Mülheim. Müssen Prüfungen an der HRW bei den hohen Infektionszahlen unbedingt in Präsenz abgehalten werden? Eine Mülheimer Mutter ist deshalb besorgt.

Studierende der Hochschule Ruhr-West schreiben derzeit ihre Prüfungen – teils online, aber teils auch in Präsenz. Dass die Hochschule keine andere Lösung gefunden hat und ihr Sohn vor Ort Klausuren beiwohnen muss, hat eine Mülheimer Mutter in Sorge versetzt. Sie hat sich mit ihren Bedenken sogar an das NRW-Gesundheitsministerium gewandt. Die HRW gibt an, Kompromisse für die Prüfungssituation gefunden zu haben

„Wie kann es sein, dass Studenten der Fachhochschule West in Präsenz Prüfungen in der Stadthalle schreiben müssen? In Bezug auf das aktuelle extrem hohe Infektionsgeschehen halte ich dieses für unverantwortlich“, schreibt die Mutter, die aus Sorge um ihren Sohn anonym bleiben will. Sie fürchtet, dass ihr Sohn als Studierender an der HRW ansonsten Nachteile erfährt. Erst mit dem Wintersemester, das nun mit einem Prüfungsreigen zu Ende geht, habe ihr Sohn an der Hochschule sein Studium aufgenommen, berichtet die Mülheimerin. „Die Vorlesungen haben hauptsächlich online stattgefunden, jetzt aber hat er zwei Klausuren in Präsenz“, schildert die Mutter den Stundenplan des 20-Jährigen.

Kommilitone hat am Tag nach der Klausur ein positives Testergebnis erhalten

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Ihr Sohn, so sagt sie, sei ein gebranntes Kind, was Corona anbelangt – trotz doppelter Impfung sei er im November am Coronavirus erkrankt. „Er ist dementsprechend vorsichtig, testet sich etwa immer, bevor er zu den Großeltern geht.“ Dass er nun mit zahlreichen anderen Studierenden in der Stadthalle saß, um eine Klausur zu schreiben, findet die Mutter alles andere als optimal: „Das Infektionsrisiko steigt nun mal, sobald man viele Menschen in einem Raum hat.“ Zwar fänden die Präsenzprüfungen unter der 3G-Regel statt und trügen die Studierenden durchweg – auch für die Dauer der Klausur – FFP2-Masken, trotzdem aber wisse sie von ihrem Sohn, dass einer der Kommilitonen am Tag nach der Klausur ein positives Testergebnis erhalten habe.

Neuerdings Corona-Teststation am Campus

Auch in den vergangenen Semestern hat es an der Hochschule Ruhr West nach Aussage der Pressesprecherin trotz der Pandemie Prüfungen und Klausuren in Präsenz gegeben. Im ersten Lockdown im März 2020 wurden sogar Klausuren gestrichen.

Am Campus Mülheim an der Duisburger Straße 100 gibt es seit Anfang Januar eine Corona-Teststation des DRK, wo sich nicht nur HRW-Studierende und -Dozenten montags bis freitags zwischen 7.30 Uhr und 15 Uhr kostenlos testen lassen können, sondern alle Bürgerinnen und Bürger. Termine können vereinbart werden unter drivein-testzentrum.de/testzentrum-hrw

In ihrer Sorge hat die Mülheimer Mutter das NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales angeschrieben und angefragt, ob nicht angesichts der hohen Infektionszahlen eine Änderung der Prüfungssituation veranlasst werden könne. Die Mülheimerin hielte ein kurzfristiges Umschwenken von Präsenz- auf Online-Prüfungen für richtig, sagt sie. Das Ministerium leitete die Anfrage an die HRW weiter.

HRW: Kompromisse für die Prüfungsplanung gefunden

Dort heißt es, man habe Kompromisse finden müssen zwischen den Bedürfnissen der Studierenden, dem Infektionsschutz und der Qualität der Prüfungen. „Insgesamt finden etwa ein Drittel alle Prüfungen in Präsenz statt und zwei Drittel online“, schildert HRW-Pressesprecherin Beatrice Liebeheim-Wotruba. Für Prüfungen, die in Präsenz stattfinden, seien in der Mülheimer Stadthalle der Festsaal, in dem maximal 150 Teilnehmer zugelassen sind, und das Ruhrfoyer, wo sich höchstens 100 Teilnehmer aufhalten dürfen, gebucht.

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Außerdem sei der jeweilige Prüfungsbeginn zeitversetzt, so dass nicht alle Studierenden zu gleichen Zeiten eintreffen. Erfahrungsgemäß lägen die Anmeldungen zu den Präsenzprüfungen unter der maximal möglichen Teilnehmerzahl, zudem kämen am Prüfungstag noch einmal weniger Studierende, heißt es an der HRW. In den Gebäuden müsse darüber hinaus der Mindestabstand eingehalten werden, und die Studierenden dürfen sich nur auf gekennzeichnete Plätze setzen.

„Es scheint im Ermessen des Dozenten zu liegen, wie die Prüfungen stattfinden.“

Dass tatsächlich Abstand gehalten wurde, kann der 20-jährige Student nach seiner ersten Präsenzprüfung in dieser Woche bestätigen. Restlos überzeugt ist seine Mutter von der Notwendigkeit von Prüfungen vor Ort anstatt hinterm PC allerdings nicht, zumal: „Es scheint im Ermessen des jeweiligen Dozenten zu liegen, ob die Prüfungen in Präsenz oder online stattfinden“, hat die Mutter aus den Erzählungen ihres Sohnes erfahren.

Sie sagt: „Dem Anschein nach gibt es keine gesetzliche Handhabe, die Präsenz-Prüfungen nicht stattfinden zu lassen.“ Dazu erklärt die HRW: „Derzeit gibt es keine Rechtsgrundlage, Prüfungen nicht auch in Präsenz zu gestalten. Die Lehrenden der jeweiligen Module entscheiden mit ihren Dekanaten und in ihren Fachbereichen die Prüfungsform. In allen Fachbereichen gibt es sowohl Online- als auch Präsenzprüfungen.“

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Asta-Vorsitzender: Dozenten stimmen Prüfungsform vielfach mit Studierenden ab

Das kann Kai Trybusch als Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) bestätigen. „In welcher Form die Prüfungen abgehalten werden, ist dem Dozenten überlassen. Vielfach ist das aber auch mit den Studierenden abgestimmt worden. Manche Dozenten werten auch Projektarbeiten als Prüfung, in denen man dann das, was man eigentlich als Theorie in der Klausur wissen müsste, in der praktischen Arbeit zeigt.“

Gehäufte Klagen über Prüfungen in Präsenz aus Sorge vor Ansteckung, wie sie die Mülheimer Mutter geäußert hat, sind Trybusch und dem Asta-Team nicht zu Ohren gekommen, so der Vorsitzende. Gleichwohl weiß er: „Manche Studierende kommen mit der Online-Lehre besser klar, andere wiederum brauchen die Präsenz.“ Der Asta-Vorsitzende sagt mit Blick auf die aktuellen Prüfungen: „Ich halte auch Präsenzveranstaltungen für vertretbar, so wie sie unter den Vorgaben mit Abstand, Maske und 3G-Kontrolle stattfinden.“