Düsseldorf. Das Testverfahren an NRW-Schulen bleibt in der Kritik, die SPD zweifelt an der Zuverlässigkeit von Schnelltests - das Ministerium reagiert.
Das Schulministerium hat Kritik an der Zuverlässigkeit von Corona-Schnelltests an Schulen in NRW zurückgewiesen. Die seit Jahresbeginn genutzten Testprodukte aus China seien mit CE-Zertifikat für Deutschland zugelassen und vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI) bewertet als „Stand der Technik“, betonte das Ministerium am Dienstag. „Diese Tests werden unter anderem auch in anderen Bundesländern wie Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen und Sachsen eingesetzt. Sie reagieren auf alle bekannten Virusvarianten - einschließlich der Omikron-Variante.“
Die SPD-Opposition hatte zuvor erneut Zweifel an der Sensitivität geäußert. Aus Grundschulen werde berichtet, dass nach positiven PCR-Pooltests von Schulklassen die anschließenden Einzel-Selbsttest bei allen Schülern negativ ausgefallen seien, monierte Vizefraktionschef Jochen Ott. „Somit bleiben viele Infektionen unentdeckt.“ Der Schulausschuss des Landtags müsse sich mit dem Thema am Mittwoch befassen, beantragte Schulexperte Ott. Ein Ministeriumssprecher sagte, man habe keinen Zweifel an der Sensitivität beider Produkte. Auch mit dem vor zwei Wochen geänderten „Lolli“-PCR-Testverfahren verfüge NRW noch über eines der sichersten Schultestsysteme aller Bundesländer.
"Test-Chaos" an NRW-Schulen nach Umstellung Ende Januar
Seit dem 26. Januar wird nach einem positiven PCR-Pool-Test nicht mehr jeder Schüler über einen individuellen Labortest via PCR sofort nachgetestet. Stattdessen wird nur noch per Selbsttest an den Schulen nachgeprüft. Dieser Schritt hatte breite Kritik ausgelöst. „Der Verzicht auf die Auswertung von Rückstellproben bei den Grundschülern ist ein Paradigmenwechsel, der dazu führt, dass infizierte Kinder am Tag nach dem Pool-Test in die Schule gehen. Daran entzündet sich verständlicherweise Wut. Aber eigentlich richtet sich die Kritik an die ganze Kultusministerkonferenz und den Bund, denn sie alle haben es versäumt, Schulen als Teile der kritischen Infrastruktur zu begreifen und besser zu schützen“, sagte Anke Staar, Vorsitzende der Landeselternkonferenz (LEK) NRW, dieser Redaktion.
Auch die NRW-Mitglieder des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sparten nicht mit Kritik an der Landesregierung. Sie forderten die Regierung „zur sofortigen Beendigung ihrer konzeptlosen Pandemiepolitik bei Kinder- und Jugendlichen auf“. Die „erneute Sprunghaftigkeit in der Schul- und Gesundheitspolitik vor dem Hintergrund des aktuellen Chaos bei den PCR-Testungen“ gefährde nicht nur die Durchführung des Präsenzunterrichtes, sondern vor allem die psychische Gesundheit und die Teilhabemöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen. Nebenbei bringe sie die Kinderarztpraxen an den Rand ihrer Arbeitsfähigkeit.
„Kinder werden seit Beginn der Pandemie eher als Gefahr denn als gefährdet gesehen”, schimpfte Dr. Marcus Heidemann, BVKJ-Vorsitzender aus Westfalen-Lippe.
Schulministerium erläutert Vorgehen bei positiven Pooltests in Schulen
SPD-Politiker Ott betonte jetzt, nach einer PEI-Untersuchung hätten die Tests aus China bei einer mittleren bis schwachen Viruslast eine geringere Sensitivität als die zuvor verwendeten Produkte eines deutschen Herstellers. Es sei zu befürchten, dass Infektionen mit der Omikron-Variante unentdeckt blieben.
Auch der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag) zitierte einen Grundschullehrer, dem zufolge regelmäßig PCR-Pooltests positiv ausfielen - was belege, dass mindestens ein Kind in der Klasse infektiös sei. Dennoch seien die Einzelnachtestungen via Selbsttest bei allen Schülerinnen und Schülern über Tage negativ ausgefallen. Aus anderen Schulen sei Ähnliches berichtet worden.
Das Ministerium erläuterte, dass alle Kinder am Präsenzunterricht teilnehmen dürfen, auch wenn das Poolergebnis positiv, aber die anschließenden Negativ-Schnelltests allesamt negativ ausfallen. Denn: Die hochsensitive PCR-Methode entdecke bereits sehr geringe Viruslasten, ohne dass die Getesteten ansteckend seien. Deshalb dürften auch genesene Schüler noch bis zu acht Wochen nach ihrer Rückkehr aus der Isolierung nicht am Lolli-Testverfahren teilnehmen, da bei ihnen sonst noch Viruspartikel nachzuweisen seien und ein PCR-Test dann positiv ausfallen könne. (mit dpa)