Mülheim. Nächste Woche kommen erste Busse mit Ukraine-Flüchtlingen nach Mülheim. Die Stadt hofft auch auf Hilfe privater Vermieter. Wie das funktioniert.

229 ukrainische Flüchtlinge waren zuletzt in Mülheim registriert, die zunächst einmal privat untergekommen sind. Die Stadt erreichten zwischenzeitlich auch Anfragen, ob für diese Menschen anderweitig Wohnungen zu bekommen seien. So wirbt die Stadt bei Immobilienbesitzern aktuell auch darum, Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Vorweg eine gute Nachricht für Mülheims Sportabiturienten: Noch am Donnerstag hatte es geheißen, dass deren Prüfungen am 28. März in der Harbecke-Sporthalle auch davon abhängig seien, dass die Halle zwischenzeitlich noch nicht – wie aber auf Sicht wohl nötig – zur Unterbringung von Flüchtlingen aus der Ukraine gebraucht wird. Am Freitag ließ Sozialdezernentin Daniela Grobe als Leiterin des Ukraine-Krisenstabes dann verkünden: „Das Sportabi in der Harbecke-Sporthalle ist auf jeden Fall gesichert.“

Sozialdezernentin dankt Mülheimern für ihre Hilfe: „Großartige Leistung“

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Gleichzeitig drückte Grobe ihren Dank für jene Mülheimerinnen und Mülheimer aus, bei denen in den ersten Wochen des Krieges Menschen aus der Ukraine unterkommen konnten – sei es in Zimmern oder in Wohnungen. „Das ist eine großartige Leistung der Mülheimerinnen und Mülheimer. Das hilft uns als Stadtgesellschaft, allen Menschen, die hier ankommen, im ersten Schritt und für die ersten Tage ein Dach über dem Kopf zu geben“, so Grobe.

Nebeneffekt für die Stadtverwaltung, die angesichts der gewaltigen Fluchtbewegung die Mammutaufgabe der Unterbringung zu organisieren hat: Jeder Platz in einer privaten Unterkunft hält einen Platz in einer städtischen Unterkunft für weitere Geflüchtete frei. Bekanntlich ist die Stadt dabei, die Unterbringung Hunderter Menschen am Saarner Kirmesplatz zu zentrieren.

Wohnraum: Mülheimer Stadtverwaltung hofft, dass privates Engagement sich verstetigt

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Grobe sieht nach Rückmeldungen der privaten Helfer die Notwendigkeit zu klären, „wie das private Engagement insbesondere der Unterbringung zukünftig gestaltet werden kann, dass dieses auch endlich sein kann und auch hier dann der Bedarf an Unterbringung in einer städtischen Einrichtung erforderlich wird“. Für die aktuelle Situation biete das Sozialleistungsrecht dabei verschiedene Möglichkeiten der Kostenerstattung oder Kosten- beziehungsweise Mietübernahme.

Die Stadtverwaltung hat hierzu nun alle Informationen für private Vermieter zusammengestellt – in der Hoffnung, dass private Unterbringungen verlängert werden oder sogar zu verstetigen sind. „Ich bitte Sie, wenn Sie geflüchtete Menschen aus der Ukraine derzeit untergebracht haben, diese Hinweise einmal für sich zu prüfen, ob sie eine Möglichkeit darstellen, ihr Engagement fortzusetzen“, richtete Grobe am Freitag einen Appell an Mülheims Bürger.

Mehraufwand bei Betriebskosten kann erstattet werden, auch komplette Mietkosten

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Staatliche Unterstützung über das Sozialamt ist in allerlei Facetten möglich. Beispiel 1: Wer ukrainische Flüchtlinge mit Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei sich in der Mietwohnung untergebracht habe, könne Mehrkosten beim Sozialamt geltend machen, heißt es. Voraussetzung: Der Vermieter hat schriftlich eine höhere Betriebskostenpauschale verlangt. Die Stadt würde bei positiver Prüfung (wegen des aktuell hohen Antragsaufkommens aber wohl zeitverzögert) Geld direkt an den Vermieter überweisen.

Beispiel 2: Vermieter, die Flüchtlingen mit Anspruch auf Sozialleistungen eine komplette Wohnung überlassen haben, weist die Stadt darauf hin, dass hierfür die Kosten der Unterkunft vom Sozialstaat bis zu einer festgelegten Mietobergrenze für Mülheim beim Sozialamt geltend gemacht werden können. Hierfür sei es notwendig, dem Amt eine ausgefüllte Mietbescheinigung einzureichen (auf muelheim-ruhr.de unter dem Suchwort „Mietobergrenze“ zu finden). Die Verwaltung rät Vermietern, erst nach Erhalt einer entsprechenden Rückmeldung des Amtes einen Mietvertrag zu unterzeichnen.

Vermieter sollten Mülheimer Mietobergrenzen im Blick haben

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Zu den Mietobergrenzen: Eine Person hat aktuell den Anspruch auf bis zu 50 Quadratmeter Wohnfläche, bei einer Bruttokaltmiete von 414,50 Euro. Für zwei Personen gelten 65 Quadratmeter und 533,65 Euro, für drei Personen 80 Quadratmeter und 650,40 Euro, für vier Personen 95 Quadratmeter und 782,80 Euro und für fünf Personen 110 Quadratmeter und 903,10 Euro. Für jede weitere Person sind noch mal 15 Quadratmeter und 121,80 Euro als Obergrenze gestattet.

Die Stadtverwaltung weist darauf hin, dass sie selbst in Fällen der privaten Vermietung auch nicht bei Übernahme der Unterkunftskosten Mietvertragspartnerin wird. Auch könne sie es mit ihrem Personal nicht stemmen, eine Wohnungsvermittlung für ukrainische Flüchtlinge zu übernehmen.

Stadt Mülheim sieht sich nicht in der Lage, Wohnungsbörse zu managen

„Wenn jemand aber eine nennenswerte Zahl an Wohnungen zur Verfügung stellen kann“, so Sozialdezernentin Grobe im Gespräch mit dieser Redaktion, sei die Stadt sehr wohl offen für ein solches Angebot. In einem solchen Fall könnte die Stadt unter Umständen selbst die Wohnungen anmieten für die Unterbringung von Geflüchteten. Das hätte Vor- und Nachteile für Vermieter. Vorteil: Der Mietpreis wäre frei von Mietobergrenzen zu verhandeln. Nachteil: Vermieter können sich dann nicht mehr selbst einen Mieter aussuchen. Die Stadt würde Flüchtlingen die Wohnungen zuweisen.

Stadt: Bitte keine Sachspenden nach Saarn bringen!

Die Stadt bat angesichts anderslautender Aufrufe in sozialen Medien am Freitag Bürgerinnen und Bürger darum, keine Sachspenden zum Flüchtlingsdorf an der Mintarder Straße zu bringen. „Wir haben dort keine Lagermöglichkeiten und brauchen auch keine Sachspenden“, sagte Stadtsprecher Volker Wiebels.

Er berichtete, dass dank einer großzügigen Spende vor Ort eine Spielecke für ankommende Kinder eingerichtet werde. Deutschen Rotes Kreuz und Stadtverwaltung würden darüber hinaus alles Notwendige, auch Spielzeug, besorgen, etwa auch über Partner im Netzwerk der Flüchtlingshilfe. „Das ungeordnete Abladen von Sachspenden ist kontraproduktiv, bei allem guten Willen“, so Wiebels. „Wir kümmern uns schon.“


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