Mülheim. Die Schließung der Filmpassage Mülheim könnte zum Gerichtsdrama werden. Die Forum-Eigentümer nehmen die Kündigung nicht hin. Der Graben ist tief.

Seit Montag ist die Filmpassage im Forum geschlossen. In der Mülheimer Innenstadt bleibt jetzt nur noch das Rio-Programmkino übrig, mit einem einzigen Saal. Letztes großes Lichtspielhaus stadtweit ist das Cinemaxx im Rhein-Ruhr-Zentrum.

Die Schließung kam überraschend, doch das Verhältnis zwischen den Kinobetreibern - Meinolf und Anja Thies - und den Eigentümern des Forum - Commerz Real AG - ist schon lange problematisch und nun völlig zerrüttet.

Mülheimer Kinobetreiber streiten sich seit Jahren mit Eigentümern des Forums

Seit Jahren streiten sich beide Seiten mit juristischen Mitteln, und das abrupte Ende des Kinobetriebs markiert eine neue Stufe des Konfliktes. Auslöser waren Ende 2016 Feuchtigkeitsschäden, verursacht durch das Fitnessstudio im Forum. Nach Darstellung von Meinolf Thies entstanden über längere Zeit erhebliche Schäden, einseitige Mietminderungen wurden von den Eigentümern nicht akzeptiert. Die Auseinandersetzung landete vor Gericht.

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Lange hatte Thies außerdem ein überfälliges neues Konzept für das Einkaufszentrum angemahnt, das unter wachsendem Leerstand leidet. Als schließlich Anfang November 2020 ein Konzept präsentiert wurde, der Umbau zu einem Gesundheitszentrum, hatte Thies die Pläne grundsätzlich begrüßt. Zugleich machte er deutlich, mit seinem Kino nicht nur als „Pottfüller der Zukunft“ herhalten zu wollen. Die Verantwortlichen für das Forum hatten den Wunsch geäußert, dass das Kino längerfristig bleibt - der Mietvertrag läuft offiziell bis zum 31. Dezember 2023. Thies hatte entgegnet, dazu müsse man sich endlich über die Mietzahlungen einigen. Das gelang nicht.

Filmpassage wird ab 10. Januar geschlossen und kurzfristig geräumt

Gleichwohl wurden die Eigentümer des Centers von der Schließung kalt erwischt. Wie Gerd Johannsen, Sprecher der Commerz Real AG, auf Anfrage mitteilt, ging am Montag, 10. Januar, ein Einschreiben von Anja und Meinolf Thies ein, datiert auf 8. Januar 2022. Darin kündigten sie an, die Filmpassage ab 10. Januar zu schließen und kurzfristig zu räumen. Angeblich habe das Gericht eine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit bereits zum 31. März 2021 eingeräumt. „Das stimmt jedoch nicht“, fügt Johannsen hinzu.

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Begründet worden sei die Kündigung zum einen mit nicht fristgerechter Mängelbeseitigung in Zusammenhang mit den Feuchtigkeitsschäden, zum anderen mit dem neuen Konzept des Centers, in dem man keine wirtschaftliche Perspektive mehr sähe. „Beide Vorwürfe weisen wir zurück“, erklärt der Commerz-Real-Sprecher.

Im Kinosaal 4 tropfte es von der Decke - Ursache wurde gefunden

Der letzte Wasserschaden, der durch das Fitnessstudio verursacht wurde, sei „rasch und professionell beseitigt“ worden. Mitte Dezember 2021 habe die Filmpassage gemeldet, dass es im Kinosaal 4 von der Decke tropft. „Die Ursache wurde gefunden, und gemeinsam mit den Betreibern haben wir einen Terminplan zur Behebung entwickelt, der zum Teil auch bereits umgesetzt ist.“ Man wundere sich nun, dass diese Vereinbarung nicht mehr mitgetragen werde.

