Mülheim. Kanada-Gänse hinterlassen ihren Kot am Mülheimer Ruhrufer auf Bootsstegen. Ein 85-Jähriger findet das unzumutbar und reinigt regelmäßig Stege.

Da, wo es Menschen gefällt, scheinen sich auch die Kanada-Gänse wohlzufühlen – etwa am Mülheimer Ruhrufer, genauer auf den Bootsstegen am Leinpfad unterhalb der Mendener Straße. Allerdings sonnen sich die Wasservögel dort nicht nur friedlich, sondern verschmutzen die hölzernen Stege auch mit ihren Hinterlassenschaften. Sehr zum Ärger von Hans Krähling. Der 85-Jährige will aber nicht tatenlos zusehen, sondern packt an: Mit einem Schrubber kämpft er gegen den Gänsekot – immer wieder.

Im ersten Moment erscheint es idyllisch, wie die Kanada-Gänse da liegen: Aufgereiht am Rande des Steges, den Blick aufs Wasser gerichtet. Guckt man aber genauer hin, ist das Bild alles andere als einladend: Die Holzstege sind übersät mit den Hinterlassenschaften der Wasservögel, regelrechte Häufchen liegen auf den Planken. „Und dann müssen die Kinder da barfuß rüber, wenn sie ihre Ruderboote zum Wasser tragen“, erzählt Hans Krähling von seinen Beobachtungen und findet: „Das ist ja auch eine Frage der Hygiene.“ Unzumutbar, meint der 85-Jährige. Deshalb – „und weil ich mich damit fit halten will“ – hat der Senior vor einigen Wochen angefangen, den Gänsekot zu entfernen.

85-Jähriger hat sich ein Gerät gebaut, um den Gänsekot abzuschrubben

Dafür hat sich Krähling ein Spezialgerät gebastelt: Ein stabiler Schrubber, der oberhalb der Borsten mit einer rechteckigen Kuchenform verschraubt ist. Damit kann der Senior Wasser aus dem Fluss schöpfen, auf die eingetrockneten Flecken kippen und dann wird kräftig geschrubbt.

Hans Krähling aus Mülheim schrubbt regelmäßig die Bootsstege am Leinpfad und befreit sie so vom Gänsekot.
Hans Krähling aus Mülheim schrubbt regelmäßig die Bootsstege am Leinpfad und befreit sie so vom Gänsekot. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Unermüdlich, immer wieder aufs Neue, rückt Hans Krähling an und macht sauber. Weil das aber einem Kampf gegen Windmühlen gleicht, hat der Mülheimer angefangen, sich kundig zu machen. Hat recherchiert, wie andere Kommunen das Problem mit den Hinterlassenschaften handhaben, die ebenso unter Gänse-Druck leiden: „Aus Neuss und Krefeld etwa wird ja das Gleiche berichtet.“ Bei der Stadt Mülheim, sagt der 85-Jährige, „fühlt sich niemand zuständig.“ Also schrubbt Krähling weiter. Doch das könne auch nicht die Lösung sein, ist der Mülheimer inzwischen überzeugt, denn: „Der Gänsekot lässt die Wasserqualität schlecht werden.“

Die Wasserqualität leidet, wenn der Gänsekot in Ruhr gelangt, sagt ein Mülheimer

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Auch von Anglern habe er mittlerweile erfahren, dass in dem Bereich längst nicht mehr so viele Fische beißen wie zuvor. „Die Fische können den Gänsekot nicht von Algen unterscheiden, wenn er im Wasser schwimmt, und können ihn nicht vertragen, wenn sie ihn fressen und verenden dann“, sagt der Senior. Statt den Unrat der Wasservögel also in die Ruhr zu schieben, kratzt Krähling ihn ab, sammelt ihn auf – „da hat man schnell eine Fünf-Liter-Tüte voll“ – und nimmt ihn mit. Dass dabei trotzdem hin und wieder noch etwas durch die Ritzen in die Ruhr gelangt, wurmt ihn – eine Lösung dafür hat Krähling noch nicht. Sicher ist: Er bleibt dran. Deutlich sauberer sind aber die beiden Stege, wenn der Senior sein Tagwerk verrichtet hat – zumindest bis die Gänseschar zurückkehrt.

