Mülheim. Der psychisch kranke Mülheimer, der wegen Mordversuchs vor Gericht steht, soll nach der Tat wirr geredet und sich als Salafist bezeichnet haben.

Die Festnahme des 37-jährigen Mülheimers, der im Mai einen alten Mann aus Essen auf dem Radschnellweg fast totgeschlagen haben soll, hat auch den Staatsschutz auf den Plan gerufen. Der psychisch offenbar stark angeschlagene Mülheimer, den Polizisten nach der blutigen Attacke in die Psychiatrie des St. Marien-Hospitals gebracht hatten, habe wirr und zusammenhanglos vor sich hingeredet, berichteten mehrere Zeugen an Tag zwei des Sicherungsverfahrens vor dem Duisburger Landgericht. Dabei stieß er alarmierende Sätze aus: „Ich komme ins Paradies, wenn ich töte.“ – „Ich bin ein Salafist.“

Grund genug, die Kollegen vom Staatsschutz einzuschalten. Kurioserweise hatte ein 37-jähriger Beamter dieser Abteilung schon am Tag zuvor Kontakt zu dem mutmaßlichen Schläger. „Er hatte Anzeige gegen Nachbarn erstattet, weil er sich bedroht fühlte, nachdem er aus dem Islam ausgestiegen sei“, so der Beamte vor Gericht. Für den kommenden Tag – den Tattag – sei man erneut verabredet gewesen.

„Ich bin getauft und es gibt einen Pastor, der das bezeugen kann“, so der Mülheimer

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Dass er seit über einem Jahr kein Muslim mehr ist, sondern Christ, betonte der Beschuldigte vor Gericht. „Ich bin getauft und es gibt einen Pastor, der das bezeugen kann“, ließ der aus dem Libanon stammende Mann seine Dolmetscherin ausrichten. Das Thema regte ihn sichtlich auf, er sprach schnell und undeutlich.

Ohne erkennbare Reaktion hatte er hingegen vorab den grauenhaften Schilderungen mehrerer Polizisten gelauscht, die sich um den Geschädigten (80) gekümmert hatten oder bei der Untersuchung des Tatorts eingesetzt waren. Von Blutlachen im Schotter neben der Radtrasse und blutgetränkten Kleidungsstücken, berichteten sie – und erneut von kaum vorstellbaren Verletzungen des bis heute komplett hilflosen und zur Kommunikation unfähigen Esseners. „Ich musste seinen Kopf stützen, weil er das nicht mehr konnte – ich hatte das Gefühl, einen offenen Schädel in Händen zu halten“, so ein 28-jähriger Polizist aus Essen. Manche seiner Kollegen fanden noch drastischere Worte.

Schon früher war der Mann der Polizei durch ungewöhnliches Verhalten aufgefallen

Schuldunfähigkeit

Laut Gutachten war der Beschuldigte, dem die Staatsanwaltschaft Mordversuch und gefährliche Körperverletzung vorwirft, zur Tatzeit wegen einer „fluiden, paranoiden Schizophrenie“ schuldunfähig.

Das Gericht will am kommenden Donnerstag darüber entscheiden, ob er langfristig in einer Klinik für psychisch kranke Straftäter untergebracht wird.

Nicht nur der Beamte vom Staatsschutz, auch andere Polizisten hatten schon vor der nun verhandelten Tat Kontakt zum Beschuldigten. So soll er an einem eisigen Tag im vergangenen Winter aufgefallen sein, „als Störer, der Leute belästigte“, so eine Mülheimer Polizistin (23). „Er hat mit Schnee den Gehweg geputzt“, erinnerte sich ein Kollege (49). Auch damals habe er „nebulöse Äußerungen“ von sich gegeben und sei anschließend freiwillig in die Psychiatrie gegangen.

Nach der Attacke auf dem RS1 war er laut den Zeugen mal aufbrausend, mal still. Zwischendurch sei er ansprechbar gewesen, dann wieder abwesend. Vieles von dem, was er äußerte, habe keinen Sinn ergeben. „Und man musste kein Psychologe sein, um zu wissen, dass er ein Problem hat“, so die 23-Jährige. Schon über Jahre soll er regelmäßig in der psychiatrischen Abteilung des Marien-Hospitals behandelt worden sein.

Beschuldigter will im Opfer den Teufel erkannt haben

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Am Tattag, so berichtete der Staatsschutzbeamte, habe der Beschuldigte davon gesprochen, dass „beim Aufstehen am Morgen der Himmel kaputt gewesen sei und ohne Licht“ und er deshalb „geahnt habe, dass etwas Schlimmes passieren wird“. Auf der Radtrasse habe er zunächst eine Frau mit Kleinkind gesehen, das dem „Teufel“ glich. Dann stieß er auf den alten Mann, der dort spazieren ging. Auch dieser sei der Teufel gewesen und habe ihn angegriffen, behauptete der Mülheimer. Er habe sich gewehrt und auf ihn eingeschlagen.