Mülheim. .
An den Kanadagänsen scheiden sich die Geister. Die einen erfreuen sich an den großen Vögeln. Die anderen sind genervt, wenn sich die Gänse in großen Gruppen, wie zuletzt an der Stadthalle, breit machen. Und dort natürlich auch was fallen lassen. Doch die große Gänsekolonie nahe der Stadthalle dürfte sich ohne Zutun von außen inzwischen aufgelöst haben.
Der Grund ist ein ganz natürlicher, wie Inge Püschel erklärt. Die Mülheimer Biologin hat ein besonderes Herz für Vögel, kleine wie große, und kennt sich mit ihrer Lebensweise bestens aus. Seit Juli waren die Kanadagänse rund vier Wochen in der Mauser, erklärt sie. Dann verlieren sie auch ihre Schwungfedern, können nicht wegfliegen und sind dann darauf angewiesen, bei Gefahr schnell ins Wasser zu flüchten. Und zum Schutz gegen Feinde finden sich die sehr sozial lebenden Tiere dann in großen Gruppen zusammen, wo sie aufeinander achten.
Bruterfolg geht gegen Null
Eigentlich leben die Gänse in kleineren Gruppen in den Ruhrauen, wo sie auch nicht stören. Aber für die Mauserzeit bietet das Außengelände an der Stadthalle eine ideale Lage: Nah am Wasser, kurz gemäht er Rasen – was den Gänsen, die reine Vegetarier sind, das Abweiden erleichtert – und vor allem: keine Hunde. Die Menschen bleiben nicht nur auf den Wegen, sondern bringen, leider, den Vögeln auch noch altes Brot als Futter mit. Ein echtes Paradies also, aus Gänsesicht.
Um die Vögel nun von dort zu vertreiben, so Inge Püschel, brauche man nicht auf sie zu schießen. Man sollte es ihnen dort eben nur ungemütlicher machen. Also die Wiese einfach mal wachsen lassen. Würde man gleichzeitig in den Auen auf einem Gelände mit gutem Zugang zum Wasser, das unzugänglich ist für Menschen und Hunde, die Vegetation in der Mauserzeit kurz halten, wären die Chancen gut, dass die Tiere einfach „umziehen.“
Massenhaft Gänse gibt es in Mülheim ohnehin nicht. „Es sind 200 bis 300 Tiere“, weiß die Mülheimer Biologin aus Zählungen der Biologischen Station, an er auch NABU, die Ornithologen-Gesellschaft NRW und andere Tierschützer regelmäßig beteiligt sind. Und sie weiß auch, dass die Gänsepopulation nicht weiter zunimmt, sondern bei diesen Zahlen bleibt „Es steht hier immer die gleiche Anzahl“, sagt Inge Püschel. „Der Bruterfolg der Gänse geht gegen Null.“ Fazit der Biologin: „Das Biotop Ruhrauen ist gesättigt. So viele Gänse trägt die Landschaft, mehr nicht.“ Und noch etwas betont Inge Püschel: „Die Gänse nehmen hier keiner anderen Art den Lebensraum weg“.
Ringe helfen bei der Untersuchung
Um die Gänse und ihr Wanderverhalten besser studieren zu können, wurden fast 70 Tiere inzwischen beringt. Die Ringe sind farbig oder aus Metall mit fünf Ziffern. Passanten können die Ringe ablesen und dann an die Vogelwarte melden. Diese führt Buch darüber, von wo die Gänse kommen und ob sie woanders hinziehen. Von dieser Einrichtung stammen auch die Ringe mit der Aufschrift „Hiddensee“.
„Für uns ist es wichtig, dass die Leute uns die Ringe per E-Mail melden“, sagt Püschel. Das gehe auch an die Mülheimer Interessengemeinschaft zum Schutz der Kanadagänse: Kanadagaense@gmx.net.
Einen Appell richtet Inge Püschel noch an echte Tierfreunde: „Bitte die Gänse nicht füttern. Es tut ihnen nicht gut.“ Herumliegendes Brot locke zudem Ratten an und sorge für eine Überpopulation der Enten.