Mülheim. Als 2010 Stellenstreichungen im Rathaus drohten, schmiedete der Personalrat ein Bündnis für Beschäftigung. Mit Erfolg - nun wurde es verlängert.
Dass Verhandlungen um Personal und Arbeitszeit für reichlich Zähneknirschen sorgen zwischen Arbeitnehmerschaft, Betriebsrat einerseits und Arbeitgeber andererseits liegt oft in der Natur der Sache. Dass aber Oberbürgermeister und „Arbeitgeber“ Marc Buchholz neulich mit einem Lächeln die politische Rahmenvereinbarung mit dem Personalratsvorsitzenden Dirk Neubner unterschrieb, hat durchaus gute Gründe.
Für die muss man allerdings gut zehn Jahre zurückschauen: Als sich für das Mülheimer Verwaltungspersonal 2010 die politische Mehrheit für ein drastisches Streichkonzert ankündigte – „nach Rasenmäherprinzip“, kommentiert Personalrat Neubner heute, denn es ging um 270 Stellen und eine Ersparnis von 13,5 Mio Euro – blieb dem Betriebsrat offenbar nur noch die Flucht nach vorn. Eine neue Dienstvereinbarung ward geboren.
Verzicht auf freien Rosenmontag ist ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung
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Sie reguliert seit 2011 zwar den Abbau von Stellen und somit die spürbare Verdichtung von Arbeitsleistung für die einzelnen Verwaltungsmitarbeiter. Und nebenbei legte sie etwa fest, dass auch an Rosenmontag normal Dienst geschoben werden muss – alles um den Haushalt zu konsolidieren.
Doch umgekehrt konnte die Arbeitnehmerschaft nun mitentscheiden wie und wo im verträglicheren Maße Abstriche gemacht werden. So baute man ab über Altersteilzeit, frühzeitige Rente und Abfindungen. Umgekehrt aber verpflichtete sich der Arbeitgeber „Stadt“ in Ausbildung zu investieren. Dass etwa 2021 195 Azubis ihre Ausbildung antraten, um in zwei Jahren eine sichere Stelle zu bekommen, um 2023 den demografischen Wandel im Rathaus auszugleichen, ist ebenso ein Ergebnis.
Ein Bündnis für Ausbildung, Beschäftigung und Konsolidierung
Und ihre Zahl geht hoch: 2022 werden es 264 Auszubildende mit Jobgarantie sein. So will der Personalrat verhindern, dass Mülheim das Tauziehen um die Fachkräfte in der Verwaltung verliert. Nachdem es für das damalige „Einknicken“ des Personalrats Schelte aus der Gewerkschaft gab, erhielt dieser 2014 ein dickes Lob und den „Deutschen Personalräte-Preis“.
Ein Lob, das Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Henrike Eickholt heute wiederholt: Das geschmiedete Bündnis für Ausbildung, Beschäftigung und Konsolidierung „ist innovativ und nachhaltig. Es hat uns begeistert.“ Gerade das Thema „Übernahme von Auszubildenden“ sei politisch ein „dickes Brett“, sagt Eickholt, „wir machen damit aber den öffentlichen Dienst attraktiver“.
Personalräte und Verdi bereiten sich auf kommende Tarifverhandlung vor
Für Personaler Neubner ist das angesichts des demografischen Wandels zwingend notwendig: „Die Zeiten aus den 80ern, wo an mancher Stelle in der Verwaltung viel Wind um die Ecke geschaufelt wurde, ist lange vorbei. Wer heute am Personal spart, baut auch Leistungen für den Bürger ab.“ Damit winken Personalrat und Gewerkschaft schon mal in Richtung Jahresmitte, wenn die neuen Tarifvereinbarungen im öffentlichen Dienst vorbereitet werden.
Die parallele Landtagswahl in NRW wollen beide Parteien nutzen, um auf die schlechte Finanzierung der Kommunen und die Engpässe beim Personal aufmerksam zu machen.