Mülheim. Die Saarner Orgeltage in Mülheim krönte das Konzert des italienischen Organisten Finotti. Er ließ einen musikalischen Appell für Frieden hören.

Schon zum 30. Mal jährte sich im Kloster Saarn – nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Pause – die schöne Tradition der Saarner Orgeltage. Aus diesem Anlass nahm am Freitag der italienische Organist und Orgelexperte Franceso Finotti aus Padua auf der Orgelbühne Platz. Für diesen seinen dritten Besuch bei den Mülheimer Orgeltagen hatte er ein wohlüberlegtes barockes Programm dabei, das nicht nur an die Gegebenheiten der Saarner Klosterorgel angepasst war, sondern auch einen schönen deutsch-italienischen Brückenschlag darstellte.

Dazu präsentierte der italienische Organist Werke Johann Sebastian Bachs, die sich als Bearbeitungen von Konzerten Antonio Vivaldis direkt mit der zeitgenössischen Konzertmusik Italiens auseinandersetzen oder aber sich formal darauf beziehen.

Saarner Orgeltage in Mülheim begrüßen hochkarätigen Musiker aus Italien

Auch interessant

Francesco Finotti eröffnet sein Konzert mit der gewaltigen Toccata und Fuge F-Dur, der größten aller Orgeltoccaten im Format der Toccata und Fuge – die zu dem bildhaften Vergleich „als führe ein Orkan in eine Kirchenorgel“ (Maarten t’Hart) in der Literatur angeregt hat. Die vielfältigen Schnörkel um den ausgedehnten zweistimmigen Kanon spielt Finotti kunstvoll, wechselt mit großen Soli im Pedal ab und führt mit der Betonung der Trugschlüsse das Ohr des Hörers an der Nase herum.

An der Schwalbennest-Orgel in der Saarner Klosterkirche spielte der italienische Organist Finotti.
An der Schwalbennest-Orgel in der Saarner Klosterkirche spielte der italienische Organist Finotti. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die Fuge danach führt in etwas ruhigere Gefilde. Was für ein fantasievoller Registrierer er ist, stellt der Organist mit den zwei Concerti unter Beweis, in denen Bach Konzerte seines italienischen Zeitgenossen Vivaldi adaptiert. Vor allem in den lebhaften Randsätzen des Concerto C-Dur, dem Vivaldis berühmtes Violinkonzert „Grosso Mogul“ zugrunde liegt, zeigen sich viele Beispiele geigerischer Artikulation, die Bach einfühlsam für die Orgel umgesetzt hat.

Italienischer Organist im Mülheimer Kloster Saarn spielt präzise und luftig

Ebenso wie im zweiten langsamen Satz, wo sich ein ausdrucksstarkes dramatisches Rezitativ findet. Hier zeigt sich, dass die Orgel wie kein anderes Solo- oder Tasteninstrument die Gelegenheit bietet, die Tutti- und Soloensembles des italienischen Orchesterkonzertes sinnvoll nachzuahmen – und wie großartig Francesco Finotti die Übertragung passend einregistriert gelingt.

Im Kloster Saarn in Mülheim fanden die Saarner Orgeltage statt, die 1991 nach dem Einbau der Schwalbennest-Orgel gestartet waren.
Im Kloster Saarn in Mülheim fanden die Saarner Orgeltage statt, die 1991 nach dem Einbau der Schwalbennest-Orgel gestartet waren. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Auch Vivaldis feuriges Konzert L’estro armonico war eine reizvolle Vorlage für Bach, um der Orgel neue klangliche Dimensionen abzugewinnen. Die klar fassbare Tonsprache der Konzerte unterstreicht der Organist mit deutlicher Phrasierung, seine Präzision und gemäßigte Tempi machen sein Spiel durchhörbar und luftig.

Zwei Zugaben mit Orgelmusik runden den Konzertabend im Kloster Saarn ab

Die kammermusikalische Anlage der langsamen Sätze bringt er zum Klingen. Einen Friedenswunsch im Hinblick auf die Kriegssituation in der Ukraine findet sich im Zentrum der Werke: die Choralbearbeitung ,O Mensch, bewein dein Sünde gross’ – ein Choral, der in Zeiten, in denen die Welt aus den Fugen geraten zu sein scheint, Hoffnung auf den Plan Gottes macht.

Die c-Moll-Passacaglia und zwei schöne Zugaben rundeten diesen Abend zu einem großartigen Konzert.