Mülheim. Das Forum wird vom Shoppingcenter zum Gesundheitszentrum. Hinter dem Umbau steht ein weltweit agierender Fondsmanager. Wie sieht er Mülheim?
"Forum Medikum" - dieses Wort hat die Mülheimer im Herbst 2020 heftig bewegt. Und noch viel mehr die Idee dahinter: Das etwas abgewirtschaftete Einkaufszentrum in der City soll umgebaut werden, mit Schwerpunkt auf medizinischen und therapeutischen Dienstleistungen. Ein Modell, das es in dieser Form in Deutschland noch nirgendwo gibt. Eine 40-Millionen-Investition, gesteuert von Wiesbaden aus.
In Hessen sitzen die Eigentümer des Mülheimer Centers: Im Frühjahr 2017 wurde es aufgekauft durch die Commerzbank-Tochter Commerz Real. Dort gehört es zum offenen Immobilienfonds hausInvest, als eines von 153 Objekten weltweit. Das Vermögen des Fonds wird mit mehr als 16,6 Milliarden Euro angegeben.
Forum ist eines von 153 Objekten - neben Immobilien in New York oder Honolulu
Und wenn man weiß, dass zu den Objekten auch zentral gelegene Bauwerke in Sydney, New York, Miami, Paris oder Honolulu zählen, teils architektonisch herausragend, das teuerste allein über eine halbe Milliarde US-Dollar wert, dann ahnt man, wie weit der Aktionsradius von Mario Schüttauf (44) sein muss, der als Fondsmanager bei hausInvest verantwortlich zeichnet.
Der gebürtige Dresdener ist seit fast zwei Jahrzehnten bei Commerz Real tätig, seit 2007 managt er den offenen Immobilienfonds. Was man beim Videomeeting nicht sehen kann, aber auf Fotos feststellt: Schüttauf trägt zum dunklen Anzug gerne weiße Sneaker. "Ich liebe Adidas", sagte er kürzlich im Interview mit einem Online-Karriereportal.
Manager war schon sieben Mal vor Ort in Mülheim
Ist der Finanzfachmann, dessen Schreibtisch in Wiesbaden steht, jemals vor Ort in Mülheim gewesen? Durch die Innenstadt gelaufen? Durch das Forum? "Sicher schon sieben Mal", sagt Schüttauf. Bei Objekten, die sich in einem besonderen Wandlungsprozess befinden, sei Präsenz ganz wichtig. "Wenn die Pflöcke eingeschlagen werden, muss man sich mit dem Objekt vor Ort beschäftigen." Eigentlich wäre er auch jetzt gerne bei den Mietern, auf die gravierende Veränderungen zukommen, würde Gespräche lieber persönlich führen. Wenn die Pandemie nicht wäre.
Auch die öffentliche Enthüllung des neuartigen Konzeptes wurde Anfang November von Corona durchkreuzt und konnte nur als Videokonferenz über die Bühne gehen. Der Mülheimer Oberbürgermeister und der Planungsdezernent erfuhren da aus erster Hand, was die Investoren am Kurt-Schumacher-Platz planen, unter anderem eine neue Kindertagesstätte.
Zeitnah sollen erste Mietverträge abgeschlossen werden
Drei Jahre wollen sich die Eigentümer für den Umbau bei laufendem Betrieb Zeit nehmen. "Wir werden zeitnah die ersten Mietverträge abschließen", kündigt Schüttauf an, "derzeit sind die Flächen noch belegt." Auch die restlichen Geschäfte im ersten Obergeschoss und im Untergeschoss sollen weichen, an ihrer Stelle Fachärzte, Physiotherapeuten, Pflegedienste oder Sanitätshäuser einziehen. Eines kann des Fondsmanager schon sicher sagen: "Es wird eine Radiologie geben, mit MRT."
In gewisser Weise werde Corona das Vorhaben "Forum Medikum" befördern, vermutet Mario Schüttauf. "Das Thema Gesundheit wird stärker in den Vordergrund rücken." Andererseits könnte es unter Pandemie-Bedingungen schwieriger werden, die Handwerker zu bekommen, die den Umbau bewerkstelligen sollen.
"Forum Medikum" soll kein Krankenhaus werden
Dass nicht alle Mülheimer in Jubel verfallen sind, als die Pläne für das "Forum Medikum" publik wurden, dass es neben Erleichterung und ehrlicher Anerkennung teils derbe Kritik gab, auch diese Schwingungen wurden in Wiesbaden registriert. Etwa Sorgen, dass die Innenstadt weiter veröden, die Nahversorgung noch stärker leiden, es nur noch Angebote für ältere und kranke Menschen geben werde. Man spürt, dass solche Mäkeleien Mario Schüttauf gegen den Strich gehen. "Wir wollen etwas gemeinsam mit der Stadt auf die Beine stellen", versichert der Manager energisch. "Dies wird ein Objekt für Mülheim sein. Kein Krankenhaus."
Hoffnung: Wer im Forum keinen Platz mehr findet, zieht in die Innenstadt
In der Verkleinerung von Einzelhandels- und Gastronomiefläche liege auch eine Chance, meint Schüttauf, eine Ausstrahlungswirkung. Was im Forum keinen Raum mehr findet, verlagert sich vielleicht in die City.
Die kennt er, wie er berichtet, aus eigener Anschauung: "Die Mülheimer Innenstadt hat die gleichen Probleme wie alle anderen. Zu viel Einzelhandelsfläche." Ansonsten sei die Stadt an der Ruhr "wunderschön", findet der Manager. "Die Projektentwicklung dort am Wasser ist schon faszinierend, die Wohn- und Lebensqualität höher als in vielen Großstädten."
Über das Forum in seiner jetzigen Form mag er sich nicht allzu hart äußern, es sei vor dem Hintergrund seiner Entstehung zu sehen: "Gewinnt es einen Schönheitspreis? Nein. Würde man es heute noch so machen? Nein." Es anders zu machen, genau das ist jetzt sein Job und der vieler anderer. Die Zeit läuft...
UMZÜGE IM CENTER WERDEN VORBEREITET
Im Forum werden gerade die Umzüge der Obergeschoss-Mieter in das Erdgeschoss vorbereitet, berichtet Centermanager Daniel Wahle.
Dabei sei fast die komplette Gebäudetechnik neu zu installieren, zugleich müssten die einzelnen Mietflächen im laufenden Betrieb mit Wärme, Kälte, Luft und Strom versorgt werden.
Ende 2020 wurde begonnen, die leerstehenden Flächen im Erdgeschoss baulich vorzubereiten, damit anschließend die Mieter aus dem OG nach und nach umziehen können.
Den Anfang macht voraussichtlich schon ab Februar, März der Friseursalon "Lepahé Hairtrend", der auf die ehemalige Christ-Fläche neben Douglas wechselt.
Der gesamte Umzugsprozess im Forum werde sich aber über das ganze Jahr 2021 hinziehen, schätzt der Centermanager.