Mülheim. Im Mülheimer Max-Planck-Institut wurden am Samstag im Beisein von Nobelpreisträger Benjamin List fast 100 Erstimpfungen verabreicht.

Innerhalb von nur zwei Stunden haben sich am Samstag fast 100 Mülheimerinnen und Mülheimer im Max-Planck-Institut für Kohlenforschung zum ersten Mal impfen lassen.

„Aufregender Tag“, schmunzelt ein Impfling, als er das Institut auf dem Mülheimer Kahlenberg verlässt. So wirklich überzeugt wirkt er noch nicht von dem, was er gerade getan hat. Auch eine Frau hält sich noch etwas skeptisch die Einstichstelle. „Ich habe bisher gedacht, es ginge ohne“, sagt sie. Doch die Nachrichten von den vollen Intensivstationen haben sie und ihren Mann umdenken lassen.

Mülheimerin möchte vor allem ihre Tochter schützen

Den späten Zeitpunkt für die erste Impfung findet die Mülheimerin selbst „komisch“. Doch sie möchte in erster Linie ihre Tochter schützen. „Bevor jetzt auch alle Kinder geimpft werden, muss ich da jetzt durch“, erklärt sie. Dass sie bislang ungeimpft war, habe in ihrem zu 90 Prozent geimpften Umfeld unterschiedliche Reaktionen erzeugt. „Es gab mal mehr und mal weniger Druck, mal mehr und mal weniger Verständnis.“

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Andere, die am Samstag zur Aktion des Mülheimer Doc Net kamen, verwiesen auf Vorfälle im Familienkreis, die sie zum Umdenken bewogen hätten. „Ich habe es auf die lange Bank geschoben, und es war auch einfach nicht mein Lieblingsthema“, gesteht ein 33-jähriger Dümptener.

Fälle im Familienkreis überzeugen bislang nicht geimpfte Mülheimer

Ein Familienmitglied leide in Folge einer Covid19-Infektion aber mittlerweile an schweren Lungenproblemen. „Man sieht es noch mal mit anderen Augen, wenn man selbst betroffen ist“, sagt der Dümptener.

Auch Nobelpreisträger Benjamin List hört sich die Bedenken der nun erstmals Geimpften an, gibt Autogramme und erfüllt geduldig Fotowünsche. „Durch den Nobelpreis kamen sehr viele Anfragen und bei dieser habe ich wirklich keine Sekunde gezögert, weil ich von der absoluten Wichtigkeit überzeugt bin“, sagt der Chemiker, dem Anfang Oktober gemeinsam mit seinem Kollegen David MacMillan der Chemie-Nobelpreis zuerkannt worden war.

Benjamin List ist von der Impfstoffentwicklung begeistert

Von der Wissenschaft rund um die Entwicklung des Impfstoffs ist der 53-Jährige begeistert. „Wir sollten stolz darauf sein, dass so viele Leben dadurch gerettet werden konnten“, so List. Wären noch mehr Menschen geimpft worden, wäre die sogenannte vierte Welle seiner Meinung nach nie zustande gekommen.

100 Dosen hatten die fünf Impfärzte des Doc Net, dem Netzwerk der niedergelassenen Ärzte in Mülheim, für die zweistündige Sonderaktion zur Verfügung. Nach nicht einmal einer halben Stunde waren über 60 davon verimpft. „Ich bin begeistert, wie viele gekommen sind“, sagt Dr. Peter Ramme. Eine Einschätzung im Vorfeld war schwierig, schließlich konnten die Impflinge ohne Anmeldung kommen.

Mülheimer Impfarzt: "Diskussionen kosten Zeit und Kraft"

Begeistert ist der Mediziner auch deshalb, weil die Atmosphäre im Max-Planck-Institut am Samstagnachmittag vollkommen entspannt war. „Sonst kostet es viel Zeit und Kraft, mit den Zweiflern in der Praxis zu diskutieren“, schildert Ramme. Die neue Virusvariante werde seiner Meinung nach noch den einen oder anderen zur Erstimpfung treiben. Genau wie die 2G-Regeln.

Info:

Für die Zweitimpfungen können die am Samstag geimpften Personen in drei bis sechs Wochen in die Praxen der beteiligten Ärzte kommen. „Sie können aber auch in die Impfzentren gehen, überall gibt es im Moment Aktionen, auch samstags“, sagt Dr. Martin Schulz.

Ob die Aktion des Max-Planck-Instituts eine Wiederholung erfährt, kann zumindest nicht ausgeschlossen werden. „Wir hatten im Sommer eine große Impfaktion für das Institut, von daher sind die Abläufe schon erprobt“, erklärt Dr. Monika Lindner, wissenschaftliche Laborleiterin am MPI.