Mülheim. Die Mülheimer Innenarchitektin Eva Kindler hat eines der ersten Fertigholzhäuser zu ihrem Heim gemacht. Wie es hinter der Holzfassade aussieht.

Ein bisschen ist es wie ein Museum der Erinnerungen, das Haus Waldfrieden. Idyllisch von üppigen Bäumen und sattgrünen Sträuchern umgeben, ist das dunkle, imposante Holzhaus auf der Monning Heimat für Erinnerungsstücke aus der ganzen Welt. Mitgebracht von zahlreichen Reisen, wie der grobmaschige, gefranste Teppich, der im Dachgeschoss zwischen Badewanne und Bett auf den grau gestrichenen Holzdielen liegt. „Den habe ich damals extra im Handgepäck mitgebracht“, erzählt Eva Kindler. Gemeinsam mit ihren drei Kindern (12, 10 und 5 Jahre alt) und dem zweijährigen Leonberger Bodie lebt sie seit mehr als einem Jahrzehnt in dem denkmalgeschützten Haus, das für sie viel mehr als nur eine Immobilie ist.

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2010, Kindler ist damals mit ihrem ersten Kind schwanger, zieht es sie und ihren damaligen Ehemann aus beruflichen Gründen von Berlin ins Ruhrgebiet. Die Suche nach einem Zuhause gestaltet sich einfacher als erwartet: „Das Haus Waldfrieden war die erste Immobilie, die wir besichtigt haben.“ Kaufpreis: 420.000 Euro. Obwohl das Haus damals vor allem eins war, „dunkel“, stand für die 45-Jährige fest: „Hier möchte ich mit meiner Familie künftig wohnen.“ Ein Faible für Inneneinrichtung hatte Kindler schon immer. Der Mut, ihr Hobby zum Beruf zu machen, fehlte ihr hingegen lange. „Je länger und intensiver ich mich aber mit dem Umbau beschäftigt habe, umso deutlicher habe ich gemerkt: Das will ich auch beruflich machen.“

Die dunkle Holzfassade von Haus Waldfrieden in Mülheim ist für viele Passanten ein Blickfang.
Die dunkle Holzfassade von Haus Waldfrieden in Mülheim ist für viele Passanten ein Blickfang. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Mülheimerin nimmt Fernstudium auf und wird Innenarchitektin

Der Kamin aus blaugrauem Schamottstein ist eine Maßanfertigung und speichert Wärme besonders gut. Das runde Ofenelement lässt sich drehen.
Der Kamin aus blaugrauem Schamottstein ist eine Maßanfertigung und speichert Wärme besonders gut. Das runde Ofenelement lässt sich drehen. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Mit 37 Jahren und zwei Kindern nimmt Eva Kindler ein Fernstudium der Innenarchitektur an der englischen Universität Hertfordshire auf und beendet es 2020 als mittlerweile dreifache Mutter. In Selbstständigkeit berät sie Privatpersonen, aber auch Unternehmen bei der Auswahl ihrer Inneneinrichtung – seit anderthalb Jahren in Vollzeit. „Ich lege viel Wert darauf, auf mein Gegenüber einzugehen“, sagt die gebürtige Oberhausenerin. „Mir hat das bei unserem Innenarchitekten damals etwas gefehlt.“

Und dennoch: Sei es der unebene, bei jedem Schritt knarzende Pitch-Pine-Boden oder der regional gewonnene, blaue Schamottstein, aus dem der maßgefertigte Kamin gehauen ist – das Haus Waldfrieden trägt Eva Kindlers Handschrift. Als „eklektisch, boho-haft und gemütlich“ beschreibt sie den Einrichtungsstil selbst. Die vielen Naturmaterialien treffen auf expressionistische Kunst und alte Erbstücke, wie etwa das mit Kerzenständern verzierte Klavier. Eingerahmt von einem deckenhohen Spiegel und einem maßgefertigten, doppelkastigen Fenster aus Berlin bildet es vor gemusterter Retro-Tapete einen Blickfang im Wohnzimmer. Indirekte Lichtquellen und bequeme Sitzmöbel vervollständigen das Bild des einladenden Aufenthaltsortes.

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Im Wohnzimmer legt Eva Kindler Wert auf eine Mischung aus verschiedenen Stilrichtung und indirekten Lichtquellen. Das Ergebnis: ein gemütlicher Aufenthaltsort.
Im Wohnzimmer legt Eva Kindler Wert auf eine Mischung aus verschiedenen Stilrichtung und indirekten Lichtquellen. Das Ergebnis: ein gemütlicher Aufenthaltsort. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Haus Waldfrieden in Mülheim: Viel Maßarbeit gefragt

„Wir haben damals wirklich viel Zeit und Geld in den Umbau gesteckt“, sagt Kindler. Unter schneeweißem Teppichboden kamen unperfekte Holzdielen zum Vorschein, etliche Schichten an Tapeten und Wandfarbe erinnern an die Vorbesitzer der ungewöhnlichen, geschichtsträchtigen Immobilie. Anfang des 20. Jahrhunderts, erzählt Eva Kindler, hatte ein Bergwerksdirektor das Haus auf der Pariser Weltausstellung als seine künftige Sommerresidenz ausgewählt. Als eines der ersten Fertigholzhäuser weltweit wurde es dann 1910 in Mülheim auf einen noch klassisch gemauerten Keller gesetzt. Der Grundriss ist dabei, damals wie heute, ebenso ungewöhnlich wie das Verhältnis von Wohnfläche zum Grund: „Auf etwa 130 Quadratmeter Wohnfläche kommen etwa 2000 Quadratmeter Grundstück.“

