Mülheim. . Von wegen nur Fußball oder Handball: An vielen Mülheimer Schulen stehen auch ungewöhnlicheSportarten auf dem Plan.
- 22 Schüler der Karl-Ziegler-Schule lernen Rudern
- 500 Meter auf Zeit fahren: Das ist die hohe Kunst
- Mancher landet auch in den Fluten
Die Angst ist in den Gesichtern der Jungen und Mädchen deutlich erkennbar. Die Weiße Flotte nähert sich. Rund 100 Meter ist sie höchstens noch entfernt. „Fahrwasser“, ruft Felix Schwechten seinen Schülern zu. So schnell wie möglich versuchen die sieben Jugendlichen daraufhin, ans Ruhrufer zu gelangen. Geschafft. Und schon tuckert das Ausflugsschiff am Steg des Bootshauses vorbei.
„In dem Stadium haben sie noch Angst vor der Weißen Flotte. Sie sind noch etwas wackelig im Einer“, sagt Schwechten. Er ist Sportlehrer an der Karl-Ziegler-Schule und ist heute zum fünften Mal mit den Elftklässlern auf dem Wasser. „Sie haben nach den Sommerferien angefangen“, berichtet Schwechten. Zu Beginn hätten die 22 Kursteilnehmer in Theoriestunden die Grundlagen erlernen müssen, dann ging es aufs Wasser.
Zwar hätten sie alle schon in der achten Klasse im Sportunterricht Rudern als verpflichtendes Fach gehabt. Doch damals übten sie erst einmal im sogenannten „Gig-Vierer“, einem lagestabilen und robusten Ruderboot.
Auch wenden und rückwärts fahren
Jetzt aber müssen sie sich in den wackligeren Übungs-Einern, den sogenannten „Skiffs“, zurecht finden. „Richtig rudern lernt man erst im Einer. Ein Skiff zu manövrieren ist für Anfänger schwierig“, findet Sportlehrer Schwechten. Dazu gehöre nämlich nicht nur, Kurs zu halten, sondern auch zu wenden und rückwärts zu fahren. „Einer ist letzte Woche ins Wasser gefallen. Das kommt anfangs häufiger vor“, erklärt der 37-Jährige.
Auf dem Steg vor dem schuleigenen Bootshaus an der Mendener Straße haben die Schüler die Möglichkeit, sich gegenseitig beim Einsteigen in die Einer zu helfen. Denn das ist gar nicht so einfach. Selbst die erfahrenen Sportler, die auch im Schülerruderverein der Schule teilnehmen, brauchen hier noch eine stützende Hand.
Stadtmeisterschaften am 29. Oktober
Als einzige Schule in Mülheim bietet die Karl-Ziegler-Schule Rudern verpflichtend im Sportunterricht an. Alle Schüler der achten Klasse erhalten eine Grundausbildung im Gig-Vierer. Die Schüler der elften Jahrgangsstufe können sich zwischen Leichtathletik, Rudern, Badminton und Gymnastik einen Sportkurs aussuchen.
Das Fach Rudern existiert bereits seit mehr als 25 Jahren an der Karl-Ziegler-Schule. Fünf Lehrer unterrichten es. In diesem Jahr finden die Stadtmeisterschaften am 29. Oktober um 14 Uhr oberhalb der Mendener Brücke statt.
„Generell ist dieser Kurs aber überdurchschnittlich talentiert“, lobt der Pädagoge seine Schützlinge. Das liege natürlich auch daran, dass viele von ihnen schon einige Jahre Mitglied im Schülerruderverein sind und bereits Vorkenntnisse vorweisen können. Und sie sind für den Sportlehrer auch eine große Hilfe während des Unterrichts. Vier Schüler stehen heute gemeinsam mit ihm am Ufer und betreuen die acht anderen Kameraden auf dem Wasser. „Fahr noch eine Acht um die Bojen, dann kannst du anlegen, Jonas“, gibt da zum Beispiel Sara Schaar einem Anfänger die Anweisung. „Ich bin auch schon Regatten gerudert. Letztes Jahr waren wir mit dem Schülerruderverein Stadtmeister“, so Sara Schaar.
Für die nicht so erfahrenen Elftklässler wird es nach der Winterpause, die sie mit Volleyball spielen in der Halle verbringen, ernster. Dann ist nämlich Slalomfahren angesagt. Und zwar im Einer. Und in der zwölften Klasse schließlich geht es um die Wurst. „Dann fahren sie 500 Meter auf Zeit“, so Schwechten. Jede Woche könnten die Kursteilnehmer die Strecke im Sprint trainieren – und am Ende zähle die beste Zeit aus dem Jahr.
Daran ist aber noch nicht zu denken. Das Anlegen des Bootes ist jetzt noch schwierig genug, wie Jonas feststellen muss. Pitschenass hievt er sich vom seichten Ufer auf den Bürgersteig. „Ich habe das Skull falsch angewinkelt, dann wird es unter Wasser gezogen“, beschreibt der Elfklässler selbst die Ursache für das Umkippen.
Wie gut, dass es im Bootshaus Duschen gibt. Nach einem unfreiwilligen Bad in der Ruhr sind diese äußerst willkommen.
Golf, Parkour und Segelfliegen: Ausgefallene Sportarten auch anderswo
Auch an anderen Schulen in Mülheim werden Schülern ausgefallene Sportarten angeboten.
So gibt es zum Beispiel Golfen an der Grundschule am Oemberg. Schon seit 1997 kooperiert die Grundschule mit dem Golfclub Mülheim an der Ruhr und fördert junge Talente.
Im April jeden Jahres dürfen sich alle Kinder aus dem zweiten Schuljahr einen Tag lang auf dem Golfplatz des Golf-Clubs Selbeck austoben. „Es ist eine große Aktion mit einem umfangreichen Programm“, berichtet Schulleiterin Gabriele Romagno. An dem Tag beobachten Golfer die Schüler und laden die talentiertesten zu einem zweiten Training ein. Ausschlaggebend seien Eigenschaften wie Ballgefühl, Begeisterung für den Sport und Ehrgeiz. Nach der zweiten Sichtung blieben meist zwölf Kinder übrig. „Sie werden dann von Paten gefördert und bekommen ein Jahr lang einmal wöchentlich ein kostenloses Training“, so Romagno.
Nur mit den Fähigkeiten des Körpers
An der Willy-Brandt-Schule findet einmal wöchentlich für alle Schüler der fünften bis zwölften Klassen eine Parkour-AG statt. Ein Profitrainer und ein Sportlehrer bringen rund 20 Schülern bei, nur mit den Fähigkeiten des eigenen Körpers möglichst effizient von Punkt A zu Punkt B zu gelangen. Durch bestimmte Sprungtechniken und Gleichgewichtsübungen lernen die Schüler, sich auf einem Hindernisparcours geschickt fortzubewegen. Diese moderne Sportart stammt aus Frankreich und ist nicht wettbewerbsfähig.
Am Gymnasium Heißen gibt es seit 2012 eine Segelflug-AG in Kooperation mit dem Aero-Club Mülheim. „Leider haben wir zur Zeit etwas Nachwuchsprobleme“, bedauert AG-Leiter Lothar Freihoff. Momentan seien nur vier Jugendliche aktive Flieger. „Auch die Schüler, die aktiv in der Segelflug-AG sind, verlassen ja mit dem Abitur unsere Schule.“ Deshalb gebe es in unregelmäßigen Abständen Schnupperflugaktionen, um neue Interessierte zu begeistern.