Die Niederlage gegen Spanien hatte der Kämmerer Uwe Bonan wohl noch im Kopf, als er sagte: „Es reicht einfach nicht aus, wenn die Politik sich die Bälle nur weiter zuspielt. Wir brauchen Torschüsse und den Mut zu einem ausgeglichenen Haushalt.“

Doch dieser Mut, da lässt Bonan keine Zweifel, beinhaltet auch ein klares Ja zu jenen Steuererhöhungen, die er und der restliche Verwaltungsvorstand vorgeschlagen haben. „Ohne Steuererhöhungen ist eine Sanierung des Haushaltes nicht möglich“, sagt Bonan, der für die Jahre 2010/11 den Doppelhaushalt gestern vorlegte.

Er reagierte damit auf den wohl umstrittensten Punkt in seiner Sparliste mit 197 Vorschlägen. Nicht nur die CDU, FDP und auch die Mülheimer Bürgerinitiativen hatten Steuererhöhungen als „allerletzte Möglichkeit“ hingestellt, wenn alle anderen Sparmaßnahmen nicht reichen sollten. Vehement wehren sich auch die Unternehmen gegen einen bundesweiten Spitzensatz bei der Gewerbesteuer, sehen darin ein hohes Risiko für den Standort.

Rund 60 Prozent der 50 Millionen Euro an Einsparungen sollen durch höhere Steuern und höhere Abgaben in Mülheim erzielt werden. Bonan sieht keine andere Chance. 90,5 Prozent aller Ausgaben der Stadt seien Pflichtaufwendungen, lediglich der kleine Rest bestehe aus freiwilligen Leistungen. Und selbst da, so Bonan, habe die Politik bereits entschieden: 12 Millionen gibt’s für die Kultur, 8,5 Millionen für den Sport. Viel Luft zum Sparen kann der Kämmerer jenseits der Steuern nicht mehr erkennen. Er hofft daher, dass den Mülheimer Politikern auch der Blick über die Stadtgrenze hilft: Von 300 Städten haben 84 Prozent ihre Abgaben und Steuern erhöht, um den Haushalt zu sanieren.

Vergleiche zwischen Stadt und Konzernen lehnt der Kämmerer ab, hält sie für unsinnig, da Städte immer auch eine Daseinsvorsorge haben. Würden Städte wie Unternehmen geführt, müssten sie sofort die Betreuung der unter Dreijährigen einstellen. Denn da zahlt Mülheim jährlich für jedes Kind 6562 Euro drauf. Bei der Offenen Ganztagsschule steuert die Kommune für jedes Kind im Jahr 2757 Euro dazu, jede Karte für das Kunstmuseum werde mit 85 Euro bezuschusst und so weiter. „Unternehmen würden solche Angebote sofort vom Markt nehmen.“ Eine Kommune könne das nicht.

Der Doppelhaushalt für die nächsten Jahre zeigt auf, wohin der Weg führt, wenn alles so bleibt, wie es ist: Das Eigenkapital würde sich bis 2014 auf 375 Millionen nahezu halbieren, das aktuelle Jahresdefizit würde bei fast 50 Millionen Euro bleiben. „Wir wären in kurzer Zeit dort, wo sich andere Städte schon befinden: im Nothaushalt.“ Dabei hält Bonan das Ziel „ausgeglichener Haushalt“ allemal in Mülheim für erreichbar, und damit die Freiheit der selbstbestimmten Gestaltung.

Würde das Haushaltssicherungskonzept der Verwaltung umgesetzt, würde die Stadt bereits 2013 mit einem leichten Gewinn dastehen, und im Haushaltsjahr 2014 sogar ein Plus von vier Millionen verbuchen. Gleichzeitig könnte das Eigenkapital sich wieder erholen. Doch nach jetzigem Stand haben die Politiker erst Einsparungen von elf Millionen Euro beschlossen. Ein Viertel von dem, was nötig wäre.

Etwa 50 Millionen will der Kämmerer jährlich einsparen, allein 12,4 Millionen sollen ab 2014 durch den Abbau von 248 Stellen erreicht sein. Gerade in dem Punkt, so glauben im Rat viele, sei noch mehr drin. Die Verwaltungsspitze bezweifelt dies weiterhin, sie fürchtet sogar neue Einstellungen, wenn neue Gesetze mit neuen Aufgaben auf die Städte zukommen sollten.

Überhaupt müssen die Kommunen mit etlichen Unwägbarkeiten leben: Die wirtschaftliche Entwicklung lässt sich nur bedingt vorhersagen, ebenso die Höhe der künftigen Soziallasten oder die Zinsentwicklung am Markt: Immerhin hat Mülheim rund eine Milliarde an Altschulden aufgetürmt. Ob und in welcher Form der versprochene Entschuldungsfonds des Landes helfen wird, so Bonan, lasse sich derzeit auch noch nicht sagen. „Die Frage wird dabei auch sein: Wie hoch muss eine Stadt überhaupt verschuldet sein, um von dem Fonds zu profitieren?“