Mülheim. Die AOK gibt ihr Gebäude in Mülheim auf und zieht ins Einkaufszentrum. Jetzt kommt die Stadt ins Spiel: Sie denkt an Ruhrbania und will handeln.
Der Umbau des Forums vom Shoppingcenter zum Gesundheitszentrum schreitet voran. Ein wichtiger Vertrag auf diesem Weg wurde soeben unterschrieben: Die AOK Rheinland/Hamburg mietet sich dort ab Dezember 2022 ein. Bleibt die Frage: Was wird aus dem AOK-Gebäude auf dem Ruhrbania-Baufeld 3?
Den Deal zum Mietvertrag mit der AOK gaben die Forum-Eigentümer Commerz Real am Donnerstag bekannt. Wie ein Unternehmenssprecher mitteilte, wird die Krankenkasse eine Fläche von 600 qm im ersten Obergeschoss beziehen. Der Vertrag laufe über mindestens zehn Jahre, also zunächst bis Ende 2032. Die AOK hat diese Informationen auf Anfrage bestätigt.
Krankenkasse im Mülheimer Center - „einmalig in ganz Deutschland“
Ganz überraschend kommt die Nachricht nicht. Bereits Anfang November hatten die Eigentümer angekündigt, dass eine große Krankenkasse ins Forum ziehen werde – ein solches Angebot in einem Einkaufszentrum sei „einmalig in ganz Deutschland“, hieß es. Der Vertrag war da noch nicht spruchreif, über die AOK als Neumieterin wurde aber in Mülheim schon spekuliert.
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Spannend ist nun die Frage, was aus dem bisherigen AOK-Hauptsitz an der Friedrich-Ebert-Straße wird, wenn die Krankenkasse das Haus verlässt. Zumal das Gebäude, bis dato Eigentum der AOK, auch kürzlich verkauft worden ist.
Altes Mülheimer AOK-Gebäude wurde kürzlich an einen Investor verkauft
Insgesamt 47 Objekte hat die AOK Rheinland/Hamburg an den Investor FOM Real Estate mit Hauptsitz in Heidelberg veräußert. 44 dieser Immobilien, darunter auch das Gebäude in Mülheim, hat eine gemeinsame Projektgesellschaft der FOM und der Volksbank Braunschweig Wolfsburg erworben, heißt es in einer Mitteilung des neuen Eigentümers. Die Objekte sollen an den Käufer übergehen, sobald die AOK vor Ort ausgezogen ist, in Mülheim also Ende 2022. „Einzelne Immobilien sollen in diesem Zusammenhang direkt weiter veräußert werden“, kündigt FOM Real Estate an.
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Für den Vorstandsvorsitzenden der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, ist der Verkauf des Immobilienpaketes „ein wichtiger Schritt, um neue Arbeits- und Servicewelten gestalten zu können“. Er kündigte an: „Der Verkaufserlös wird in neues Eigentum investiert.“ Der für Mülheim zuständige Regionaldirektor, Oliver Hartmann, hat den Verkauf auf Anfrage dieser Redaktion bestätigt.
AOK geht neue Wege
Die AOK Rheinland/Hamburg hat sich in diesem Jahr neu aufgestellt und organisiert.
Unter anderem wurde im Juli 2021 die Regionaldirektion Ruhrgebiet neu zugeschnitten. Neben Essen und Mülheim gehören jetzt auch Oberhausen und Duisburg dazu.
Auch ein moderneres Beratungskonzept will die AOK künftig anbieten. Die Atmosphäre und räumliche Umgebung jeder einzelnen Beratung soll auf das individuelle Anliegen des Kunden/der Kundin abgestimmt werden.
Rund 42.000 Mülheimerinnen und Mülheimer sind bei der AOK versichert.
Die neue Anlaufstelle der AOK im Forum soll flächenmäßig deutlich größer werden als die bisherige Zentrale an der Friedrich-Ebert-Straße. Dort sollen auch deutlich mehr Angebote für Kunden gemacht werden, erläutert Hartmann, es soll ein neues Konzept verfolgt werden.
