Ruhrgebiet. In allen Städten des Reviers machen sich Kanadagänse breit. Darum ist es so schwierig, die ungebetenen Besucher wieder los zu werden.
Entspannen auf der Wiese ist kaum möglich, hier an der Ruhr-Badestelle in Bochum-Dahlhausen. „Alles durch Gänsekot verschmutzt“, erzählen Besucher. „Flächendeckend“. Und kein Einzelfall im Ruhrgebiet. Es ist schwierig, der Gänseplage Herr zu werden. Denn sie kommen, um zu bleiben.
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Duisburg und Düsseldorf sammeln jede Brutsaison die Eier der Vögel ein. „Gänsemanagement“ heißt das und wird in Duisburg seit zwölf Jahren von einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet begleitet. Zwei Eier in jedem Nest werden zurückgelassen, damit die Gänse nicht an anderer Stelle wieder von vorne mit der Brut beginnen. Hat das funktioniert? „Zumindest ist die Zahl der Gänse nicht gestiegen“, sagen sie in Duisburg.
Essen versperrt den Weg zu den Brutstätten
Und in Düsseldorf, wo Mitarbeiter der Stadt ebenfalls zu „Eierdieben“ werden, ist sie in den Parks sogar gesunken. Von 966 auf 878 zwischen 2018 und Ende 2021. Das klingt gut, ist aber noch weit weg von den 329 Tieren, die es 2009 gab.
In Essen setzt der Kampf gegen die zu großen Gänsepopulationen noch ein wenig früher an. Seit einigen Jahren schon wird den Tieren der Zugang zu Brutstellen versperrt. Im Universitätsviertel beispielsweise werden die Schilfinseln bereits vor der Brutzeit geflutet und mit Draht bespannt, damit sie nicht nutzbar sind. Im Grugapark kommen zudem proteinarme Grassorten zum Einsatz, die von Gänsen gemieden werden. Auch hier spricht die Stadt von „insgesamt niedrigeren Gänsezahlen“. Völlig verschwunden aber sind die Vögel nirgendwo wieder.
Schon Stagnation wird als Erfolg gewertet
Selbst wenn die Zahl der Tiere in einer Stadt nur stagniere, sei das schon ein Erfolg, sagt Birgit Königs, Sprecherin des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) NRW. Viel mehr könne man kaum erreichen. Im Gegenteil. „Sobald eine neue Fläche entsteht, dauert es nicht lange, bis die erste Kanadagans vorbeischaut.“ Und bei einer bleibt es nicht, wie derzeit die Badestelle an der Ruhr zeigt.
Schnell breiten sich die Gänse ganz ungeniert aus, pflastern Wege, Wiesen und Wasser mit ihren Hinterlassenschaften, schnattern, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und können auch schon mal ungemütlich werden, wenn der Mensch sich ihrem Nachwuchs nähert. „Wenn man da nicht sofort am Anfang etwas unternimmt, wird es schwierig“, sagt Königs.
Füttern der Vögel ist der größte Fehler
Genau das machen viele Städte aber nicht. Und die Besucher von Parks machen oft das Falsche. Trotz der Verbote, die in den meisten Parks herrschen, füttern sie die Gänse. „Der größte Fehler, den man machen kann“, schließt sich Königs den warnenden Worten aller Experten an. „Damit holt man immer mehr Vögel heran.“
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Um sie wieder los zu werden, sei es am besten, den Tieren eine Alternative an anderer Stelle anzubieten, die ihnen noch besser gefalle, sagt Königs, weiß aber, dass das meist nicht möglich ist. Deshalb gilt: „Wo die Tiere vertrieben werden sollen, muss man sie vergrämen.“ Sand statt Wiese als Bodenbelag wählen und wenn doch eine Wiese sein muss, dann eine möglichst hohe. „Aber dann gefällt es natürlich auch vielen Menschen dort nicht mehr.“
„Die Tiere sind alles andere als dumm“
Manche Städte und Kommunen schicken auch gerne mal einen Jäger mit seinem Hund vorbei, um die Tiere zu vertreiben. „Eine Zeit lang funktioniert das“, sagt die Nabu-Sprecherin, „aber irgendwann haben sich die Gänse daran gewöhnt und lassen sich nicht mehr beeindrucken. Die Tiere sind alles andere als dumm.“ Deshalb glaubt sie auch nicht, dass der Griff des Jägers zu seiner Flinte viel bewirkt. „Bevor der zweite Schuss falle, seien die Tiere schon in der Luft. „Und wenn der Jäger weg ist, kommen sie zurück. Schießen bringt nichts.“
Das sieht Andreas Schneider, Sprecher des Landesjagdverbandes NRW anders. „Es geht ja nicht darum, die Gänse auszurotten“, stellt er klar. Deshalb komme es gar nicht darauf an, so viele Tiere wie möglich zu „entnehmen“.
Jagd in der Stadt ist schwierig
Auch er hält die Gänse für „gewieft“. Genau deshalb würden sie sich merken, wo es für sie gefährlich werden könne. Wichtig sei nur, bei der Jagd jede Routine zu vermeiden. Mal kommt man morgens, mal am Abend. Mal drei Tage hintereinander, dann wieder eine Woche überhaupt nicht.
Doch was im Wald recht unproblematisch sei, werde in der Stadt schwierig. Grundsätzlich gibt es zwar auch dort kein ganzjähriges Jagdverbot aber viele Orte, an denen die Jagd nicht möglich ist. Ausnahmegenehmigungen helfen da kaum weiter. „Wir können ja nicht jagen, wenn Menschen in der Nähe sind.“ Aber wenn man belebte und beliebte Bereiche etwa rund um den Phoenixsee oder im Grugapark kurzfristig großflächig sperre, ahnt Schneider, „stößt man schnell an Akzeptanzgrenzen“.