Mehr als 200 Millionen Euro wollen Investoren ins Mülheimer Rhein-Ruhr-Zentrum investieren. Wir präsentieren die ausgereiften Baupläne.

Der Bauantrag zur 200 Millionen Euro schweren Modernisierung des Rhein-Ruhr-Zentrums ist gestellt, der Zeitplan sieht weiterhin einen Baustart für das Ende des zweiten Quartals 2020 vor: Exklusiv führten nun Vertreter der Investoren (Redos Gruppe) und Projektentwickler (HLG) diese Redaktion durch das Einkaufscenter und standen Rede und Antwort zum aktuellen Stand beim „aktuell umfangreichsten Modernisierungsprojekt im deutschen Einzelhandel“, wie es heißt.

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„Kein Karnevalsscherz“, sagt Christian Diesen vom Projektentwickler HLG (Münster). Den Bauantrag habe man am 11.11. bei der Stadt eingereicht. Baudezernent Peter Vermeulen ließ dazu wissen, dass die Prüfung laufe und die Verwaltung im regen Austausch mit dem Investor stehe. „Bisher gibt es zu den eingereichten Unterlagen keinen Grund zur Beanstandung“, so Vermeulen. „Wir werden unfassbar gut unterstützt“, ist es Diesen natürlich Recht, wenn die Chemie stimmt.

Schon rund ein Viertel der Verkaufsfläche leergezogen

Christine Hager von der Redos Gruppe (Eigentümer/Investor) und Christian Diesen vom Projektentwickler HLG boten der Redaktion exklusive Einblicke in die aktuellen Planungen für das neue Rhein-Ruhr-Zentrum.
Christine Hager von der Redos Gruppe (Eigentümer/Investor) und Christian Diesen vom Projektentwickler HLG boten der Redaktion exklusive Einblicke in die aktuellen Planungen für das neue Rhein-Ruhr-Zentrum. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Ebenso hoffnungsfroh geben sich Investor und Projektentwickler zum Mammutprojekt, das 1973 eröffnete Center einmal komplett auf Links zu drehen, um es in der Konkurrenz zu benachbarten Centern und zum Internethandel endlich wieder auf modernen Stand zu bringen.

Dass das Center absehbar zur Großbaustelle wird, ist längst und überall sichtbar. Es sind bereits viele Schaufensterfronten abgeklebt, Animationen kündigen das Neue an, die „Wowstelle“. 20 bis 25 Prozent kalkulierter Leerstand sind bis jetzt angelaufen. Den braucht es laut Diesen, um Freiraum zu haben für den auf drei Jahre angelegten Umbau – Achtung: im laufenden Betrieb.

Im Showroom lässt sich erahnen, wie das Center in Zukunft anmuten soll

Eigens ist ein Showroom eingerichtet. Dort können Besucher, auch Mietinteressenten ein wenig den frischen Wind spüren, der durch das Shopping-Center wehen soll. Für einen geplanten Marktplatz, den es später im Center geben soll, steht der Prototyp eines Marktstandes Pate. Der Showroom zeigt eine mögliche Wandoptik in Holz, bunte Loungemöbel stehen dort, Lichtschienen-Systeme sollen aufzeigen, wie eine Inszenierung aussehen könnte.

Vorerst nur eine Vision: Eine gläserne Bar auf dem Stinnes-Hochhaus

Aus Stinnes-Hochhaus und Brenntag-Tower wird der RRZ-Tower: Auch die Revitalisierung des weithin sichtbaren Bürogebäudes an der A 40 streben die Eigentümer an. Im aktuellen Bauantrag bleibt das Hochhaus, das direkt ans Rhein-Ruhr-Zentrum angebunden werden soll, allerdings noch ausgespart.

Denn am Nutzungskonzept wird noch gefeilt. In Rede steht etwa eine Nutzung als Büro- oder Ärztehaus, als Hotel, für Wellness, Konferenzen oder Veranstaltungen. Auch die Themen „Co-Working“ (Vermietung von Büros samt Infrastruktur etwa an Freiberufler oder Start-Ups) oder „E-Sports-Arena“ werden verfolgt.