Größere Fläche und mehr Angebote für AOK-Kunden im Forum
„Unsere Angebote werden künftig mehr in Richtung Prävention gehen“, sagt der Regionaldirektor, beispielsweise soll es in der neuen Zentrale auch Kursräume geben. Die AOK will sich auf reine Kundenberatung und -betreuung konzentrieren. „Beitragseinzug, das sogenannte Backoffice, alles, was der Kunde nicht sieht, haben wir schon Mitte des Jahres auf andere Standorte verteilt“, erklärt Oliver Hartmann.
Rund ein Dutzend AOK-Mitarbeitende werden sich im Forum um die Kundschaft kümmern. Wenn der Umbau wie geplant gelingt, finden die Versicherten auch gleich Arztpraxen, Therapeuten, Sanitätshaus unter dem selben Dach. Das bisherige Gebäude an der Ruhr, in dem die AOK Jahrzehnte lang ansässig war, werde „nur noch als Übergangsstandort genutzt“, so der Regionaldirektor. Zum Umbau eigne es sich nicht.
Stadt Mülheim reklamiert für sich ein Vorkaufsrecht für das AOK-Gebäude
Diesen in Angriff zu nehmen, hat wohl auch die Stadt Mülheim nicht vor. Dennoch will sie das 1539 qm große Grundstück unbedingt selbst haben. Es ist schließlich Teil der Ruhrbania-Planungen, die vor etlichen Jahren ins Stocken geraten sind – auch weil die AOK seinerzeit nicht bereit war, die Immobilie zugunsten der Stadtentwicklung am Ruhrufer abzugeben, und sie stattdessen für eigene Zwecke noch einmal sanierte.
Die Stadt macht für sich ein Vorkaufsrecht nach § 24 ff im Baugesetzbuch geltend. Diese Paragrafen regeln die entsprechenden Rechte einer Gemeinde in einem sogenannten Umlegungsgebiet, zu dem Ruhrbania qua Bebauungsplan erklärt worden war.
Jetzt geht es um den Preis: Wie viele Millionen Euro ist die Stadt bereit zu zahlen?
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Stadtkämmerer Frank Mendack sprach sich im Vorfeld der Ratssitzung am Donnerstag dafür aus, entweder dieses Vorkaufsrecht geltend zu machen oder das Grundstück freihändig zum Verkehrswert zu erwerben. Dies sei notwendig, um die Ruhrbania-Planungen von einst verwirklichen zu können.
In einem vertraulichen Papier, das er der Politik als Entscheidungsgrundlage vorgelegt hatte, und das dieser Redaktion vorliegt, skizziert Mendack auch, was seiner Sicht nach geschehen würde, sollte keine Einigung zu einem adäquaten Verkaufspreis möglich sein. Dann „bliebe die AOK Eigentümerin der Immobilie“, meint Mendack, und sieht offenbar die Notwendigkeit, dass die AOK den Verkauf an Dritte im Zweifel rückabwickeln müsste. Im Stadtrat sagte Mendack auf Nachfrage der MBI, aus seiner Sicht sei nicht der Investor FOM Real Estate Verhandlungspartner, sondern weiter die AOK.
OB Buchholz: Optimismus ja, aber noch nichts Konkretes in der Hinterhand
Der Rat entschied am Donnerstag mit großer Mehrheit, der Verwaltung zu folgen und das AOK-Grundstück möglichst für die Stadt zu kaufen. OB Marc Buchholz (CDU) betonte aber: Trotz allem Optimismus, dass auf den Ruhrbania-Baufeldern endlich was passieren könnte, sei zunächst festzustellen, dass die Stadt noch nicht Konkretes in der Hinterhand habe. Obwohl es immer wieder Investoren-Anfragen für Ruhrbania gebe.