Mülheim. . Mülheim ist langweilig hieß es in der Vergangenheit. Das sieht der Asta der HRW anders: Die Stadt biete viel und sei auf einem guten Weg

Mitten zwischen großen Städten mit großen Universitäten verbirgt sich in Mülheim die Hochschule Ruhr West. Zum heutigen Internationalen Studententag haben die Vorsitzenden des Allgemeiner Studierendenausschuss (Asta) Kai Trybusch und Sabina Moser über das Leben als Student in Mülheim gesprochen. Beide leben hier, Sabina Moser (24) schon seit sie zwölf ist, aktuell studiert sie im Bachelor „Internationale Wirtschaft – Emerging Markets“. Kai Trybusch (29) studiert im Master „Wirtschaftsingenieurwesen – Energiesysteme“ am Standort Bottrop. Für das vorangegangene Bachelor-Studium zog er von Dinslaken nach Mülheim, wo er noch immer wohnt.

Mülheim wurde in der Vergangenheit als langweilig bezeichnet – gerade für Studierende. Würden Sie dem zustimmen?
Sabina Moser: Nein. In Mülheim gibt es schon Feierangebote. Auch wenn eine größere Auswahl schöner wäre. Insgesamt hat die Stadt einen gediegenen Ruf, was auch an einem hohen Alter der Einwohner liegt. Aber sie gibt sich Mühe, das zu verändern. Das passiert vielleicht langsam, ist aber schon ein guter Start. Durch die Hochschule sind viel mehr junge Leute hierher gezogen, durch die nach und nach auch ein Angebot kommen müsste. Ich sehe auf jeden Fall Potenzial.
Kai Trybusch: Und wer sich bemüht, findet auch etwas gegen die Langeweile. Es gibt Angebote an der Müga oder der Ruhr, da sollte für jeden etwas dabei sein. Man muss sich nur informieren oder Leute fragen. Ich zum Beispiel habe auch erst anderthalb Jahre, nachdem ich nach Mülheim gezogen bin, von der Mittwochsreihe an der Freilichtlichtbühne erfahren.

Sie sagen, dass die Stadt insgesamt sehr bemüht ist. Was macht denn der Asta, um das Studentenleben spannender zu machen?
Sabina Moser: Wir haben da einige Angebote. Es gibt Semesterpartys, Partys der Fachschaften oder verschiedene Touren – zum Beispiel durch Kneipen. Dabei versuchen wir, mit lokalen Anbietern zusammen zu arbeiten. Die Semesterparty im November findet im Ringlokschuppen statt. Partys gehören natürlich zum Studentenleben – aber nicht nur. Gibt es auch andere Dinge?
Sabina Moser: Klar. Wir waren schon Lasertag spielen oder im Kino. Im kommenden Jahr richten wir ein Fußball-Turnier aus. Und auch mit dem Theater an der Ruhr arbeiten wir eng zusammen, um unseren Studierenden das Theater näher zu bringen.
Kai Trybusch: Außerdem kooperieren wir mit dem Hochschulsport der Uni Duisburg-Essen. Das heißt, dass HRW-Studierende da uneingeschränkt mitmachen können. Es gibt Fußball, Hockey oder auch einen Kickbox-Kurs, der zum Beispiel nur um die 20 Euro kostet.

Viele Studierende reisen mit Bus und Bahn. Wie steht es Ihrer Meinung nach um den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) hier in Mülheim?
Sabina Moser: Klar, wir sind nicht Tokio, wo alle 30 Sekunden eine Bahn fährt. Aber den Bedarf gibt es ja auch nicht. Man kommt überall hin, das ist das wichtigste. Zu späterer Stunde fahren Nachtbusse. Und an der Uni gibt es ausreichend Parkplätze.
Kai Trybusch: Ich würde sagen, dass Mülheim ein bisschen wie ein Stern aufgebaut ist. Man kommt von allen Ecken schnell zum Hauptbahnhof. An der Uni haben wir außerdem eine Next-Bike-Station. Studierende können eine Stunde lang umsonst Fahrräder leihen. Die Anbindung mit Bus und Bahn zu den Nachbarstädten ist auch zufriedenstellend. Apropos Nachbarstädte. Gerade die Hochschulen im Ruhrgebiet gelten als Pendler-Unis. Anstatt in die jeweilige Stadt zu ziehen, bleiben viele Zuhause wohnen. Wie bewerten Sie das für die HRW?
Kai Trybusch: Ich glaube schon, dass das so ist. Trotzdem nehme ich das anders wahr, was aber auch daran liegen könnte, dass wir einfach viele Leute hier in Mülheim kennen.
Sabina Moser: Dass Mülheim so nah an den anderen Städten liegt, ist außerdem kein Nachteil. Wenn es Dinge hier nicht gibt, kann man schnell in eine der Nachbarstädte fahren – zum Shoppen oder Feiern.

