Mülheim. Die Mülheimer Hotelbetriebe bewerten die Lage nach den Corona-Einbrüchen unterschiedlich. Die Übernachtungszahlen steigen wieder langsam an.
Die Ruhr-Tourismus-Gesellschaft zieht für 2021 eine durchwachsene Bilanz. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen nach ihren Angaben die Übernachtungszahlen in der Region im Vergleich zum ersten Corona-Jahr um 6,5 Prozent, blieben aber mit 45,8 Prozent noch deutlich hinter den Übernachtungszahlen des Vor-Corona-Jahres 2019.
Deutlich positiver fällt das von IT-NRW ausgewiesene Übernachtungs-Plus von 122 Prozent im Vergleich der ersten Quartale 2021 und 2022 aus, wobei die aktuellen Übernachtungszahlen immer noch um 36 Prozent geringer sind als im Vergleichszeitraum des Vor-Corona-Jahres 2019. Mülheimer Hoteliers schildern ihre Lage.
Etliche Radtouristen haben auch in Mülheim übernachtet
Claudia Thiesmann, Inhaberin des gleichnamigen 44-Zimmer-Hotels an der Dimbeck, konnte die Auslastung ihrer Zimmer im Jahresvergleich 2020/2021 von 5,5 auf 11,6 Prozent steigern. Sie bestätigt die Tendenz der Ruhr-Tourismus-Zahlen und sagt mit Blick auf ihren Betrieb und ihre Branchenkollegen: „Durch Corona sind wir genügsam geworden. Wir konnten 2021 davon profitieren, dass mehr Menschen nicht ins Ausland gereist sind und stattdessen als Radtouristen an der Ruhr übernachtet haben.“
Traurig, aber wahr: „Wir konnten davon profitieren, dass in den letzten beiden Jahren mit Noy, Handelshof, Ruhrufer und Lederfabrik vier Mülheimer Hotelbetriebe schließen mussten und sich deren Gäste auf die vorhandenen Hotelbetriebe verteilt haben“, erklärt Thiesmann, die Ende Juni nach zwei Jahren Corona-Pause erstmals wieder Messegäste in ihrem Haus beherbergen kann.
Wer mit Messegästen rechnet, hat im Sommer weniger Auslastung
„Die Zahlen der Ruhr-Tourismus-GmbH beinhalten auch Zahlen der Metropolen Essen und Düsseldorf sowie aus dem Sauerland. Deshalb sind sie für uns nicht aussagekräftig, weil wir in Mülheim von Geschäftskunden abhängig sind und nur wenige touristische Gäste haben“, erklärt Moncef Mahmoudi vom 51-Zimmer-Hotel Best Western im Forum die Ausgangslage. 2019 waren die Zimmer seines Hauses zu fast 63 Prozent ausgelastet. 2020 ging die Auslastung auf 27 % und 2021 auf etwas mehr als 10 Prozent zurück, um, Stand heute, wieder auf 22 Prozent anzusteigen.
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Mahmoudi freut sich, dass er im Mai und Juni wieder Messe-Gäste in Mülheim begrüßen kann. Auch Centro-Touristen steigen regelmäßig bei ihm ab. Nach dem Sommerloch, „nachdem man in Mülheim die Uhr stellen kann“, hat er für den Oktober 2022 wieder Buchungen von Messegästen vorliegen. Doch mit Sorge sieht der Hotelier aus dem Forum, „dass die Oktoberbuchungen vielleicht wieder dem Corona-Virus zum Opfer fallen könnten.“ Auch das zunehmende Phänomen des Homeoffice macht Mahmoudi und seinen Kollegen das Leben nicht leichter, ebenso wie die umfangreichen Arbeitsplatzverluste, die Mülheim in jüngster Zeit hinnehmen musste.
Neue Kundenkreise konnten gewonnen werden
Nur ungern denkt Falk Sassenhof vom gleichnamigen 18-Betten-Hotel am Schellhockerbruch an die Corona-Lockdown-Phasen, in denen sein Hotel nur zu 10 bis 15 Prozent ausgelastet war. „Es hat sich aber gelohnt, dass wir – anders als manche anderen Hotels – auch im Lockdown keinen Tag geschlossen hatten. So haben wir unter den Technikern und anderen Außendienstlern auch in dieser schwierigen Zeit neue Kunden gewinnen können“, betont Sassenhof. Doch auch außerhalb der Lockdowns blieb die Corona-Zeit für den Hotelbetrieb mager. „In dieser Phase haben uns nur die Geschäftsreisenden gerettet“, erinnert sich der Hotelier und Gastronom.
Zurück in die große Freiheit- So starten Camper in MülheimInzwischen haben er und sein Team aber wieder eine „so gute Auslastung wie im Vor-Corona-Jahr 2020.“ Dafür sorgen seit der Aufhebung der Maskenpflicht im März vor allem Geschäftsreisende, aber auch Rad- und Ruhrtouristen sowie Übernachtungen, die mit Familienfesten in Verbindung stehen. Jetzt hofft Sassenhof nur, „dass die politische und pandemische Großwetterlage nicht wieder alles zunichtemacht.“
Das Homeoffice macht den Übernachtungsbetrieben das Leben nicht leichter
Für Marion Kuhn vom gleichnamigen 63-Zimmer-Hotel an der Mellinghofer Straße stellt sich die Buchungslage aktuell „schleppend und schlecht“ dar. Ob sie in einigen Wochen wieder mehr Rad- und Ruhrtouristen in ihrem Haus beherbergen kann, ist für sie „jetzt noch reine Spekulation.“ Was ihr das Leben schwer macht, „sind die in Homeoffice-Zeiten rückläufigen Buchungen der reisenden Kaufleute.“ Auch die Messegäste, die bei ihr buchen, übernachten jetzt oft nur noch zwei Tage bei ihr, weil das Messeangebot wesentlich kleiner sei als vor Corona.
„Nach dem Ende des Lockdowns liefen die Buchungen wieder gut an, dann aber kam die Omikron-Welle und hat uns alles wieder kaputt gemacht“, bilanziert Kuhn das Hotel-Jahr 2021, „2019 hatten wir vor Corona in der Regel eine Auslastung von 80 bis 90 Prozent, während wir uns in den letzten beiden Corona-Jahren, die von starken Buchungsschwankungen und kurzfristigen Stornierungen geprägt sind, auf einem Auslastungsniveau zwischen 5 und 25 Prozent bewegen“, beschreibt Marion Kuhn den Vor- und Nach-Corona-Effekt, unter dem ihre Branchenkollegen und sie zu leiden haben.