Spektakulär muten Animationen für ein modernisiertes Hochhaus mit gläsernem Aufbau an, in dem laut Projektentwickler Christian Diesen eine „Roof Top Bar“ Gästen spektakuläre Blicke bieten könnte. Das Hochhaus wollen die Entwickler bis 2023 jedenfalls zum „Wahrzeichen des Rhein-Ruhr-Zentrums“ machen. Eben weil es an der so stark frequentierten A 40 steht, soll sein Alleinstellungsmerkmal genutzt werden.

Im Showroom zu erahnen ist ein Design, das stilprägend sein soll. Wo Kunden heute in den Passagen noch abgehängte Decken fast unangenehm nah sind, soll später Luft nach oben sein. Industrial Design nennt sich das, was Diesen im Showroom schon zeigen kann. Es soll künftig keine abgehängten Decken mehr geben, der Blick soll frei sein auf die fast 1,5 Meter höher liegenden Betondecken mit den Versorgungsleitungen. Das Industrial Design soll die Geschichte des Fleckchens Erde aufgreifen, auf dem das Rhein-Ruhr-Zentrum erwachsen ist: Einst stand dort die Zeche Humboldt.

Klare Struktur: Vier Themenwelten ragen bis auf das Parkdeck empor

Die Grundrisspläne, die Animationen hat Projektentwickler Diesen im gebundenen Großformat unter dem Arm, wenn er im Hier und Jetzt durch das Center führt. Die Entwicklungsstrategie ist darin zu erkennen. Sackgassen wie heute soll es nicht mehr geben. Decken sollen da, wo es geht, geöffnet werden, damit möglichst viel Tageslicht einströmt. Die Orientierung über die Stockwerke hinweg bis hin zum Parkdeck ist in den Entwürfen klar strukturiert.

Ein Blick über drei Etagen: Oben der Eingangsbereich vom Parkdeck zum „Sportplatz“, darunter ein Indoor-Fußballfeld mit Tribüne.
Ein Blick über drei Etagen: Oben der Eingangsbereich vom Parkdeck zum „Sportplatz“, darunter ein Indoor-Fußballfeld mit Tribüne. © Redos

Dafür will der Investor vier prägnante „Eckpfeiler“ setzen: An den Rundläufen durch das Center sind nach den Himmelsrichtungen vier Themenwelten geplant, die sich ringsum von Plätzen anordnen und über die Etagen bis zum eigenen Eingang auf dem Parkdeck in einem Farbdesign mit Wiedererkennungswert daherkommen: das „Wohnzimmer“ mit Mode als Handelsschwerpunkt in Nähe vom heutigen P&C-Standort, die „Speisekammer“, das „Ess- und Spielzimmer“ mit Essen, Events und Entertainment sowie der „Sportplatz“ mit Indoor-Sportfeld, Fanshops regionaler Vereine und möglicherweise auch E-Sport-Angeboten. Letzterer soll im Südwesten des Centers über zwei Etagen entstehen.

Essen, Events, Entertainment: Themenwelt soll auch abends Besucher anlocken

Beispiel „Speisekammer“: Hier, in Nähe zu den Karstadt-Arkaden, soll ein lebendiger Treffpunkt entstehen, ein Marktplatz, den es laut Diesen so noch in keinem deutschen Shopping-Center gibt. An den Marktständen, die auf Zeit anzumieten sind, sollen immer wieder andere regionale Produkte angeboten werden.

