Mülheim. Wie zukunftsfähig ist der Wirtschaftsstandort Mülheim? Das diskutierten Unternehmerinnen und Unternehmer. Teils fällten sie ernüchternde Urteile.
Wie ist es um den Wirtschaftsstandort Mülheim bestellt? Unter dieser Fragestellung tauschten sich am Montag rund 170 Unternehmerinnen und Unternehmer zusammen mit Vertretern der Stadt und des Unternehmerverbandes beim ersten Wirtschaftsforum Mülheim aus. Eine Umfrage zeigte: Die Hälfte der Teilnehmenden sieht schwarz für Mülheim als Wirtschaftsstandort.
Eine Krise jagt die nächste: Corona, Ukrainekrieg, Energieversorgung, Inflation, Klimawandel, digitale Transformation, Fachkräftemangel – nicht wenigen Unternehmen in der Stadt macht all das aktuell zu schaffen. Ganz klar: Ein Wirtschaftsstandort muss resilient sein, um diesen Herausforderungen standhalten zu können. Das könne nur gelingen, wenn alle an einem Strang zögen – nicht nur innerhalb einer Kommune, sondern bestenfalls ein einer ganzen Region. Dazu gehöre es auch, das Kirchturmdenken aufzugeben.
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Zu diesem Schluss kam Unternehmensberater Stefan Lennardt, der den Teilnehmenden des ersten Wirtschaftsforums Mülheim, zu dem die Stadt und der Unternehmerverband eingeladen hatten, Strategien für einen resilienten Wirtschaftsstandort vorstellte und die Unternehmerinnen und Unternehmer aktiv mit einbezog. Per Handy-Abstimmung ließ Lennardt etwa darüber abstimmen, wie gut der Wirtschaftsstandort Mülheim für die Zukunft aufgestellt ist. Das Ergebnis spricht Bände: Die Hälfte der Teilnehmenden, die bei dem Voting mitgemacht haben, urteilte, dass der Wirtschaftsstandort Mülheim schlecht oder sehr schlecht für die Zukunft aufgestellt ist. Demgegenüber beurteilten über 40 Prozent der Teilnehmenden die Zukunftsfähigkeit ihrer eigenen Unternehmen als gut.
Letzteres Ergebnis wundere ihn nicht, sagte Oberbürgermeister Marc Buchholz nach der Abstimmung und berichtete aus Gesprächen mit Firmen vor Ort: „Es läuft gut.“ Nicht unerwähnt ließ der OB, dass durch die Auflösung der Mülheimer Wirtschaftsförderungsgesellschaft und die Angliederung des Ressorts an die Stadtverwaltung bereits ein entscheidender Schritt gegangen sei. Hanns-Peter Windfeder, Vorstandsvorsitzender des Mülheimer Unternehmerverbandes, lobte das Vorgehen und sprach von einem vielversprechenden Neustart zwischen Stadt und Unternehmen: „Diesen engen Schluss mit der Politik wollten wir immer – das war in den Jahren zuvor allerdings in den Hintergrund geraten, es hat schon vor Corona geknarzt.“
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Gleichwohl bat der Unternehmerverbandsvertreter seine Mitglieder um Geduld, denn schließlich habe Mülheim auch „15 Jahre gebaucht, um in der Tabelle ganz unten anzukommen.“ Nun aber sei, so Windfeder, seitens der Verwaltung erkannt worden, dass „wir Geld in der Stadt brauchen, und das kann durch die Wirtschaft kommen.“
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Neben Aspekten wie einer sicheren Energieversorgung, dem Etablieren eines Standortes als Marke, einer vitalen Innenstadt, der Digitalisierung und der Bindung von Fachkräften – etwa durch alternative Wohnformen – gab Berater Lennert den Mülheimerinnen und Mülheimern mit Blick auf einen zukunftsgerichteten Wirtschaftsstandort auch mit: „Flächen sind ein extrem kostbares Gut geworden.“
Mülheimer Baudezernent: „Wir haben große Flächen in petto.“
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Darum weiß man in Mülheim durchaus. Bau- und Stadtentwicklungsdezernent Felix Blasch betonte, dass auf der Flächenentwicklung ein Fokus liege, und verwies auf die Flächenentwicklung am Flughafen, auf dem Vallourec-Gelände, für das die Stadt das Vorkaufsrecht geltend gemacht hat, und die Planung für das neue Areal Mülheim West. „Damit haben wir große Flächen in petto“, ist Blasch überzeugt.
OB Buchholz versicherte, bei der Ansiedlung von Flächen genau hinzuschauen: „Ich will keine Amazons und Alibabas hier, dabei wollen viele Logistiker wegen der Lage mitten im Ruhrgebiet gern nach Mülheim. Aber wir wollen einen Verkehrsinfarkt vermeiden.“
Flächennutzung in Mülheim: „Es ist ein Lichtstreif, dass sich etwas tut.“
Ob denn verfügbare Flächen zuerst Mülheimer Firmen angeboten würden, wollte ein Teilnehmer aus dem Publikum wissen. In der Regel sei das so, bekräftigten Blasch und Buchholz, das letzte Wort aber habe der Eigentümer – und das sei nicht immer die Stadt.
Mit Blick auf die angestoßene Flächenentwicklung resümierte Unternehmerverbandsvertreter Windfeder: „Es ist ein Lichtstreif, dass sich etwas tut.“ Gleiches gelte, da waren sich die Organisatoren einig, für das erste Mülheimer Wirtschaftsforum, das als regelmäßiger Treffpunkt für die hiesigen Unternehmerinnen und Unternehmer etabliert werden soll.