Mülheim. Ein Familienvater aus Mülheim-Eppinghofen ist entsetzt über offenen Drogenhandel und -konsum. Die Polizei sollte durchgreifen. Tut sie das nicht?
Tagsüber, im Vorbeispazieren, wirkt es aufgeräumt und friedlich, das Viertel rund um die Mülheimer Sand- und Charlottenstraße, mit einigen schmucken Altbaufassaden. Doch tatsächlich ist es auch ein stadtbekannter Tummelplatz von Drogendealern und -konsumenten. Mit Begleiterscheinungen, die einige Anwohner massiv stören.
„Gedealt wird hier seit Jahren“, berichtet ein Mann, der seit langem mit seiner Familie in der Schreinerstraße wohnt, dessen zwei Kinder hier aufwachsen. Doch jetzt hat er erstmals beobachtet, dass auf offener Straße harte Drogen konsumiert werden. Und das geht ihm eindeutig zu weit.
Familienvater aus Mülheim-Eppinghofen: „Echt traurig, was hier abläuft“
Der Mülheimer möchte seinen Namen nicht veröffentlichen, damit Personen aus der Szene nicht auf ihn aufmerksam werden. „Es ist echt traurig und erschreckend, was hier in Eppinghofen abläuft“, meint er nach dem jüngsten Vorfall.
Kürzlich habe die Familie am Spätnachmittag gegen 17 Uhr das Haus verlassen und wenige Meter entfernt einen Mann wahrgenommen, der auffällig nervös und aufgedreht wirkte. „Als er dann ungeniert den rechten Ärmel hochkrempelte und sich eine Spritze in seinen Unterarm setzte, waren wir echt geschockt. Der Mann konsumierte vor den Augen unserer beiden Kinder am helllichten Tag harte Drogen direkt vor unserer Haustür!“
Benutzte Spritze eingesammelt, damit sich niemand verletzt
Die benutzte Spritze habe der Drogensüchtige dann in ein Blumenbeet geworfen, das die Anwohner selber pflegten. „Wir haben sie dann eingesammelt, damit sich niemand damit verletzt“, schildert der Familienvater. Der Junkie sei einige Schritte weitergegangen und habe hektisch in einem Blumenkübel auf der anderen Straßenseite herumgewühlt. Offenbar ein Drogenversteck oder ein Übergabeort der Dealer.
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Dass illegale Ware weitergegeben wird, habe er schon häufiger beobachtet, berichtet der Mann aus der Schreinerstraße. Oder dass Menschen auf dem nahe gelegenen Spielplatz an der Charlottenstraße, einer bekannten Problemzone, hektisch im Gebüsch wühlten. „Keine Jugendlichen, sondern Erwachsene, die ich der Mülheimer Junkie-Szene zurechnen würde.“ Der Anwohner glaubt auch, einen beliebten Treffpunkt der Dealer zu kennen, ein Café um die Ecke: „Dort stehen diese Leute den ganzen Tag, und wenn Anrufe kommen, laufen sie los.“
Polizei und Ordnungsamt fahren mehrmals täglich Streife
Tatsächlich seien Polizei und Ordnungsamt in diesem Viertel regelmäßig präsent, räumt der Anwohner ein. „Mehrmals täglich fahren sie Streife. Doch anscheinend bekommen unsere Behörden das Problem nicht in den Griff.“
S.I.E.-Projekt der Polizei
Im Jahr 2018 wurde eine Sondergruppe der Polizei eingerichtet, die sich „S.I.E.“-Projekt nennt.
Die Abkürzung steht für die Stadtteile Styrum, Innenstadt und Eppinghofen: Insbesondere hier sollen Mülheimer Polizistinnen und Polizisten auf (drohenden) Ärger achten.
„Dadurch soll das Sicherheitsgefühl der Bürger*innen in den Stadtteilen gestärkt werden“, heißt es auf der offiziellen Website der Polizei.
Im Juni hat eine Streife des S.I.E.-Projektes eine Cannabis-Plantage in einem Styrumer Einfamilienhaus entdeckt. Mehrere mutmaßliche Dealer wurden festgenommen.
Bei der Polizei heißt es auf Anfrage, man wisse, dass Drogenhandel im genannten Bereich in Eppinghofen stattfindet. Es habe auch schon Festnahmen gegeben. Gedealt würde mit allen Arten von Drogen, bestätigt ein Polizeisprecher, „aber im Vergleich zum Vorjahr sind die Delikte dort etwas rückläufig“.
Doch die Polizei habe die Situation weiter im Blick, sei sichtbar uniformiert vor Ort sowie mit zivilen Kräften. Auch die eigens für Styrum, die Mülheimer Innenstadt und Eppinghofen gegründete Sondergruppe S.I.E. sei hier im Einsatz, ergänzt der Sprecher. „Wir reagieren auch auf Hinweise und Beschwerden.“
Tipp der Polizei: Dealer fotografieren
Der Mann aus der Schreinerstraße berichtet, er habe sich selber schon an die Polizei gewandt. „Dort sagte man mir: ,Machen Sie Fotos von den Dealern und den Konsumenten und schicken Sie sie uns.’“ Doch davor sei er bislang zurückgeschreckt. „Die Polizei weiß genau, dass hier gedealt wird, und sollte stärker durchgreifen“, meint der Mülheimer.
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Den Eindruck, dass in dieser Ecke Mülheims „im großen Stil mit Drogen gehandelt wird“, hat auch Bernd Nierhaus, Vorsitzender des Vereins Rolli Rockers Sprösslinge, dessen Büro an der Sandstraße, Ecke Schreinerstraße liegt. Zwar hätten er und sein Team noch keine Vorfälle beobachtet – wohl auch, weil das Büro immer nur bis zum frühen Nachmittag geöffnet ist. Aber er kenne entsprechende Berichte aus der Nachbarschaft, spreche auch häufig mit Polizeibeamten und Mitarbeitenden des Ordnungsamtes, sagt Nierhaus. „Das ist hier schon ein Brennpunkt, da liegt einiges im Argen.“