Mülheim. Die Hotels in Mülheim können den Betrieb nur langsam wieder hochfahren. Das ausfallende Messegeschäft macht sich bemerkbar.
Die Corona-Krise setzt der Hotelbranche in Mülheim massiv zu. Erst vor wenigen Wochen hatte die Familie Noy verkündet, ihr Hotel in der Innenstadt bereits vor der Pandemie an einen Investor verkauft zu haben. Doch wie steht es um andere Häuser in der Stadt?
„Wir müssen uns immer an die wechselnden Auflagen anpassen, was heute erlaubt ist, kann morgen schon wieder verboten sein und umgekehrt“, erklärt Anke Cimbal, Sprecherin der BWH Hotel Group Central Europe GmbH, zu der auch das Best Western Hotel im Mülheimer Forum gehört. Bis Mitte Mai waren keine privaten Übernachtungen erlaubt, langsam läuft das Geschäft aber wieder an.
Hotels in Mülheim noch weit entfernt vom Normalbetrieb
Von einem Normalbetrieb, was vielleicht einige Gäste erwarten würden, sei man noch weit entfernt. Es herrsche nach wie vor eine Ausnahmesituation, noch viele Mitarbeiter in den Hotels und rund 80 Prozent der Mitarbeiter, die in der Zentrale der BWH Hotel Group beschäftigt sind, seien in Kurzarbeit.
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„Die Gesundheit unserer Gäste, aber auch die unseres Personals steht an erster Stelle“, so Cimbal. „Aber auch wirtschaftlich gesehen, ist es gefährlich nachlässig zu sein, wenn wir unsere Häuser dann wegen eines Coronafalls wieder schließen müssten.“ Die Hotellerie sei neben dem Gaststätten- und Veranstaltungsgewerbe eine der ersten Branchen gewesen, die durch Corona schwer getroffen waren und eine der letzten, die wieder in Richtung Normalbetrieb gehen dürfen.
Messe- und Kongressgeschäft wichtig für Mülheimer Hoteliers
Doch selbst wenn der Tourismus wieder anläuft, stehen die Mülheimer Hotels weiterhin vor einem Problem. „Selbstverständlich spielen Übernachtungen aus dem Business-Segment eine wesentliche Rolle für die Betriebe. Dazu zählen neben den Messen in Düsseldorf und Essen auch Tagungen und Kongresse, die derzeit nur sehr eingeschränkt stattfinden“, sagt Marc Baloniak, Tourismus-Leiter des Mülheimer Stadtmarketings (MST). „Wir gehen davon aus, dass circa 85 Prozent aller Übernachtungen in Mülheim auf geschäftliche Reiseanlässe zurückzuführen sind.“
Für die Hotels in der Stadt ist das ein drastischer Einschnitt. Wie der Landesbetrieb IT.NRW verkündete, gibt es seit März starke Verluste bei den Übernachtungen in Mülheim. Im April war laut Statistik ein Rückgang von rund 85 Prozent zu verzeichnen. Dabei zeigt der Blick auf die Übernachtungszahlen der vergangenen Jahre eine durchaus positive Entwicklung.
Aktuelles Geschäft nur mit Kurzarbeit stemmbar
Bereits 2018 und 2019 hatten sich die Zahlen mit über 195.000 Übernachtungen stabilisiert. Baloniak führt diesen Trend auf die Neueröffnungen des Holiday Inn Express an der Schloßstraße und des B&B-Hotels am Tourainer Ring zurück. „Davor lagen die durchschnittlichen jährlichen Übernachtungen bei circa 150-160.000“, erklärt er die Entwicklung.
