Mülheim. In Mülheims Schulen fehlen mehr als acht Prozent der Kinder wegen Corona. Schülervertreter fordern eine Notbremse: freiwilliges Lernen zu Hause.
Die Reihen lichten sich in den Mülheimer Schulen. Die Quote positiver Tests steigt seit den Weihnachtsferien. Vonseiten der Schülervertreter werden Hilferufe laut – die Situation sei „unerträglich geworden“.
Die wöchentliche Abfrage des NRW-Schulministeriums zum Schulbetrieb in Corona-Zeiten zeigt den ganzen Ernst der Lage. Zum Stichtag 2. Februar (dies sind die neuesten vorliegenden Zahlen) konnten 8,25 Prozent der Schülerinnen und Schüler in Mülheim wegen Corona nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. Mehr als fünf Prozent haben eine bestätigte Infektion, rund drei Prozent sitzen in Quarantäne. Dass Mülheim damit noch leicht unter dem Landesschnitt liegt (9,1 Prozent abwesende Schüler wegen Corona), tröstet kaum.
Mehr als ein Prozent der Selbsttests an Mülheimer Schulen positiv
Der Anteil der infizierten Schüler steigt seit den Weihnachtsferien stetig: von zunächst 1,3 auf jetzt 5,14 Prozent. Und es gibt keine Anzeichen, dass sich die Situation schnell verbessern könnte, denn auch die Quote der positiven Selbsttests in den Mülheimer Schulen klettert hartnäckig nach oben. Zuletzt waren es 1,17 Prozent, in der Vorwoche noch knapp unter einem Prozent.
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Auch die Lücken im Kollegium vergrößern sich. Mülheimer Schulen haben dem Ministerium gemeldet, dass fünf Prozent der Lehrkräfte wegen der Pandemie fehlen, darunter 3,4 Prozent, weil sie selber infiziert sind. Aktuell laufen aber alle Klassen weiter im Präsenzunterricht. Für den Bereich der Grundschulen bestätigt dies auch Schulrätin Heike Freitag: Bislang habe ihr keine Grundschule angezeigt, dass sie – klassenweise – gezwungen sei, in den Distanzunterricht zu gehen.
Mülheimer Schülervertreter haben Online-Petition sofort unterzeichnet
Mit der Forderung, die Präsenzpflicht auszusetzen, also freiwilligen Distanzunterricht möglich zu machen, gehen jetzt aber Schülervertreter an die Öffentlichkeit. Ihre Online-Petition auf der Plattform change.org unter „#WirWerdenLaut“ richtet sich an die Bundesbildungsministerin, den Bundesgesundheitsminister, die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und die Regierungspräsidien der Länder. Am Dienstagnachmittag hatten schon mehr als 125.000 Personen die Petition unterschrieben. Zu den Erstunterzeichnenden gehört auch die Mülheimer Bezirksschülersprecherin Luisa Reichwein vom Gymnasium Heißen.
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Nicht nur sie, auch andere Schülervertreter aus Mülheim hätten unterzeichnet, berichtet Luisa Reichwein: „Wir stehen als BSV klar hinter den Forderungen der Petition.“ Und die gehen weit. Die Jugendlichen und ihre zahlreichen Unterstützer fordern unter anderem: Aufhebung der Präsenzpflicht, so dass Schüler mit ihren Familien selber entscheiden können, ob sie sich im Distanzunterricht wohler fühlen. Auch sollen Luftfilter in allen Schulräumen aufgestellt werden, Lerngruppen verkleinert, kostenlose FFP2-Masken verteilt und zuverlässigere Tests eingesetzt werden: PCR-Pooltestungen sowie hochwertige Schnelltests müssten her.
Tests in der Omikron-Welle nicht mehr zuverlässig
„Dass die Tests in der Omikron-Welle nicht mehr zuverlässig sind, merkt man in den Schulen“, sagt Luisa Reichwein. Positive Tests seien bei der Kontrolle oft plötzlich negativ oder umgekehrt. „Man fühlt sich verunsichert und im Stich gelassen.“
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In der Petition heißt es: „Die Situation an unseren Schulen ist nach zwei Jahren unerträglich geworden.“ Auch das können viele Mülheimer Kinder und Jugendliche unterschreiben. Vergangene Woche hatte die örtliche Schülervertretung in einer Stellungnahme die Landesregierung und besonders Schulministerin Gebauer hart kritisiert und einen Infektionsschutz verlangt, „der nicht erst mit dem Schulgong beginnt und mit dem Öffnen von Fenstern endet“. Auch, dass die Ruhrbahn zu wenige Busse einsetze, beklagen die Schülervertreter. Jeden Morgen seien Kinder und Jugendliche „einem Infektionsherd ausgeliefert“.
Fast 84 Prozent der Lehrkräfte in Mülheim sind geboostert
Doch ihre Lehrerinnen und Lehrer seien nicht die Schuldigen – sie gäben ihr Bestes, um die Situation zu verbessern. In der Abfrage des Schulministeriums gibt es auch Daten zur Impfbereitschaft in Mülheimer Kollegien: Danach sind mittlerweile 96,1 Prozent der Lehrkräfte zumindest doppelt geimpft und 83,9 Prozent auch bereits geboostert. Allerdings haben zu diesem Punkt nur 22 von insgesamt 38 Schulen Angaben gemacht.
Wöchentliche Abfrage des Ministeriums
Seit Beginn des Schuljahres 2020/21 fragt das NRW-Schulministerium wöchentlich bei allen Schulen ab, wie der Betrieb in Pandemie-Zeiten läuft.
Unter anderem wird erfasst, ob die Schulen vollständigen Präsenzunterricht anbieten, wie viele Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler sich gerade in Quarantäne befinden oder mit Corona infiziert sind.
Auch nach der Anzahl durchgeführter Selbsttests und deren Ergebnis wird gefragt. Außerdem wird der Impfstatus der Lehrkräfte erhoben.
Die Daten werden jeweils mittwochs abgefragt und zu Beginn der kommenden Woche veröffentlicht.
Generell lässt die Beteiligung der Mülheimer Schulen an der wöchentlichen Abfrage des NRW-Ministeriums nach. Unmittelbar nach den Weihnachtsferien hatten noch 37 der insgesamt 38 städtischen Schulen ihre Daten gemeldet, am 26. Januar waren es 35 und zuletzt nur noch 33 Schulen mit insgesamt 17.772 Schülerinnen und Schülern. Davon saßen exakt 913 Mädchen und Jungen mit einer Corona-Infektion zu Hause.