch in den vergangenen zweieinhalb Jahren stark profitiert.
Ein Bauantrag, um das fast 50 Jahre alte RRZ von links auf rechts zu krempeln und in ihm modernste Center-Konzepte mit Handel, Gastronomie und Freizeitangeboten umzusetzen, liegt lange schon bei Mülheims Bauordnungsbehörde. Vor Monaten hatte es immer wieder geheißen, dass der umfangreich neu aufzusetzende Brandschutz ein Zeitfresser sei und den Projektverantwortlichen umfassende Nachbesserungen abverlange. Laut Investorenseite soll auch Corona verzögernd gewirkt haben.
Stadt Mülheim glaubt Baugenehmigung Anfang 2023 erteilen zu können
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Liegt der Genehmigungsprozess nun, da die Zukunft des RRZ unklar ist, auf Eis? Nein, beteuern sowohl der Harko-Sprecher als auch Axel Booß als Leiter des städtischen Bauordnungsamtes. Harko spricht von einem laufenden „intensiven Austausch mit dem Amt“. Booß tut kund, dass Architekturbüro und Brandschutzsachverständige „aktiv am Antrag weiter arbeiten“. Wohl letzte Überarbeitungsbedarfe seien der Bauherren-Seite zugesandt. Mit einer Baugenehmigung sei vermutlich im ersten Quartal 2023 zu rechnen, heißt es übereinstimmend.
Ob die Baugenehmigung dann aber auch in die Tat umgesetzt wird, ist angesichts der unklaren Finanzierung und Investorenschaft fraglich. Auch hier setzt der Harko-Sprecher auf Hoffnung: „Es wird in jedem Fall was mit dem Center passieren, möglicherweise aber in Abweichung zu den alten Plänen.“