Mülheim. Am Dienstag wurde für den zweiten Film des Mülheimers Alexander Waldhelm „Beziehungen – kein schöner Land“ in Essen der rote Teppich ausgerollt.
In Deutschlands größtem und schönstem Kino, der Essener Lichtburg, feierte der zweite Film des Mülheimer Journalisten, Drehbuchautors und Regisseurs Alexander Waldhelm „Beziehungen – kein schöner Land“ offizielle Premiere.
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Eine Leiche gleich in der ersten Szene vermittelt sofort das Filmgenre - ein Krimi. Im Filmgeschehen wird die Tote im „Stadtpark“ gefunden, doch wer Mülheim kennt, weiß schnell, es ist das weitläufige, idyllische Gelände der Freilichtbühne. Womit klar ist: Ein Ruhrgebiets-Krimi. Wenn dann aber gleich zwei Kabarettisten agieren – Fritz Eckenga als vermeintlicher Heiratsschwindler und der Mülheimer René Steinberg als diensthabender Polizist –, besteht kein Zweifel mehr: Bei „Beziehungen – kein schöner Land“ handelt es sich um eine kurzweilige Ruhrpott-Krimi-Komödie, die von Wortwitz und Situationskomik lebt.
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Mülheimer Regisseur sorgt für einige Lacher
Die Krimihandlung ist genrebedingt verschroben, vieles bleibt erfreulich lange sowohl dem Ermittlungsteam als auch dem Publikum unklar. So ist das weibliche Opfer eine eigentlich noch recht rüstige Rentnerin, die – immerhin noch keine 70 – kurz vor ihrem Tod noch ’einvernehmlichen‘ Sex hatte, wie der Pathologe Kai Magnus Sting wunderbar als Pointe seiner sachlich-fachlichen Ausführungen fallenlässt.
Dass der Duisburger Sting die gesamte Zeit über ein dickes, vor Soße und Salat strotzendes Thunfisch-Sandwich isst, direkt über der abgedeckten Leiche, löst die ersten Lachsalven im gut besetzten, aber nicht vollen Saal, aus. Es blieben fürwahr nicht die Letzten.
Ruhrgebiet-Promis geben sich im Film die Ehre
Denn wie schon in Waldhelms erstem Film „Pottkinder – ein Heimatfilm“ (2017) geben sich etliche Ruhrgebiet-Promis im Film die Ehre. So darf etwa der Duisburger Uwe Lyko als sein Bühnenheld Herbert Knebel im Polizeirevier empört über den Stein des Anstoßes – Eierlikör – schwadronieren. Da hocken der Mülheimer Musiker Andy Brings und der Sänger und Bassist Slick Prolidol bedröppelt wegen Ruhestörung auf der Bank, die beiden Gitarren lehnen an der Wand.
Herrlich, als die Oberhausener Kabarettistin Gerburg Jahnke bei der Polizei rumpampt: „Ich hab eine Täterbeschreibung!“, und dann folgt die Beschreibung von Bienen, deren Streifenfarben Gelb und Schwarz sie zwar benennt, aber „BVB“ bewusst verschweigt. Auch Norbert Heisterkamp als ‘unbekleideter Autofahrer‘, bei der Polizei züchtig mit Bademantel umhüllt, bekommt einen skurril-komischen Auftritt. All diese bizarren Polizei-Szenen und vor allem die schön ausgedehnte Befragung eines Immobilienmaklers (Volker Pispers in bewährter aufklärerischer Manier) in einer hochherrschaftlichen Villa heitern das Krimigeschehen beglückend auf.
Homage an Mülheimer Kneipe
Derweil schlägt sich das Ermittlerduo – Partricia Höfer als Martina Ruppen und Bodo Lacroix als Rolf Mörsch – mit jeweils sehr eigenen persönlichen Problemen herum. Lacroix mimt den Junggesellen eher indirekt, wenn er etwa in der Kneipe „Tommy“ (eine wundervolle Hommage an Mülheims Kneipe „Zum schrägen Eck“), wo sich die Kommissare regelmäßig mittags treffen, stets eine Frikadelle verdrückt oder der Nachbarin des Opfers nach der Vernehmung sehnsüchtige Blicke hinterherwirft.
Die alkoholkranke Kommissarin wird von der ausdrucksstarken Höfer wie selbstverständlich dargestellt, wenn sie bei „Tommy“ Bier oder Wein kippt und in ihrer Wohnung (am Hans-Böckler-Platz) auf dem Sofa versackt, leere Weinflaschen neben sich. Oder wenn sie dem Treffen der Anonymen Alkoholiker (im Gemeindehaus in Saarn) entgehen will, was ihr Kollege aber vereitelt. Eindringlich werden diese persönlichen Geschichten am Anglerteich in Szene gesetzt, wo Lacroix seine einsamen Wochenenden verbringt und seine Kollegin explizit auf ihre Sucht anspricht.
Typische Pott-Szenen verleihen einen zusätzlichen Charme
Bei ihren Ermittlungen trifft das ungleiche, aber miteinander vertraute Paar auf wunderliche Ruhrgebietstypen, wie etwa eine Lockenwickler und Bademantel tragende Nachbarin, die Kommissar Mörsch mit Keksen versorgt. Auch der langhaarige Heavy-Metal-Fan und Nachbar des Opfers „der Zausel“ sowie der Auto-Dackel-Wackelhund „Agathe“ im Ermittlerfahrzeug sorgen für viele Lacher. Herrlich überdreht ein städtischer Beamter des Katasteramts (im Mülheimer Rathaus), der sich zwar privat mit der Toten traf, dafür aber zuvor die Erlaubnis der Vorgesetzten einholte.
Gerade diese so leichtfüßigen und über den ganzen Film verstreuten, so vermeintlich typischen Szenen aus dem Pott verleihen der Ruhrgebiets-Krimi-Komödie einen zusätzlichen Charme. Das Krimi-Ende soll hier nicht verraten werden, denn der Film verdient es, ihn sich anzuschauen – voraussichtlich bald auch im Rio, der Freilichtbühne und im Oberhausener Ebertbad und Duisburger filmforum.