Warum würden Sie anderen empfehlen, an Ihrer Uni zu studieren?
Kai Trybusch: Weil die Uni kleiner ist, viel familiärer. Die Dozenten kennen die Studierenden, der Umgang ist lockerer.
Sabina Moser: Natürlich gibt es immer jemanden, der sich beschwert, aber die Professoren sind echt motiviert. Sie bemühen sich um die Studierenden und spannende Vorlesungen. Außerdem ist die Hochschule sehr jung und so organisiert, dass jeder etwas bewegen kann.

Das ist viel Lob, doch meistens läuft ja nicht immer alles rund. Was könnte besser funktionieren?
Sabina Moser: Ich bin eigentlich echt zufrieden. Wenn sind das eher Kleinigkeiten. Mehr Lernflächen in der Bibliothek wären zum Beispiel schön. Es gibt viele Studierende, die nicht Zuhause lernen wollen, da reicht der Platz nicht immer. Aber auch hier ist die Hochschule bemüht. Zum Lernen werden Seminarräume aufgeschlossen, die Bibliothek fragt immer wieder nach, welche Bücher gewünscht werden.
Kai Trybusch: Außerdem fände ich statt einem Orientierungstag am Anfang des Studiums mehrere schöner. Daran arbeiten wir, es ist aber ein Prozess, der dauert.

>> NUR 16 PROZENT DER STUDENTEN LEBEN IN MÜLHEIM

5614 Studierende gab es zum Stichtag des Sommersemesters 2018 an beiden Standorten der Hochschule Ruhr West. Davon studierte der Großteil – 4266 – in Mülheim. Das erklärte Prof. Susanne Staude, Vizepräsidentin der HRW auf Anfrage. Nach vorläufigen Zahlen studieren aktuell (Wintersemester (2018/19) rund 6500 Menschen an der Hochschule, davon haben sich circa 1500 neu eingeschrieben. Seit 2009 gibt es die Hochschule nun und fast zehn Jahre nach dem Start ist sie ganz schön gewachsen, zum Start 2009 waren es 78 Studierende, 2014 knapp 3300.

Die Universitäten im Ruhrgebiet gelten als Pendler-Unis. Und auch wenn es einigen Studierenden, wie den Asta-Vorsitzenden Kai Trybusch und Sabina Moser nicht so vor kommt – die Zahlen der Mülheimer Hochschule bestätigen das Klischee. Lediglich 16 Prozent der Studierenden wohnen in Mülheim, gefolgt von Essen (14,5), Duisburg (11,4), Oberhausen (9,4) und Bottrop (7,8).

Besonders beliebt ist Wirtschaftsinformatik

Von weit her kommen die meisten Studierenden jedoch nicht. 90 Prozent haben ihre Hochschulzulassungsberechtigung, also meist Abitur oder Fachabitur, in Nordrhein-Westfalen erworben – rund 13 Prozent in Essen, rund 11 Prozent in Mülheim und Duisburg, vier Prozent der Studierenden hingegen außerhalb von Deutschland.

Besonders beliebt sind die Wirtschaftsinformatik, die wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge, Bauingenieurwesen und Maschinenbau. Hierfür haben sich je 300 Studierende eingeschrieben. Studiengänge, die es so nur an der HRW gibt, sind Energie- und Wassermanagement sowie der Frauenstudiengang Maschinenbau. In dem studieren Frauen die ersten vier Semester unter sich.