Mülheim. Rund zwei Dutzend junge Mülheimer, alle geboostert, hoffen, im Sommer in die USA fahren zu können. Die Big Band der Luisenschule hat Großes vor.
Klassenfahrten fallen aus, Ausflüge. Und Partys sowieso. Vieles, was Spaß macht, ist den Jugendlichen seit fast zwei Jahren immer wieder verwehrt. Was bleibt, ist das große Hoffen. So auch an der Luisenschule in Mülheim, wo die Big Band schon 2021 auf Tour gehen wollte. Nun soll es im Sommer 2022 endlich nach Amerika gehen. Trotz hoher und höchster Coronazahlen dies- und jenseits des Atlantiks hält Bandleiterin Regina Coupette (62) an ihrem Plan fest. „Wenn wir es gar nicht erst probieren, passiert definitiv nichts.“ Die Flüge nach Chicago sind reserviert, das Reisebüro zeigt sich kulant und wäre auch noch in einigen Wochen bereit, alles rückgängig zu machen. Doch das will keiner.
Wenn das Daumendrücken Erfolg hat „und die Reise wirklich zu verantworten ist“, heben Ende Juni rund 25 musikbegeisterte Schüler und Schülerinnen ab ins Abenteuer USA. Die ersten beiden Wochen der Sommerferien wollen sie in den Staaten verbringen, genauer: in Illinois und Wisconsin. Begleitet wird die Big Band von Gründerin Coupette, die neben Musik auch Englisch und Französisch unterrichtet, sowie von Mathe- und Physiklehrer Tim Krugmann, der die Technik-AG leitet. Coupettes Ehemann Andreas ist ebenfalls an Bord. Er hat schon bei den ersten beiden Amerika-Trips der Band für eine umfangreiche Dokumentation gesorgt. Tolle Alben mit unzähligen Fotos glücklicher junger Menschen sind entstanden.
Kurz vor der Rückreise wollen die jungen Mülheimer noch die „Windy City“ erobern
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Erster Stopp in Illinois wird das Städtchen Downers Grove sein; die Gruppe kommt in einem klassischen Hostel unter. Anschließend steht ein Besuch der kleinen Gemeinde Carthage unweit der Grenze zu den Bundesstaaten Iowa und Missouri an. Und von dort geht’s per Bus weiter ins Dorf Ontario in Wisconsin, wo die Schüler in Gastfamilien wohnen. Kurz vor der Rückreise wollen die jungen Mülheimer noch die „Windy City“ erobern, das weltberühmte Chicago am Lake Michigan.
Die Route also ist fix. Und auch das Programm steht. Regina Coupette, die einst vom Mülheimer Jazzmusiker Manfred Mons auf die Idee zum Austausch gebracht worden war, hat die USA schon 2015 und 2018 mit ihrer Big Band bereist. Mehrfach gab’s auch Gegenbesuche amerikanischer Musiker im Ruhrgebiet. Und so hat die 62-Jährige mittlerweile eine Reihe exzellenter Kontakte: „Wir kennen uns gut und können uns aufeinander verlassen.“
Big Band kann auch diesmal wieder in renommierten Clubs auftreten
Die Jugendlichen aus Mülheim können auch diesmal wieder in renommierten Clubs auftreten, zusammen mit lokalen Musikern. „Wir haben sogar schon im Jazz Showcase in Chicago gespielt, wo die großen Koryphäen auf der Bühne stehen“, erzählt Coupette. Ihre Schüler können auch wieder an Workshops mit erfahrenen US-Jazzlehrern teilnehmen. „Was sie dort lernen, ermutigt sie, langfristig weiterzumachen“, weiß die Bandleiterin. Und das sei beileibe nicht das einzig Positive, was von der spannenden Reise bleibt: Aus den kurzen Begegnungen entwickelten sich zum Teil langjährige Freundschaften.
Musik ist der wichtigste Teil der Reise, „doch wir erkunden auch die Gegend, schauen uns die Highlights der Region an“. Dazu zählen das Museum of Contemporary Art in Chicago. Und der Chicago River, den die Mülheimer vom Boot aus erkunden. In Ontario wird die Gruppe Kontakt haben zu den Amish People, einer Religionsgemeinschaft, die noch heute so lebt wie vor einigen Hundert Jahren. Und am 4. Juli, am Unabhängigkeitstag, steht ein besonderes Erlebnis an: Die jungen Mülheimer laufen als Marching Band bei der Parade in dem Dorf mit.
Alle potenziellen Teilnehmer der Traumreise sind geboostert
Luisenschüler laden am 28. Januar zum Winterkonzert ein
100 Zuschauer sind erlaubt, wenn die Big Band und die Junior Band der Luisenschule am Freitag, 28. Januar, ihr Winterkonzert spielen. Auf dem Programm stehen Jazz-, Funk-, Latin- und Popstücke, so zum Beispiel „No Time To Die“ von Billie Eilish, der Titelsong des jüngsten James-Bond-Films.
Die Schule hat zunächst Einladungen an die Eltern der Band-Mitglieder verschickt. Falls es Restkarten geben sollte, können diese über die Homepageluisenschule-mh.de bezogen werden.
Wenn alles klappt, wäre das eine große Sache. Dass mancher aber noch sehr skeptisch ist, versteht Coupette gut. „Wenn das Risiko einigermaßen kalkulierbar ist“, werde man sich aber trauen. „Wir sind alle geboostert. Und auch unsere Kontakte in Amerika sind geboostert.“ Damit der Traum tatsächlich etwas wird, bräuchte die Schule allerdings noch finanzielle Unterstützung. Das Goethe-Institut und die Leonhard-Stinnes-Stiftung sind mögliche Sponsoren, in früheren Jahren haben auch Einzelpersonen und Unternehmen Geld beigesteuert. Wer sich angesprochen fühlt, kann sich über die Homepage luisenschule-mh.de an den Förderverein wenden.