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Außerdem habe man den Betreibern „sehr wohl wirtschaftlich tragfähige Perspektiven innerhalb des neuen Konzepts aufgezeigt“, heißt es weiter. „Insofern sind wir über den Rückzug überrascht.“ Die Betreiber der Filmpassage zahlen - laut Commerz Real - „eine historisch außerordentlich niedrige Miete“, die sie wohl nirgendwo anders bekämen. Zwei Vergleichsangebote im Rechtsstreit seien abgelehnt worden.

Kino-Chef: Forum ist schon lange kein guter Standort mehr

Für Meinolf Thies, Geschäftsführer der Filmpassage, ist das Maß dagegen längst voll. Anfang Dezember sei Commerz Real vor dem Duisburger Landgericht unterlegen. Über den Jahreswechsel habe man sich noch einmal angeschaut, „ob der Korken in Mülheim vielleicht doch noch aus der Flasche fliegt“, aber - mitnichten. Das Forum sei schon lange kein guter Standort mehr, und in den zwei verbleibenden Mietjahren sei eine Dauerbaustelle zu erwarten. „Die Atmosphäre wird nicht besser werden“, sagt Thies.

Von Seiten des Vermieters sei wenig Unterstützung gekommen, daher habe man sich die Möglichkeiten des Mietvertrags genauer angeschaut. Dieser stammt allerdings aus einer Zeit, als das Forum noch nicht Commerz Real gehörte. Der Verkauf des Centers erfolgte im April 2017. Der Kinounternehmer bezweifelt generell, dass die Eigentümer im Forum noch das umsetzen können, was sie wollen. „Sie haben Leerstand organisiert. Das Center ist entmietet.“

Mülheimer Facebook-Nutzer trauern um ihr „Lieblingskino“

Die knappe Ankündigung der Kino-Schließung auf Facebook hat zahlreiche, teils sehr emotionale Reaktionen ausgelöst. Manche erinnern sich noch an den ersten Kinobesuch im Forum, andere betrauern ihr „Lieblingskino“, bedanken sich für tolle Filme, schöne Abende. Von einem „weiteren Tiefpunkt für Mülheims Innenstadt“ schreibt jemand, andere finden, die Schließung sei „eine Schande“.

Viele der Kommentatoren fragen auch nach den Gründen für das abrupte Aus: ob es an dem geplanten „Ärztezentrum“ liege. Das Team der Filmpassage reagierte am Montagabend mit einem weiteren Post, in dem es hieß: „Die Entscheidung ist sehr kurzfristig erfolgt, Gründe für die Schließung gibt es viele.“

Ob möglicherweise ein neuer Betreiber das Kino übernimmt, ist offen

Die Frage, die jetzt viele Menschen in Mülheim bewegt, lautet: Ist die Schließung endgültig, oder führt jemand anderes das Kino weiter? Eine Antwort gibt es derzeit noch nicht. Auch die Forum-Eigentümer möchten sich momentan nicht dazu äußern, ob möglicherweise ein neuer Betreiber gesucht wird.

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Aus ihrer Sicht muss die Filmpassage bleiben, zumindest bis zum regulären Ende des Mietvertrages am 31. Dezember 2023. „Wir sehen die Filmpassage als Teil des Centers, gerade auch in seiner neuen, geänderten Ausrichtung“, erklärt Commerz-Real-Sprecher Gerd Johannsen. „Und wir gehen davon aus, dass der Mietvertrag voll erfüllt wird.“ Wahrscheinlich werde man vor Gericht ziehen, denn die Betreiber hätten auf einvernehmliche Lösungsvorschläge bisher eher abweisend reagiert.

Meinolf Thies dagegen sieht sich rechtlich auf der sicheren Seite. Commerz Real habe im Dezember vor dem Landgericht Duisburg „eine Klatsche bekommen“ - die vorzeitige Kündigung sei seit 31. März 2021 möglich gewesen. Nun zahle man keine Miete mehr, Mobiliar und Kinotechnik würden ausgeräumt. Dass in Mülheim nun acht Leinwände verloren gehen, sei tatsächlich ein Problem, räumt Thies ein - „aber nicht mehr meins. Ich kann es nicht ändern.“