Die Holzvertäfelung in der offenen Küche ist eine Maßanfertigung von Eva Kindlers Bruder.
Die Holzvertäfelung in der offenen Küche ist eine Maßanfertigung von Eva Kindlers Bruder. © FUNKE Foto Services | Martin Möller
Kleine Nischen und Rückzugsorte, wie hier im Kinderzimmer von Kindlers mittlerem Kind, ziehen sich durch das gesamte Haus.
Kleine Nischen und Rückzugsorte, wie hier im Kinderzimmer von Kindlers mittlerem Kind, ziehen sich durch das gesamte Haus. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Beim Einzug stellte sich schnell heraus: „Keine Wand ist gerade.“ Die ohnehin aufwendige Maßarbeit – wie etwa in der holzvertäfelten Küche, die Eva Kindlers Bruder und Schreiner gebaut hat, uferte so zu Millimeterarbeit aus. Die Räume im Obergeschoss sind nicht groß und Stauraum ist rar. Bei drei Kindern durchaus eine Herausforderung – wie Kindler zu bedenken gibt. Holzvertäfelte, in Wände eingelassene Schubladen schaffen Platz und mit jedem weiteren Kind zog die dreifache Mutter ein Zimmer weiter, ehe sie nun im Dachgeschoss ihr Schlafzimmer hat. Eine schmale Holztreppe führt aus dem Zimmer ihres jüngsten Kindes in den ausgebauten Dachspitz. „Allerdings“, schränkt Kindler ein, „betrachte ich unsere Räume weniger funktional, sondern eher unseren Wohnraum im Gesamten.“ Rückzugsorte gibt es einige, wenige davon aber dem Standard entsprechend – ganz bewusst.

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Im ausgebauten Dachboden des Mülheimer Holzhauses befindet sich das Schlafzimmer von Eva Kindler. Zugänglich ist es über eine schmale Holztreppe.
Im ausgebauten Dachboden des Mülheimer Holzhauses befindet sich das Schlafzimmer von Eva Kindler. Zugänglich ist es über eine schmale Holztreppe. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Großzügiger Garten oder auch: viel Laub und viel Arbeit

Einer dieser Rückzugsorte findet sich im weitläufigen Garten der Familie Kindler. Eine das Haus überragende und über dem Rasen thronende Buche wirft Schatten auf das gläserne Gewächshaus, das Eva Kindler, ausgestattet mit Fußbodenheizung, zum Yoga-Raum gemacht hat. „Wenn ich im Haus Yoga gemacht habe, lagen ständig entweder ein Kind oder der Hund auf mir“, sagt sie und lacht. Schräg gegenüber des gläsernen Kastens mit dem spitzen Dach öffnet sich – abermals – die Tür zu einer eigenen Welt. Was Eva Kindler als „Gartenhaus“ anpreist, ist der Inbegriff von US-amerikanisch inspirierter Ur-Gemütlichkeit.

Erinnerungen aus den USA: Im Gartenhaus, das auch als Gästezimmer dient, treffen nativ-amerikanische Einrichtungselemente auf folkloristische Muster.
Erinnerungen aus den USA: Im Gartenhaus, das auch als Gästezimmer dient, treffen nativ-amerikanische Einrichtungselemente auf folkloristische Muster. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Kiefernholz-verkleidete Wände säumen den Raum, in dem ein aufgebocktes, mit folkloristisch, nativ-amerikanischen Decken und Kissen belegtes Bett zum Entspannen mit Blick in den Garten einlädt. Eine gläserne Fensterfront ermöglicht – Kamin sei Dank – den Aufenthalt im Warmen, ohne den Blick ins Grüne einbüßen zu müssen. „Wenn ich hier bin, fühle ich mich direkt nach San Francisco zurückversetzt“, sagt Kindler. Hier verbrachte sie einige Berufsjahre im Marketing, ehe erst Kind(er), dann Waldfrieden, dann Selbstständigkeit und schließlich alles in Einigkeit ihren Alltag bestimmten.

Auch wenn „der Garten als Selbstläufer angelegt ist“ und „wir das Haus seit zehn Jahren baulich nicht mehr verändert haben“, so ist Waldfrieden – gerade im Herbst – mit viel Laub und viel Arbeit verbunden. „Aber für mich hat das etwas Meditatives“, sagt Eva Kindler.

>>> Haus Waldfrieden: Stoff für Blog-Material und beliebtes Fotomotiv

  • Auf ihrem Blog „Waldfrieden Studios“ (www.waldfriedenstudios.com) schreibt Eva Kindler über Inspirationen und Trends der Inneneinrichtung. Dabei gibt sie auch Anleitungen, wie sich mit einfachen Tipps und Tricks das Innenleben der eigenen vier Wände aufwerten lässt.
  • Immer wieder, berichtet Kindler, bleiben Leute stehen, um das Haus Waldfrieden, zumindest vom Zaun aus, zu fotografieren. „Manchmal kommt man mit den Leuten ins Gespräch“, sagt die Innenarchitektin. „Viele sind erstaunt, so ein Haus hier in Mülheim anzutreffen.“