Das Schild an der Mauer neben dem Leinpfad soll darauf hinweisen, dass die beiden Stege nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, sondern nur zum Wassersport genutzt werden dürfen.
Das Schild an der Mauer neben dem Leinpfad soll darauf hinweisen, dass die beiden Stege nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, sondern nur zum Wassersport genutzt werden dürfen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Die beiden letzten Stege vor dem Kahlenbergwehr seien auch die „bei denen die Bevölkerung nicht davon abgehalten wird, sich draufzusetzen“ – auch das ein Grund für den Krähling, dort für Ordnung zu sorgen. Ganz richtig sei dies allerdings nicht, sagt Felix Schwechten. Der Lehrer betreut den Schülerruderverein der Karl-Ziegler-Schule und sagt: „Die Stege sind nicht öffentlich. Ein Schild weißt explizit darauf hin, dass sie nur für die Nutzung zum Wassersport bestimmt sind.“

Das verblichene, inzwischen teils besprühte und von Pflanzen überwachsene Schild, das an der Mauer neben dem Leinpfad hängt, findet Krähling nicht aussagekräftig: „Das wird niemanden abhalten, sich hier niederzulassen.“ Erst recht die Gänse nicht.

In den Ferien wird nicht gerudert, da haben die Gänse auf den Stegen ihre Ruhe

Dass sich die Gänse auf den Stegen aufhalten, wenn dort aufgrund der Ferien kein Ruder-Betrieb ist, hat Lehrer Felix Schwechten bereits in den vergangenen Jahren beobachtet. „Wenn wir wie jetzt nach den Sommerferien wieder anfangen, dann machen die Kinder da erstmal gemeinsam sauber.“ Hans Krähling dürfte das freuen – bedeutet der Einsatz der jungen Ruderer doch weniger Arbeit für den Senior. „Wir nutzen die Stege bald wieder intensiv – dann wird es den Gänsen schnell zu unruhig und sie verziehen sich“, meint Schwechten. Gleichwohl bleibe die Verkotung ein Problem.

Die Gänse nutzen die Bootsstege am Mülheimer Ruhrufer zur Rast, erleichtern sich aber auch auf den Holzplanken.
Die Gänse nutzen die Bootsstege am Mülheimer Ruhrufer zur Rast, erleichtern sich aber auch auf den Holzplanken. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Eine Lösung, die andere Wassersportvereine in Mülheim umgesetzt haben, sei es, einen Steg aus Gitter zu installieren. „Dadrüber zu laufen tut aber nicht nur den Gänsen, sondern auch unseren Schülern weh“, sagt Schwechten. Zwar könne man sich mit Planen, die über dem Gitter ausgelegt werden, behelfen. „Doch wenn die Planen einmal liegenbleiben, kommen auch gleich die Gänse wieder drauf.“

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Es könnte helfen, hat der Lehrer von anderen Wassersportlern erfahren, am Rande des Steges zur Wasserseite hin einen Draht zu spannen, sobald die Ruderstunden beendet sind. „Das scheint zu helfen, um die Gänse abzuwehren, und wäre auch eine Option für uns“, sagt Schwechten.

Mülheimer Senior will aus Gänsekot und Laub Biogas gewinnen

Hans Krähling hat inzwischen eine andere Idee aufgetan. Er hat sich beim Gänsepeter informiert, erzählt der Mülheimer. Das sei ein Gänsezüchter aus Rommerskirchen, der als Fachmann gelte. Der habe ihm erklärt, dass Gänse flüchten, wenn über ihren Köpfen ein Fesselballon auftaucht. Für die Lage an der Ruhr hat Krähling diese Erkenntnis nun umgemünzt: „Wenn man Fahnen an den Stegen anbringen würde, hätten die Gänse davor sicher Angst, weil sich über ihnen etwas bewegt.“

Und auch für den Gänsekot hat Krähling eine Verwendung gefunden. Er will daraus Biogas gewinnen: „Ich habe in meiner Garage einen Kessel, in dem mische ich den Kot mit Laub.“