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Von solchen Zahlen ist das Landhaus Sassenhof mit Sitz am Speldorfer Schellhockerbruch noch entfernt. „Wenn wir den Messebetrieb herausnehmen, sind wir mittlerweile bis zu 70 Prozent wieder ausgelastet“, sagt Geschäftsführer Falk Sassenhof. „Mit Kurzarbeit ist das stemmbar, aber auch nicht auf Dauer.“ Besonders deutsche Touristen, die das Ruhrgebiet entdecken möchten, würden momentan im Familienbetrieb unterkommen. „Ich habe allerdings mit einem guten Messe-Jahr gerechnet und noch drei Zimmer renovieren lassen. Die Rechnung ist nicht aufgegangen.“
Neue Kundschaft durch Corona-Aktionen
Einige Hotels wollten sich zu ihrer jetzigen Situation nicht vor dieser Zeitung äußern. Die Unsicherheit treibe die Hoteliers um, niemand wisse, wo die Reise hingeht, argumentiert Falk Sassenhof. Er konnte etwas Gutes aus der Situation ziehen. „Durch unsere Take Away-Aktion in der Krise haben wir neue Stammkunden gewinnen können. Der Restaurantbetrieb läuft ganz gut. Ich bleibe vorsichtig, schaue aber optimistisch in die Zukunft.“
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Auch das Hotel U an der Aktienstraße merkt, dass die Leute wieder kommen. Anders als im Landhaus Sassenhof ist das Klientel meist geschäftlich in der Stadt. „Montags bis freitags sieht es ganz gut aus, aber am Wochenende fehlen mir die Privatleute, die reisen“, sagt Leiterin Claudia Timmer. Die Quintessenz: „Jede Woche ist anders, die Leute reisen nur noch spontan. Auch ich gebe nur noch Mini-Jobs heraus, weil ich nicht planen kann. Wirtschaftlich arbeitet das Hotel nicht mehr. Aber wir geben nicht auf.“
Hotel Hopfen-Sack beklagt die Situation
Ganz anders sieht es im Hotel Hopfen-Sack aus. Der Familienbetrieb an der Kalkstraße steht tief in den roten Zahlen. „Die Situation ist katastrophal“, sagt Eigentümer Mujo Delic. „Wir leben hauptsächlich von Geschäftskunden, die alle im Homeoffice sind oder in ihren Städten bleiben. Der Rückgang liegt bei 95 Prozent.“
Gerade einmal zwei Gäste habe das Hotel pro Woche, ohne den guten Willen des Pächters würde es den Betrieb wohl schon nicht mehr geben. „Wenn sich die Lage nicht verbessert und wir irgendwann wieder die vollen Abgaben leisten müssen, ist es eine 50:50-Chance, ob wir dann schließen. Wir leben gerade nur von unseren Rücklagen.“
Hotelgäste sind schwer verunsichert
Die Corona-Pandemie hat auch die Hotelgäste in Mülheim schwer verunsichert. Erst langsam öffnet die Hotellerie ihre Pforten wieder für alle Übernachtungsgäste, steht aber weiterhin vor einer großen Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Dass jedes Bundesland sein eigenes Süppchen koche, verwirre viele Gäste. „Erfahrungen, die man in einem Hotel in einem anderen Bundesland gemacht hat, erwarten Gäste dann überall“, weiß Anke Cimbal, Sprecherin der BWH Hotel Group Central Europe GmbH, zu der das Best Western im Forum gehört. „Beim Thema Frühstück gibt es in den Bundesländern unterschiedliche Auflagen, die die Hotels umsetzen müssen.“ So könne etwa in einigen Hotels ein Buffet angeboten werden, in anderen ist nur ein Tischservice möglich. „In Mülheim wird derzeit kein Buffet angeboten, je nach Belegung des Hotels gibt es ein A-la-Carte-Frühstück oder Lunchpakete für die Gäste.“
Unterschiedliche Regelungen verwirren Hotelgäste
Auch bei Wellnesseinrichtungen gibt es europaweit unterschiedliche Verordnungen: So könnten Hotelgäste in der Schweiz sogar die Saunen benutzen, in einigen Hotels in Deutschland sind Fitnessräume und Schwimmbäder geöffnet, während an anderen Standorten diese Angebote behördlich noch untersagt sind.
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Im Mülheimer Best Western werden momentan die Zimmer erst nach Abreise des Gastes und nicht während des Aufenthalts gereinigt. Überall im Hotel stehen Desinfektionsmittel zur Verfügung und auch der Kontakt an der Rezeption würde auf ein Minimum unter Einhaltung der Abstandsregeln beschränkt. Dekoartikel, auf denen sich Viren festsetzen könnten, seien aus den Zimmern entfernt worden.
Hotels raten, sich vorher zu informieren
Nach der Abreise der Gäste würden die Zimmer akribisch gereinigt und stehen dann drei Tage leer, bis sie an neue Hotelgäste vergeben werden, so Anke Cimbal. Sie empfiehlt Gästen, sich auf der der Internetseite des jeweiligen Hotels zu informieren, welche Auflagen in den Bundesländern gelten und welche Schutzmaßnahmen am Übernachtungsort eingehalten werden müssen.