Mülheim. Am steigenden Andrang der Mülheimer Tafel zeigen sich die finanziellen Nöte der Stadt. Die Diakonie wünscht sich mehr Unterstützung.

Schon in den vergangenen Jahren unterstützte die Mülheimer Tafeln mit ihrer wohltätigen Essensausgabe viele hundert Menschen bei Altersarmut, Arbeitslosigkeit und steigenden Lebenshaltungskosten. Das Geld der finanziell schwach aufgestellten Mülheimerinnen und Mülheimer wird immer knapper. Das merken sowohl die Tafel als auch die Tiertafel durch eine steigende Nachfrage.

Durch die Folgen der Corona-Pandemie und nun mit den Geflüchteten aus der Ukraine werden es stetig mehr. „Seit Beginn des Krieges hat sich einiges bei uns verändert“, so Dominik Schreyer, Geschäftsführer der Mülheimer Diakonie. In den Schlangen seien um die 40 neue Gesichter zu sehen, darunter auch „unheimlich viele Kinder.“ Zusätzlich verteile die Tafel pro Woche allein an Geflüchtete aus der Ukraine 600 Taschen mehr.

Mülheimer Tafel: Aufwand fast verdoppelt

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Damit hat sich der Aufwand fast verdoppelt. Bisher war die Tafel mit 500 Taschen pro Woche an der Ausgabe und 200 Taschen im Lieferdienst schon gut ausgelastet. Das System der vorgepackten Taschen hatte sich in der Anfangszeit der Pandemie etabliert. Gemeinsam mit einem zugeteilten Zeitraum konnten lange Schlangen und Wartezeiten reduziert werden.

„Die Kundinnen und Kunden können sich bei der Tafel melden und erhalten einen Termin nach Verfügbarkeit zugeteilt. Einen Bedürftigkeitsnachweis braucht es bei uns weiterhin nicht“, so Schreyer. Zwar bedeute das Termin-System einen Mehraufwand für die Mitarbeitenden der Tafel, trotzdem habe es sich bewährt, weil so mehr Menschen versorgt werden können.

Dominik Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks.
Dominik Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Noch sind die Spenden in Mülheim ausreichend

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Trotz der gestiegenen Nachfrage: „Bisher kriegen wir noch alle versorgt“, so der Geschäftsführer. Zwar variiere die Menge der Lebensmittelspenden, doch wenn an einem Tag gewisse Dinge fehlten, glichen sie sich über die Woche gesehen wieder aus. Ein Aufnahmestopp wie in Essen sei noch nicht in Sicht. Wie lange das gut geht, vermag Schreyer aber nicht einzuschätzen. Wenn die Inflation mehr Menschen an ihre finanziellen Grenzen bringt oder mehr Menschen fliehen, könnte das System kippen. „Ohne weitere Mittel läuft das keine Jahre mehr.“

Bisher sei in Mülheim aber nicht die Spendenmenge das größte Problem. „Der Flaschenhals sind die Helfer, Fahrer und Kosten für Transporter“, so Schreyer. Mitarbeitende kommen bei der Tafel oft aus Arbeitsmarkt-Programmen der Stadt. Mehr Geld oder Personal von Seiten der Stadt, um den derzeitigen Mehraufwand zu kompensieren, gebe es nicht. „Wir würden uns mehr Unterstützung wünschen.“

Mülheimer Tafel: Instrument der Sozialpolitik?

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„Die Tafeln waren mal eine Maßnahme gegen Lebensmittelverschwendung. Mittlerweile gelten wir als Instrument der Sozialpolitik.“ So würden regelmäßig ukrainische Geflüchtete erscheinen, die noch auf ihren Termin zur Registrierung beim Sozialamt warteten und so lange kein Geld zur Versorgung hätten. „Denen wird dann gesagt, sie könnten sich Hilfe bei der Tafel holen“, so Schreyer.

Von Seiten der Stadt heißt es dazu auf Nachfrage der Redaktion, dass die materielle Versorgung der Menschen mit Hilfe der Regelleistungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetzt immer rechtzeitig sichergestellt werde. Wenn Geflüchtete über die Landeseinrichtungen nach Mülheim kommen, werde ihnen bei Ankunft ein Scheck bereitgestellt. Kämen ukrainische Geflüchtete privat nach Mülheim, nehme die Bearbeitung wenige Tage in Anspruch. Verhungern müsse in Mülheim niemand, so das Statement. Ob Unterstützung für die Tafel möglich sei, bespreche man in der kommenden Woche. Es sei ein Gespräch zwischen Diakonie und dem Sozialamt geplant, so die Stadt auf Nachfrage.

Mülheimer Tiertafel merkt neuen Andrang

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Doch nicht nur der Bedarf an günstigen Lebensmitteln ist gestiegen. Wenn Herrchen und Frauchens Einkäufe teurer werden, bleibt weniger Geld für die geliebten Haustiere, erklärt Simone Schmidt von der Mülheimer Tiertafel. Noch dazu sei in den meisten Futtermitteln Weizen enthalten, der seit Ausbruch des Ukraine-Krieges teurer geworden ist und sich auch im Preis der Tierprodukte niederschlägt. Auch wenn die Größenordnung eine andere ist, 20 Personen seien in der Pandemie dazugekommen. Zuvor waren es 30.

Die Mülheimer Tafel an der Gracht 209.
Die Mülheimer Tafel an der Gracht 209. © Tiertafel

Und seit Beginn des Krieges erhält der Verein wöchentlich neue Anfragen. „Aktuell viel von ukrainischen Geflüchteten, die mit ihren Haustieren nach Mülheim gekommen sind“, so Schmidt. Andere Bedürftige kämen dafür nur noch alle zwei Wochen. „Durch die Erhöhung der Spritpreise können sie sich die Fahrt nicht mehr leisten.“

Mülheimer Tiertafel ist auf Privatspenden angewiesen

Zwei Mülheimer Tierhandlungen unterstützten die Tiertafel regelmäßig, doch „80 Prozent der Spenden stammen von Privatpersonen“, so die zweite Vorstandsvorsitzende. Und auf Spenden sei die Tiertafel auch in Zeiten der Inflation angewiesen. Daher appelliert sie an die Nächstenliebe in Mülheim. „Auch wenn man selbst die Teuerung merkt: Man darf nicht die Leute vergessen, denen es schlechter geht.“

Öffnungszeiten der Tafeln

Die Ausgabe der Mülheimer Tafel findet Montag bis Freitag zwischen 10.30 und 12.30 Uhr an der Georgstraße 28 statt.

Die Ausgabe der Tiertafel ist immer samstags zwischen 12 und 14 Uhr an der Gracht 209.