Mülheim. Der Impfwille bei Mülheimern ist da, doch die Impfkapazitäten sind beschränkt. Der Ärger ist groß, dass das Corona-Impfzentrum schließen musste.

Vor der städtischen Impfstelle am Saarner Kirmesplatz bildete sich am Montagmorgen eine lange Menschenschlange. Der Ansturm noch vor Öffnung der Impfstelle war so groß, dass manche Bürgerinnen und Bürger unverrichteter Dinge wieder kehrt machten.

Mehr als hundert Meter lang war die Schlange bereits um 9.35 Uhr, um 10 Uhr öffnet die Impfstelle. Erst kürzlich hatte die Stadtverwaltung das Angebot auf dem Saarner Kirmesplatz ausgeweitet. Seither wird in den Holzhäusern des ehemaligen Flüchtlingsdorfes von Montag bis Samstag von 10 bis 18 Uhr geimpft.

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Die Impfangebote in Mülheim reichen offenbar bei Weitem nicht aus

Der Menschenauflauf am Montag zeigte aber noch einmal, dass die Mülheimer Impfkapazitäten (wie andernorts) nicht ausreichen, dass die Stadt ohne das Impfzentrum auf dem ehemaligen Tengelmann-Areal in Speldorf an ihre Grenzen stößt mit dem Willen, angesichts des aktuell rasanten Infektionsgeschehens an Impftempo zuzulegen. Die Mülheimer wollen sich impfen lassen, insbesondere die Booster-Impfung ist stark nachgefragt. Doch die Impfangebote reichen offenbar bei Weitem nicht aus.

Den Ärger von Bürgern bekommt mitunter die Stadt ab, obwohl nicht sie selbst die Entscheidung getroffen hat, das gut funktionierende Impfzentrum in Speldorf Ende September zu schließen. Die Anordnung kam seinerzeit vom Land, die Stadt hätte das Impfzentrum gerne offen gehalten. Das hatte Krisenstabsleiter Frank Steinfort zuletzt auf Anfrage von SPD-Ratsherr Sascha Jurczyk noch im Stadtrat bekräftigt. Es sei „frustrierend“, wie die Städte bei der Bekämpfung der Pandemie hin- und hergeworfen würden, hatte Steinfort da gesagt.

Mülheims Krisenstabsleiter ist „frustriert“ über Umgang mit Kommunen

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Die Stadt musste das Impfzentrum sogar auf Geheiß des Landes komplett zurückbauen, konnte es trotz weiterlaufendem Mietvertrag mit Eigentümer Soravia nicht „auf stand-by“ belassen, um es womöglich schnell wieder in Betrieb zu nehmen. „Wir mussten alles abbauen, das befristet eingestellte Personal ist nicht mehr da, die Software weg. Die Räumlichkeiten sind leer“, brachte Steinfort seinen Ärger über die Entscheidung des Landes deutlich zum Ausdruck, alleine gelassen zu werden in der aktuellen Corona-Welle. OB Marc Buchholz hatte zusätzlich noch an Mülheims Ärzte appelliert, die sich aktuell nicht an der Impfkampagne beteiligen, doch bitte mitzutun. „Nur Impfen hilft“, so der OB.

Bis heute muss die Stadt damit zurechtkommen, dass laut Impfregister der Kassenärztlichen Vereinigung lediglich 55 Mülheimer Mediziner in ihren Praxen Impfungen anbieten und die Stadt über ihre Impfstelle hinaus mobile Impfaktionen in der Willy-Brandt-Schule, im Ausländeramt, im Rhein-Ruhr-Zentrum, in der VHS und im Forum anbietet.

Stadt Mülheim stellt Impftourismus aus der Nachbarschaft fest

In der Vorwoche hatte die Stadt angekündigt, die Impfstelle an der Mintarder Straße weiter ausbauen zu wollen, nachdem der Bund nun mehr finanzielle Unterstützung zugesagt habe. „Wir werden das Personal an der Impfstelle an der Mintarder Straße massiv aufstocken“, kündigte Sven Werner, Leiter der Mülheimer Berufsfeuerwehr, an. Darüber hinaus werde derzeit über die Ausweitung der Öffnungszeiten auch andernorts nachgedacht.

Nach der Sitzung des Krisenstabs am Montag konnte Stadtdirektor Steinfort allerdings noch keine Entspannung verkünden. Es sei aktuell kein Personal zu rekrutieren, mit dem die Stadt etwa die Öffnungszeiten in Saarn noch mal ausweiten oder eine fünfte feste Impfstelle einrichten könne. Das Mülheimer Impf-Angebot scheint jedenfalls so gut zu sein, dass Steinfort größeren Impftourismus aus Nachbarstädten feststellt. Jeder vierte Bürger, der sich in Mülheims Impfstellen seinen Piks abhole, stamme gar nicht aus der Stadt, sagte er.