Mülheim. . Wohnungsbaugesellschaften müssen Erhöhung weiterreichen. Bei SWB geht man von 100 Euro pro Haushalt aus. Haus und Grund: hoch erschrocken.
Die kräftige Erhöhung der Grundsteuer B werden Tausende von Mietern im nächsten Jahr zu spüren bekommen. Bei der SWB Service-, Vermietungs- und Baugesellschaft mit 8400 Wohnungen in der Stadt geht Geschäftsführer Andreas Timmerkamp davon aus, dass der durchschnittliche Haushalt mit etwa 100 Euro Mehrbelastung im Jahr rechnen muss. „Spaß macht das nicht mehr.“
Um 250 Prozentpunkte auf 890 Punkte hat der Stadtrat die Grundsteuer B für alle Immobilien- und Grundstücksbesitzer in Mülheim ab dem kommenden Jahr angehoben. „Diese Steuern sind als Betriebskosten umlagefähig“, sagt Timmerkamp. Umlegen muss er sie auch, denn für SWB bedeutet die Steigerung etwa 800.000 Euro zusätzliche Belastung im Jahr.
SWB: Wir wollen immer mit Augenmaß vorgehen
Beim SWB wird die Steuererhöhung möglicherweise eine weitere Folge haben: Sie könnte Einfluss auf die Entwicklung der Gesamtmiete haben. „Wir wollen immer mit Augenmaß vorgehen“, sagt Timmerkamp. Heißt: Bei weiter steigenden Nebenkosten könnte die eigentliche Mieterhöhung im kommenden Jahr kleiner ausfallen. Im Schnitt erhöht SWB zwischen 1,5 und 2 Prozent. Für das Wohnungsunternehmen ist der Schritt zweischneidig, wie der Geschäftsführer erklärt. Immerhin gehe es auch künftig darum, den Wohnungsbestand weiterzuentwickeln, ihn auf einem guten Niveau zu halten oder zu modernisieren. Das kostet.
Beim Mülheimer Wohnungsbau (MWB) ist die Lage ähnlich. Auch die Genossenschaft wird die erwarteten Mehrkosten von rund 400.000 Euro umlegen müssen. Wie viel dabei auf jeden Mieter zukommt, hänge von der Wohnungsgröße ab, wie Geschäftsführer Frank Esser erklärt. Je größer, desto teurer wird es für den Mieter. Wobei Esser die Rechnung von Stadtkämmerer Frank Mendack für plausibel hält. Der geht von einer monatlichen Mehrbelastung von sechs Euro pro Person aus. Ob dieser Anstieg bei den Nebenkosten Auswirkungen auf die nächste Mieterhöhung hat, lässt Esser noch offen. Zuletzt hat MWB die frei finanzierten Wohnungen – etwa 4000 der 4500 Wohneinheiten in Mülheim – im Januar 2017 erhöht. 2020 stünde im Frühjahr die nächste Anhebung an.
MWB-Chef: Mülheim bundesweit in Spitzengruppe
Unterm Strich hält Esser die Grundsteuer für die sozial schwierigste Steuer, weil sie Mieter mit geringen Einkommen genauso belastet wie mit höherem Einkommen. Und bei allem Verständnis für die Finanznot der Stadt bezeichnet der MWB-Chef die 39-prozentige Anhebung der Grundsteuer als einen „sehr ordentlichen Schluck“ aus der Pulle. Dabei sei man bundesweit mit an der Spitze. Ohnehin hätten sich die öffentlichen Kosten, die durch ein Wohnungsunternehmen nicht beeinflussbar sind, in den Vorjahren deutlich im zweistelligen Bereich erhöht.
Bei Haus und Grund, dem Interessenvertreter von Tausenden privaten Vermietern in der Stadt, zeigt sich die Geschäftsführung „hoch erschrocken“ von der Steuererhöhung. Einen derartigen Ausschlag nach oben hatte man dort nicht erwartet. Der Vorsitzende von Haus und Grund Mülheim, Thomas Michael Wessel, sowie Geschäftsführer Andreas Noje sind in den vergangenen Tagen mit empörten Briefen, Mails und Anrufen dazu geradezu überhäuft worden.
Haus und Grund: Auf dem Rücken der Bürger
Der Tenor des Protestes: Der Bürger werde erneut und in völlig unverhältnismäßiger Weise für die jahrzehntelange Misswirtschaft in der Stadt in Anspruch genommen. „Es gibt in Mülheim noch viele private Vermieter, die mit ihren Mietern Altverträge haben und wonach die Grundsteuer nicht umgelegt werden kann“, sagt Noje. Diese Vermieter blieben auf der Steuererhöhung sitzen. Das können mehrere hundert Euro im Jahr sein.
Haus & Grund nimmt die Empörung erneut zum Anlass, um von Politik und Verwaltung eine qualifizierte Schuldenverminderungspolitik einzufordern, die nicht „in dieser untragbaren Weise auf dem Rücken der Hauseigentümer und Mieter“ vorgenommen wird.
>> HÖHERE STEUER ZUM HAUSHALTSAUSGLEICH
Mit 890 Prozentpunkten bei der Grundsteuer B liegt Mülheim im Landesvergleich mit an der Spitze. Kämmerer und die Mehrheit im Rat hatten sich zu der deutlichen Anhebung um 250 Prozentpunkte entschlossen, um kurzfristig spürbare Einnahmeverbesserungen zu erzielen und den Haushalt ausgleichen zu können. Die Erhöhung bringt jährlich 12,35 Millionen Euro an Einnahmen.
Den Haushaltsausgleich muss Mülheim nach Landesgesetz leisten, um in den nächsten Jahren jährlich rund 31 Millionen Euro als Landeshilfe bei der Sanierung des maroden Haushaltes zu erhalten.