So soll es am Eingang zum „Ess- und Spielzimmer“ auf dem Parkdeck aussehen. Wenn es nach den Projektentwicklern geht, sollen auch Foodtrucks dort Platz haben, wo heute trostloser Parkplatz ist.
So soll es am Eingang zum „Ess- und Spielzimmer“ auf dem Parkdeck aussehen. Wenn es nach den Projektentwicklern geht, sollen auch Foodtrucks dort Platz haben, wo heute trostloser Parkplatz ist. © Redos

Eine deutliche Verbesserung zum Ist-Zustand soll es auch im Bereich von Gastronomie und Cinemaxx geben. Das „Ess- und Spielzimmer“ soll deutlich an Transparenz, Zugänglichkeit und Atmosphäre gewinnen. Etwa soll vom Innern des Centers erkennbar werden, dass die Gastronomiebetriebe über reichlich Außenterrassenfläche verfügen. Die Gastronomie soll sich hinauf ins Kino-Geschoss ausdehnen. Das „Esszimmer“ soll auch geöffnet bleiben, wenn das Einkaufscenter schließt – und Besucher am Abend anlocken – die Revitalisierung der brachliegenden Diskotheken-Fläche vom „Gelben Elefanten“ inbegriffen.

„Man findet so etwas wie hier nicht im Center A, B, C oder D“

Die gesamte Anmutung des Centers soll sich ändern. Ziel ist es, die treue Stammkundschaft zu halten, gleichzeitig aber auch jüngeres Publikum anzulocken. Shopping und Erlebnis für die ganze Familie wolle man bieten, so Christine Hager von der Redos Gruppe, die in einem Joint Venture mit Morgan Stanley das Immobilienpaket 2018 mit Rhein-Ruhr-Zentrum, Karstadt-Arkaden und Stinnes-Hochhaus erworben hat.

„Wohnzimmer des Ruhrgebiets“ solle das Center werden, stecken sich Investor und Projektentwickler hohe Ziele für 2023, wenn mehr als 200 Millionen Euro verbaut sein sollen. „Jeder Punkt hier wird individuell sein, man findet so etwas wie hier nicht im Center A, B, C oder D“, verspricht Diesen. Der Standort mit seinem Potenzial von 80.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche stoße am Markt auf großes Interesse. Ziel sei es nun, sämtliche Dinge abzustellen, die in den vergangenen Jahren negativ besetzt gewesen seien.

Ab Herbst 2020 soll die eigentliche Modernisierung starten

Karstadt, Saturn oder P&C sollen über bekannte Wege erreichbar bleiben. Wie sich die Galeria Karstadt Kaufhof dort künftig aufstellen wird, ist offenbar noch nicht ausverhandelt. Fest stehe, so Diesen: „Karstadt bleibt der größte Ankermieter.“ Derzeit liefen noch „sehr produktive“ und „weit fortgeschrittene“ Gespräche mit dem Kaufhaus-Konzern. Ein Ergebnis sei aber noch nicht zu verkünden.

Der Umbau soll in mehreren Abschnitten vollzogen werden. Gestartet werden soll Ende des zweiten Quartals 2020 mit dem Rückbau in leergezogenen Bereichen, ab Herbst 2020 soll die eigentliche Modernisierung starten. Die Investoren wollen zunächst die Ecke anpacken, wo einst Boecker, Intersport oder Tengelmann ansässig waren.

Projektentwickler: Frequenz im Center ist trotz Leerständen nach wie anständig

Projektentwickler Diesen weiß, dass die Modernisierung bei laufendem Betrieb eine Herkulesaufgabe sein wird, zumal einzelne Mieter mitunter gar zweimal während der Bauzeit werden umziehen müssen, bevor im Frühjahr 2023 rund 200 Shops zur Verfügung stehen. Trotz angewachsenem Leerstand sei aber „die Frequenz im Center nach wie vor anständig“.

So soll die Speisekammer, der Marktplatz, künftig aussehen. Wechselnde Händler sollen hier „auf Zeit“ Marktstände anmieten können, um auch regionale Produkte anzubieten.
So soll die Speisekammer, der Marktplatz, künftig aussehen. Wechselnde Händler sollen hier „auf Zeit“ Marktstände anmieten können, um auch regionale Produkte anzubieten. © Redos